Pinker Geldbeutel
16.11.2022    Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun
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Nach wie vor verdienen Frauen deutlich weniger Geld als Männer. Während sie in besser bezahlten Jobs unterrepräsentiert sind, werden sie bei gleicher Tätigkeit schlechter bezahlt. Beides Zustände, für die es beim besten Willen keine vernünftige Rechtfertigung gibt.

Auch nach meiner eigenen Beobachtung ist Geld eine der letzten Bastionen des Patriachats. Während Frauen meist erst mal froh sind, das lästige Thema delegiert zu haben, sind es in Beziehungen meist die Männer, die das Thema mal nolens volens, mal mit Hingabe an sich ziehen. Damit tun sich auch die Männer keinen Gefallen. Für die betroffenen Frauen ist damit faktisch aber immer auch eine gewisse schleichende Entmündigung verbunden.

Kolumne Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

Frauen sind im Durchschnitt risikoaverser als Männer

Wie mehrere Studien belegen, haben Frauen gerade beim Thema Kapitalanlage noch mehr Scheu als die ohnehin schon meist nur mäßig aufgeschlossenen Männer. Das beginnt mit absolutem Basiswissen: Laut einer Studie des Bankenverbands wussten etwa 60 Prozent der befragten Frauen nicht, was ein Investmentfonds ist. Bei Männern waren es 49 Prozent.

Während solche Grundkenntnisse leicht zu erlernen sind, gibt es ein tiefer sitzendes Problem: Frauen sind noch stärker als Männer von einer unreflektierten und kontraproduktiven Risikoaversion betroffen. Für 74 Prozent der Frauen (Männer: 64 Prozent) ist Sicherheit das wichtigste Anlagekriterium. Nur acht Prozent aller Frauen (Männer: 20 Prozent) sind bereit, für eine höhere Rendite ein höheres Risiko einzugehen. Alles mit der Folge, dass nur 18 Prozent der befragten Frauen Wertpapiere besitzen (Männer: 27 Prozent).

Das ist gar nicht gut, wenn man weiß, dass Aktien die renditestärkste Anlageklasse sind und eine ansprechende Rendite ohne Risiko systematisch einfach nicht möglich ist. Diese Risikoaversion schlägt sich damit langfristig direkt auf Themen wie Lebensstandard, Gestaltungsmöglichkeit und damit paradoxerweise auch wieder auf Sicherheit durch. Eine mentale Barriere, die sich vermutlich wesentlich leichter von Frau zu Frau auflösen lässt als durch männliche Berater.

Geld ist zutiefst mit männlichen Rollenvorstellungen kodiert 

Illustration Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

Dr. Nikolaus Braun und Stefan Heringer sind die Gründer der Neunundvierzig Honorarberatung. Ihre Kernkompetenz ist die langfristige Begleitung Ihrer Mandanten rund um die Frage wie Vermögen Lebensqualität schaffen kann. Als Vermögensverwalter der Deutschen Wertpapiertreuhand stehen sie für finanzwissenschaftlich informierte Anlagestrategien. Braun ist zudem Autor des Finanzratgebers „Über Geld Nachdenken“

Dass Geld männlich definiert ist, ist bis in unsere Sprache hinein tief verwurzelt. Die meisten Begriffe und Werte im Umfeld von Geld sind eindeutig mit traditionell männlichen Geschlechterrollen kodiert: Macht, Status, Prestige. Geld ist mitunter das Gegenstück zu klassisch weiblich belegten Vorstellungen wie soziale Fürsorge oder Beziehungen. Nicht, dass sich das nicht ändern ließe, aber das ist erst mal die Ausgangssituation.

Es sind fast immer Männer, die auf Partys ungute Gespräche über Geld führen – meist über wenig verdeckte Umwege. Und wie hieß es so schön in einer nur bedingt selbstironischen, dafür umso sexistischeren Sparkassen-Werbung aus dem Jahr 1995: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot.“ Kein Wunder, dass bei den auftrumpfenden Männern in diesem Werbespot nicht nur Swimmingpools und Pferde, sondern auch Frauen (Plural?!) käuflich erschienen. Man kann die Uhr danach stellen, wann diese Herren vor die Tür gehen, um zu sehen, wer das größte Loch in den Schnee pieseln kann…

Der Bedarf für das Geschäftsmodell Frauenfinanzen ist riesig

Entsprechend gibt es kaum eine Branche, die ‒ insbesondere in den oberen Führungsebenen ‒ so fest in männlicher Hand ist wie die Finanzindustrie. Banker qualifiziert sich eben auch nicht im engeren Sinne als Sozialberuf, eher im Gegenteil. Ob stockkonservative Privatbank, Großbank oder (scheinbar) innovatives FinTech ‒ oberhalb der Assistenzebene gilt: Männer, Männer, Männer. Wenn Sie Vorstand einer Volks- und Raiffeisenbank sind, ist es wahrscheinlicher, dass Sie Thomas heißen, als dass Sie eine Frau sind.

