die Flagge der EU aus Nullen und Einsen
12.06.2023    Mark Simon Wolf
  • Drucken

Blickt die Finanzwelt gerade tatsächlich neidisch nach Europa? In Bezug auf die Krypto-Werte vielleicht ein bisschen. Seit das EU-Parlament am 20. April mit der „Markets in Crypto Assets Regulation“-Verordnung, kurz MiCA, einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Definition und den Umgang mit digitalen Krypto-Assets beschlossen hat, scheint der vielerorts so intransparente Markt immerhin innerhalb der 27 EU-Länder nun reguliert. Beziehungsweise wird er es ab 2024 sein, wenn das Gesetz in Kraft treten soll. 

Zu den dann regulierten digitalen Vermögenswerten zählen etwa Stablecoins, also Krypto-Währungen, die an klassische Vermögenswerte gebunden sind, Blockchain-basierte Utility Token – digitale Warentauschmittel wie Gutscheine oder Prämien – oder auch Kryptowährungen wie Ether oder Bitcoin. Firmen, die mit diesen Assets Geschäfte machen, müssen künftig eine offizielle Lizenz erwerben und haben gleichzeitig eine spezielle Transparenz- und Informationspflicht gegenüber Behörden sowie ihren Kundinnen und Kunden.

MiCA bietet mehr Sicherheit für Gründende

„Mit der MiCA-Verordnung setzt Europa einen globalen Standard für die Krypto-Regulierung, und sie wird dazu beitragen, europaweit gleiche Wettbewerbsbedingungen für Krypto-Dienstleister zu gewährleisten und das Vertrauen in die Branche zu fördern“, erklärt Benedikt Faupel, Bereichsleiter Blockchain beim Digitalverband Bitkom. Derzeit hat unter den führenden Industrienationen nur Japan einen derartigen Rechtsrahmen; Großbritannien und die USA tun sich schwer damit. 

Wie notwendig Regularien wie MiCA sind, zeigen zum Beispiel der Kollaps des Stabelcoins TerraUSD im Frühjahr 2022 oder unlängst die Insolvenz der Krypto-Börse Sam Bankman-Fried (FTX). Kritiker bemängeln dagegen, dass etwa die digitalen Echtheitszertifikate Non-Fungible Token, kurz NFTs, sowie das energie­intensive Mining-Verfahren Proof of Work von MiCA ausgenommen bleiben. Deswegen rechnen Expertinnen und Experten damit, dass schärfere Regeln in einem zweiten Gesetz, einem MiCA 2.0, zeitnah folgen könnten.

Dem europäischen Markt für Krypto-Assets verleiht MiCA jedenfalls mehr Glaubwürdigkeit und wohl auch Stabilität. Ob aus der Regulierung und der damit geschaffenen Seriösität für eine unübersichtliche Branche ein Boom an FinTechs und Krypto-Start-ups resultiert, bleibt abzuwarten. Drei Beispiele aus dem deutschen FinTech-Sektor, deren Geschäftsidee auf der Blockchain-Technologie basiert und die Investments für Kundinnen und Kunden anbieten, zeigen aber, welch großes Potenzial in der Szene steckt.

1. Timeless Investments

Investments in spezielle Sammlerstücke? Das 2020 gegründete Berliner Start-up Timeless Investments ermöglicht über die gleichnamige App Beteiligungen an digitalisierten Assets. Mit den Collectibles lassen sich Anteile an Vermögenswerten wie teuren Luxusuhren, seltenen Kunstwerken und Antiquitäten oder gar wertvollen Sneakern als Token erwerben. Darunter befinden sich etwa besondere Assets wie eine signierte Gitarre vom Hardrock-Musiker Eddie Van Halen oder ein Paar Schuhe der „Game-Worn Nike Air Jordan 1 1985 Chicago ,Lonely Sole‘“ aus Michael Jordans Rookie-Saison 1984/85 in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA.

Investments sind bereits ab 50 Euro möglich und beziehen sich – anders als bei NFTs oder Aktien – auch auf physisch existierende Objekte, für die der jeweilige Anbieter auf Timeless Investments sogar die sichere Verwahrung übernimmt. Pro Transaktion fallen zwei Prozent Servicepauschale sowie fünf Prozent Managementgebühr an. Nach einer entsprechenden Laufzeit werden die Objekte versteigert und die Token-Inhaberinnen und -Inhaber prozentual am Gewinn beteiligt.

2. Fuel

Die Musiker Cro und Bausa sowie Business-Angel Verena Pausder sind in dem Berliner Start-up Fuel investiert. Insgesamt sammelte das Tech-Unternehmen bisher fast zwei Millionen Euro an Fundings ein. Die Geschäftsidee der gleichnamigen Plattform gibt Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit, ihre kreativen Arbeiten in einen NFT umzuwandeln und diesen anteilig als tokenisiertes digitales Echtheitszertifikat an Investorinnen und Investoren zu veräußern.

Der Clou bei NFTs: Die Kreierenden oder ihre Nachfahren können automatisch über einen Smart-Contract prozentual an jedem Weiterverkauf profitieren. Das haben sie ihren Kolleginnen und Kollegen aus der klassischen Kunst wie Vincent van Gogh und Gerhard Richter voraus. Selbst wenn sie sterben, erhalten also theoretisch ihre Nachkommen weiterhin einen Teil des Kuchens. Für die Umwandlung der Kunstwerke in NFTs sind keine Coding-Vorkenntnisse notwendig, gilt die Plattform doch als „Shopify für NFTs“. Fans verspricht Fuel zudem eine außergewöhnliche Nutzerfreundlichkeit, keine Extragebühren – sogenannte Gas Fees – bei Transaktionen sowie die Zahlungsmöglichkeit per Kreditkarte. 

3. bitsCrunch

Das Gründer-Duo Vijay Pravin Maharajan und Saravanan Jaichandaran verbindet in seinem 2019 gegründeten Start-up bitsCrunch gleich zwei Megatrends: Künstliche Intelligenz und NFTs – und das zum Wohle der Cybersicherheit des digitalen Ökosystems. Mithilfe von Analyse- und forensischen Daten zur Erstellung, Transaktion und Verwahrung von NFTs sowie spezieller KI-Sicherheitstools will das Münchener Start-up die Boom-Branche von digitalen Echtheitszertifikaten transparenter und sicherer machen.

Die Software erkennt verschiedene Betrügereien, etwa „Wash-Trading“: Hier kaufen Besitzende ihren eigenen NFT mit verschiedenen Konten, um den Wert vermeintlich in die Höhe zu treiben, ehe dieser am Ende dann tatsächlich zu unrealistischen Preisen an Dritte verkauft wird. Anfang 2022 wurden laut Maharajan 11 Milliarden Dollar des insgesamt 17 Milliarden Dollar schweren NFT-Markts durch diese künstliche Nachfrage erzeugt.

Auch gegen das „Copy-Minting“, also die illegale Verwendung von geistigem Eigentum wie Logos oder Botschaften von bekannten Marken in neuen NFTs, geht BitsCrunch vor. 

12.06.2023    Mark Simon Wolf
  • Drucken
Zur Startseite