Geschäftsleute arbeiten in einem Zugabteil
21.06.2023    Madeline Sieland
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Es wird wieder beruflich gereist – wenn auch deutlich weniger als vor der Coronapandemie. 35 Millionen Geschäftsreisen mit Übernachtungen haben deutsche Arbeitnehmende 2022 unternommen. Im Vergleich zu 2019 war das ein Minus von 56 Prozent bei den Übernachtungsgeschäftsreisenden. Das zeigt die „Reiseanalyse Business 2022“.

81 Prozent der Übernachtungsgeschäftsreisen – also 28 Millionen – fanden innerhalb Deutschlands statt. Denn allen digitalen Tools, die den Austausch erleichtern, zum Trotz: Manchmal lassen sich Reisen eben nicht verhindern; manchmal ist der persönliche Austausch zielführender.

Nur noch notwendige Business-Trips machen

In einer PwC-Umfrage gaben allerdings zwei Drittel der befragten Unternehmen an, dass sie Geschäftsreisen auch nach der Pandemie weiter auf ein Minimum reduzieren wollen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand.

Zum einen bietet der Verzicht auf Dienstreisen Sparpotenzial. Die Betriebsausgaben sinken – genau wie die Menge der Überstunden und die Zahl der unproduktiven Reisetage.

Zum anderen bedeuten weniger Reisen natürlich auch weniger CO2-Emissionen. Eine Binsenweisheit lautet: „Die umweltfreundlichste Dienstreise ist jene, die gar nicht erst angetreten wird.“ Klar, auch Videokonferenzen sind nicht klimaneutral. Bei einer einstündigen Videokonferenz fallen 55 Gramm CO2 an. Das hat das Umweltbundesamt berechnet. Aber sie sind immer noch deutlich klimaschonender als Meetings, zu denen die Teilnehmenden extra anreisen.

Kurze Flugstrecken mit großen Auswirkungen auf die Umwelt

Bei innerdeutschen Reisen ist nach wie vor vielfach das Flugzeug das Verkehrsmittel der Wahl. Besonders beliebt: der Flug von Hamburg nach München. Laut einer Analyse des Fluggastrechteportals AirHelp flogen mehr als 595.000 Passagiere diese Strecke 2022. Von München nach Hamburg flogen 589.300 Personen; die Route BER – Frankfurt am Main flogen knapp 588.000 Passagiere.

Doch vor allem solche Kurzstreckenflüge haben enorme Auswirkungen auf die Umwelt. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat ermittelt, dass bei einem Inlandsflug durchschnittlich 214 Gramm CO2 pro Personenkilometer ausgestoßen werden. So verursacht beispielsweise ein Hin- und Rückflug auf der Strecke München – Berlin 308 Kilo CO2. Und zwar pro Person.

Zum Vergleich: Bei einer Bahnreise liegt der Wert zwischen 29 und 54 Kilo. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß von Autos ist abhängig vom Fahrzeugtyp und der Motorisierung. Ein modernes Benzin- oder Dieselfahrzeug erzeugt im Schnitt 154 Gramm CO2 pro Person und Kilometer.

Erlaubte Verkehrsmittel in der Reiserichtlinie festhalten

Schon das zeigt: Die Wahl des Verkehrsmittels hat großen Einfluss darauf, wie nachhaltig ein Business-Trip am Ende wird. Für Business-Travel-Managerinnen und -Manager heißt das: Sie sollten die Nutzung klimafreundlicher Verkehrsmittel in den Geschäftsreiserichtlinien vorschreiben und alle Ausnahmen von dieser Regel genau festhalten.

„Die Bahn ist auf allen innerdeutschen Dienstreisen als Verkehrsmittel bevorzugt zu nutzen“, lautet beispielsweise ein Formulierungsvorschlag im „Leitfaden zur nachhaltigen Ausgestaltung von Mobilitätsrichtlinien in Unternehmen“. Dieser wurde im Rahmen der Initiative #MobilityPolicy entwickelt und steht kostenfrei zum Download zur Verfügung. Das Projekt wurde vom B.A.U.M. e.V. initiiert und vom Bundesumweltministerium sowie dem Umweltbundesamt gefördert.