Vor dem Hintergrund gibt es folglich einen riesigen Markt und einen riesigen Bedarf für eine Finanzberatung von Frauen für Frauen. Für eine Beratung, die spezifisch weibliche Perspektiven und Fragestellungen in den Blick nimmt und (vermeintliche) Hürden abbaut.

Genau hier, beim Thema Kommunikation, setzt unter dem Motto „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“ seit Ende der 1980er-Jahre das Geschäftsmodell Frauenfinanzen an. Und so freudlos dieser defizitorientierte Ansatz auch ist, im Prinzip ist das erst mal richtig.

Was heute unter der Flagge Frauenfinanzen über den Ladentisch geht, ist meist provisionsgeschwängerter Giftmüll

Das Problem am Geschäftsmodell Frauenfinanzen liegt woanders – nämlich dass es in erster Linie genau das ist: ein Geschäftsmodell. Hinter einer feministischen Rhetorik und der Vermutung, dass Frauen andere Frauen besser verstehen als Männer, wird meist knallhart ein traditionelles Provisionsgeschäft gemacht. Was wir von betroffenen Kundinnen aus der Richtung immer wieder auf den Tisch bekommen, ist nichts anderes als provisionsgeschwängerter Giftmüll: überteuerte, aktive Fonds oder undurchsichtige geschlossene Beteiligungen. Mit all den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die finanzielle Zukunft und Lebensqualität…

Das ist deshalb besonders zynisch, weil die vermeintliche Gemeinsamkeit und das Verständnis, von Frau zu Frau zu kommunizieren, nur dazu dienen, das gesunde Misstrauen des zukünftigen Opfers einzunebeln.

Vor dem Hintergrund ist es umso deprimierender, dass wir bis heute keine Honorarberaterin kennen, die sich mit einer vertretbaren Qualität und einem glaubwürdigen Geschäftsmodell auf Frauenfinanzen spezialisiert hat – und dies, obwohl wir aktiv danach gesucht und auch in der kleinen feministischen Finanzblogger-Szene nachgefragt haben. Wenn es Sie doch gibt, dann melden Sie sich bitte bei uns, wir würden Sie gern regelmäßig empfehlen.

Was kann ich als Betroffene also tun, wenn ich objektive Finanzberatung und Orientierung suche?  

  1. Ich rede doch notgedrungen mit einem Mann, solange der auf Honorarbasis arbeitet, finanzwissenschaftlich abgesicherte Strategien verwendet und sich intensiv mit meinen individuellen Lebenszielen auseinandersetzt.
  1. Ich mache mich selber schlau. Im Bereich Finanz-Coaching gibt es zum Glück sehr gute Angebote. Einige davon sind sicher überteuert, aber es gibt auch qualitativ Großartiges für einen sehr fairen Preis. Unser absoluter Favorit sind die Kurse von Geldfrau Dani Parthum. Gerade das Basis-Modul „Endlich die eigenen Finanzen im Griff“ ist für 79 Euro unserer festen Überzeugung nach viel zu günstig und hat auch uns an manchen Punkten die Augen geöffnet – und das, obwohl wir Männer sind und uns seit Jahrzehnten den ganzen Tag mit Geld rumschlagen.

Und nein: Wir werden von Frau Parthum nicht nach Dubai eingeladen, und das sind auch keine Affiliate-Links. Die ganze Wahrheit ist: Wir mögen Dani – und vor allem mögen wir, was sie macht.

Ihnen allen viel Erfolg, gute Nerven und kluge Entscheidungen in diesen beunruhigenden Zeiten.

Ihr Stefan Heringer und Nikolaus Braun

PS.: Der Artikel beruht zum großen Teil auf Überlegungen aus Nikolaus Brauns Finanzratgeber „Über Geld nachdenken“. Drei weitere Beiträge zum Thema „Lebensqualität gewinnen“ finden Sie hier:

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