Flagge der EU vor dem Eurotower in Frankfurt am Main
25.09.2023    Kai Makus
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Zur Person

Marcus Poppe ist Fondsmanager bei der DWS

Marcus Poppe

managt seit Anfang März den Flaggschifffonds DWS Deutschland und hat zudem die Mitverantwortung für die Europa-Fonds der größten deutschen Investmentgesellschaft

Zur Person

Philipp Schwenecke ist Fondsmanager bei der DWS

Philipp Schweneke

ist gemeinsam mit Poppe Co-Chef der Europa-Fonds der DWS und fokussiert sich dabei auf die Nebenwerte in der Region

Viele Experten meinen ja, dass europäische Aktien auf Sicht mehr Potenzial bieten als US-Papiere. Sehen Sie das genauso?

Marcus Poppe: Unsere Kollegen sind schon seit Herbst vergangenen Jahres positiv gegenüber Europa-Aktien eingestellt – in Relation zu Papieren aus dem Rest der Welt. Und trotz des Kriegsausbruchs in Europa und der Energiekrise sind wir wirtschaftlich gut durch den Winter gekommen. Die Ausgangsbasis war ja sehr pessimistisch. Das war für uns ein Kon­traindikator.

Wieso sind US-Aktien nicht attraktiver?

Philipp Schweneke: Das Bewertungsdifferenzial zwischen Europa und den USA ist enorm, die Bewertungsrisiken auf dem europäischen Markt sind deutlich geringer. Aber auch die Indexzusammensetzung ist wichtig. Der amerikanische Markt ist wesentlich technologielastiger, wachstumslastiger und hat damit in der Theorie viel stärkeren Bewertungsgegenwind. Und: In Europa haben wir viel mehr Banken in den Indizes, die von steigenden Zinsen profitieren.

Erscheinen Banken aus Europa aussichtsreich?

Schweneke: Wir mögen europäische Finanzwerte, insbesondere Banken-Titel. Sie sind derzeit günstig bewertet. Das macht den Sektor aus unserer Sicht sehr attraktiv.

Poppe: Zudem sollten Banken von einer robusten Konjunktur profitieren. Und da ist insbesondere in Deutschland die Lage besser als die Stimmung. Die Berichte zum zweiten Quartal waren mit Ausnahme der Chemiebranche robust. Es zeichnet sich aber durchaus eine wirtschaftliche Verlangsamung ab. Insbesondere das produzierende Gewerbe vermeldet rückläufige Auftragseingänge. Einen gewissen Korrekturbedarf gibt es daher bei den Gewinnschätzungen für 2024. Wir erwarten aber keinen Einbruch.

Industrie versus Dienstleister – wen sehen Sie vorn?

Poppe: Die Industrie profitiert von den Dekarbonisierungsanstrengungen, der Elektrifizierung und der Automatisierung. Deutsche und europäische Unternehmen, die in diesen Bereichen agieren, sind auch vielfach in der Welt sehr erfolgreich. Die globale Ausrichtung dieser Unternehmen wird oft unterschätzt.

Also gilt weiterhin: China produziert auf deutschen Maschinen?

Schweneke: Eine komplette Entkoppelung wird es nicht geben – es sei denn, mit einem Angriff auf Taiwan geschieht etwas ganz Schreckliches. Aber ich glaube, das will auch China selbst nicht, weil die ökonomischen Verflechtungen so enorm hoch sind. Ich erwarte nicht, dass das China-Geschäft unwichtiger wird.

Herr Schweneke, Sie konzentrieren sich auf Nebenwerte. Warum sollte ich mir die ins Depot holen?

Schweneke: Die Performance des Segments ist deutlich besser als bei den Large Caps, und das regelmäßig und seit Jahren. Aktien aus diesem Bereich haben die größeren Wettbewerber meist um rund zwei Prozentpunkte im Jahr überflügelt. Ein Grund ist das strukturell höhere Gewinnwachstum bei mittelgroßen Unternehmen. Und das bei vergleichbarer Volatilität, die über zwei Jahrzehnte gesehen dem breiten Markt sehr ähnlich war. Damit ergibt sich ein deutlich besseres Risikoprofil für mittelgroße Werte. Mithin ideal für Anlegende, die strategisch denken und nicht nur taktisch.

Wie finden Sie und Ihr Team die Hidden Champions?

Schweneke: Wir konzentrieren uns auf Unternehmen, von denen wir erwarten, dass dort Veränderungen signifikante Verbesserungen bringen könnten. Um diese herauszufiltern, haben wir im Jahr mehr als 2000 Meetings, etwa mit Zulieferern und Abnehmern.

Was zeichnet solche Erfolg versprechenden Unternehmen aus?

Schweneke: Chancen ergeben sich etwa, wenn im Unternehmen ein neues Management antritt. Oder wenn sich neue Trends anbahnen wie jetzt, da Deutschland wieder eine eigene Solarindustrie aufbauen will.

Die DWS hat Anfang März die Leitung der Deutschland- und Europa-Fonds unter Ihnen beiden zusammengelegt. Was haben Kundinnen und Kunden davon?

Poppe: Wir haben unsere Kompetenzen aus verschiedenen Teams noch stärker gebündelt. Das ergibt Synergien. Wir setzen so Ressourcen frei, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren: Kundenbetreuung, Aktienselektion, Portfoliokonstruktion. Zudem können wir besser jüngere und erfahrene Kollegen in unseren Teams mischen. Das bringt eine neue Dynamik rein.

25.09.2023    Kai Makus
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