Sozial engagiert – trotz Krise
In der aktuellen Krisenlage sind Unternehmerinnen und Unternehmer gefordert wie selten zuvor. Trotzdem engagieren sich viele von ihnen zusätzlich sozial. Eine neue DIND-Trendstudie spürt ihrer Motivation nach.
Extrameile für die Gemeinschaft
Energiekostenexplosion, Ukraine-Krieg, Inflationswelle: Nur gemeinsam können die Folgen der sich aktuell überschneidenden Krisen überwunden werden. Davon sind die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer überzeugt, wie die neue Trendstudie „Unternehmerische Verantwortung“ zeigt, die das Deutsche Innovationsinstitut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung (DIND) erstellt hat.
Demnach unterstützen 93 Prozent der dafür Befragten die Idee einer Welt, die auf mehr Zusammenhalt und Gemeinschaft setzt. Für die Trendstudie hat das DIND im September und Oktober 2022 insgesamt 2.051 Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer insbesondere kleinerer und mittelgroßer Unternehmen (KMU) befragt. Die Ergebnisse zeigen unter ihnen ein erstaunlich hohes Bewusstsein für das Wohl der Gemeinschaft.
77%
Aktueller denn je finden mehr als drei Viertel der für die Trendstudie „Unternehmerische Verantwortung“ Befragten die genossenschaftliche Idee, dass sich Menschen freiwillig zusammentun, um gemeinsam Erfolg zu haben. Lediglich sechs Prozent von insgesamt 2.051 Teilnehmerinnen und Teilnehmern positionieren sich ablehnend
Engagement trotz Belastung
Die Unternehmerinnen und Unternehmer nehmen ihre Verantwortung ernst und packen selbst mit an. Sie engagieren sich besonders gern in der Region, in der ihr Betrieb verwurzelt ist: Mit 67 Prozent gaben gut zwei Drittel an, dies zu tun. Die hohe persönliche Beanspruchung durch die doppelte Transformation ihres Business in Richtung Nachhaltigkeit und Digitalisierung steht dem nicht im Wege. „Wegen der Belastung durch die multiplen Herausforderungen verdient ihr Einsatz für die Gemeinschaft besonders viel Respekt“, sagt DIND-Geschäftsführer Marc Wittbrock und betont: „Er ist nicht selbstverständlich.“
Selbstverständlich sind für Unternehmerinnen und Unternehmer allerdings Werte wir Fairness, Transparenz und Verantwortung: 97 Prozent der Befragten sehen sie als Basis des Geschäftslebens an. Und sie sorgen nicht nur dafür, dass diese Werte in ihren eigenen Betrieben gelebt werden, sondern erwarten dies offenbar auch von ihren Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartnern. Dass diese nicht nur auf Gewinnmaximierung setzen sollten, finden 84 Prozent der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer wichtig oder sehr wichtig.
Mit sozialem Engagement punkten
Diese weit verbreitete Einstellung dürfte allerdings nicht ausschließlich altruistisch motiviert sein. Aktuelle Erhebungen zeigen einen wachsenden Anteil von Konsumentinnen und Konsumenten, die gesteigerten Wert darauf legen, dass Unternehmen, für deren Produkte sie sich entscheiden, auch durch soziales Engagement überzeugen.
der Unternehmerinnen und Unternehmer engagieren sich für ihre Heimatregion67%
Dieser Anteil wird beispielsweise vom Beratungsunternehmen Wider Sense im „Corporate Social Mind Report 2022“ auf zuletzt fast 60 Prozent der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher angesetzt. Für viele Unternehmerinnen und Unternehmer dürfte der Einsatz für die Gemeinschaft daher tiefer reichende Motive haben als schlichte Imagepflege – ohne diesen, so fürchten viele offenbar, könnten sich Kundinnen und Kunden vermehrt Wettbewerbern zuwenden.
Hoch im Kurs steht bei Unternehmerinnen und Unternehmern vor allem das Engagement für die Gemeinschaft vor Ort, unmittelbar für die lokale Community – dort, wo ihre Betriebe verwurzelt sind. Das gilt besonders für Unternehmen aus Branchen, in denen täglich ein direkter Kontakt zu den Menschen aus dem Umfeld besteht. In den Bereichen Handel sowie Reisen und Freizeit etwa bekennen sich 73 Prozent der Befragten zu ihrer Region und wollen deren Entwicklung unterstützen. Doch auch in der Industrie ist die Bereitschaft dazu hoch – trotz der oft exportorientierten Fertigung von Produktions- oder Konsumgütern liegt der Anteil hier immer noch bei 68 Prozent.
86%
der Befragten ist Transparenz und Mitsprache in allen Lebensbereichen wichtig
Eigenverantwortung statt staatliche Vorgaben
Das Vertrauen in Kompetenz und Handlungsfähigkeit des Staates scheint deutlich eingeschränkt: 57 Prozent der Befragten geben sich nicht damit zufrieden, einfach Steuern zu zahlen und die Lösung lokaler Probleme anderen zu überlassen. Sie wollen stattdessen selbst mithelfen. Entsprechend will die Mehrheit der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer auch möglichst in allen Lebensbereichen mitreden und mitentscheiden – zum Beispiel bei der Frage, was ihre Bank aus ihrem Geld macht. Diese Aussage trifft auf 72 Prozent der Studienteilnehmer zu.
Dabei steigt der Anteil der Unternehmerinnen und Unternehmer, die bei der Verwendung ihrer Mittel Mitsprache einfordern, mit der Größe des Betriebs: Liegt er bei kleineren Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu einer Million Euro bei 70 Prozent, erreicht er bei einem Wert von über fünf Millionen Euro Umsatz im Jahr 75 Prozent.
„Genossenschaftsgedanke ist aktueller denn je“
Vor dem Hintergrund ihrer Einstellung zur Bedeutung des gemeinschaftlichen Engagements ist es folgerichtig, dass sich ein großer Anteil von Unternehmerinnen und Unternehmern hinter den Gedanken stellt, dass sich Menschen freiwillig zusammentun sollten, um gemeinsam Erfolg zu haben: 77 Prozent der für die Trendstudie Befragten stimmen dem zu; nur sechs Prozent lehnen die Vorstellung ab.
Erfreulich findet das Marc Weegen, Abteilungsleiter für Markenstrategie und -kommunikation beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, der die Trendstudie mitinitiiert hat. Für ihn steht angesichts der Ergebnisse fest, dass Fairness und Verantwortung nicht nur fest im Geschäftsleben verankert sind: „Unter Unternehmerinnen und Unternehmern sind diese Grundwerte des Genossenschaftsgedankens heute aktueller denn je.“


„Unternehmer zeigen großes Engagement“
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