Grundsätzlich empfiehlt die Initiative #MobilityPolicy die Zahl der internationalen Flüge zu begrenzen; Inlandsflüge sollten möglichst unterbunden werden. Mitarbeitende sollten dazu ermutigt werden, öffentliche Verkehrsmittel wie Bahn und Bus zu nutzen, anstatt mit dem Auto oder Flugzeug zu reisen.

Ist eine Anreise mit dem Auto unvermeidlich, sollten die Reiserichtlinien vorsehen, dass Mitarbeitende Carsharing-Angebote in Anspruch nehmen oder Elektrofahrzeuge nutzen müssen. Und falls sich nicht auf das Flugzeug verzichten lässt, sollten Business-Travel-Managerinnen und -Manager auf Airlines setzen, die so nachhaltig wie möglich agieren sowie verbrauchsarme Flugzeugtypen im Einsatz haben.

„Grüne“ Unterkünfte buchen

Neben dem Umstieg auf emissionsärmere Verkehrsmittel gibt es weitere Ansätze, um den CO2-Fußabdruck von Geschäftsreisen zu verringern.

Da wäre zum Beispiel die Wahl der Unterkunft. Nachhaltige Hotels erzeugen beispielsweise Strom über Photovoltaik-Anlagen, haben wassersparende Technologien im Einsatz, verzichten auf Einwegmaterial, tauschen Handtücher und Bettwäsche nicht automatisch täglich und setzen im Restaurant auf regionale Lebensmittel. Unter anderem das Umwelt-Siegel Green Globe und der Umweltcheck des Branchenverbands DEHOGA machen Nachhaltigkeitsengagements im Gastgewerbe transparent.

Seit Jahresbeginn wählt Siemens nur noch Hotels aus, die sich an der HRS Green Stay Initiative beteiligen. Diese Hotels müssen unter anderem Daten zum täglichen Wasser- und Energieverbrauch und der Abfallproduktion pro belegtem Zimmer offenlegen.

Ressourcenschonend agieren

Und nicht zuletzt hängt es auch von jeder Person selbst ab, wie nachhaltig ein Business-Trip wird. Etwa, indem darauf geachtet wird, Müll zu vermeiden. Wer einen eigenen Tumbler dabei hat, spart sich den Coffee-to-go-Becher und bekommt in zahlreichen Coffeeshops zudem Rabatt. Und wer eine wiederverwendbare Flasche im Gepäck hat, muss nicht auf Getränke in Plastikflaschen zurückgreifen.

Selbst Shampoo und Duschgel einzupacken statt die kleinen Plastikfläschchen im Hotel zu nutzen reduziert ebenfalls den Verpackungsmüll. Und die Klimaanlage und das Licht im Hotelzimmer auszuschalten, wenn man nicht im Raum ist, spart Energie.

Statt Reiseunterlagen auszudrucken, reicht es, wenn diese digital gespeichert und jederzeit abrufbar sind. Und um Papier zu sparen, sollten Unternehmen bei der Reisekostenabrechnung auch digitale Quittungen akzeptieren statt ausgedruckte Belege zu verlangen.

Unvermeidbare Emissionen kompensieren

All diese Maßnahmen helfen dabei, den CO2-Fußabdruck zumindest zu minimieren. Als ergänzende Maßnahme – Priorität haben klar die Vermeidung von Business-Trips sowie die umweltfreundliche Gestaltung notwendiger Reisen – empfiehlt sich die freiwillige Kompensation von Emissionen.

Unter anderem Organisationen wie Atmosfair, Primaklima und Myclimate kompensieren unvermeidbaren CO2-Ausstoß. Dafür zahlt der Verursacher einen gewissen Geldbetrag. Mit den Einnahmen finanzieren die Organisationen dann Umweltschutzprojekte. So wird an anderer Stelle dieselbe Menge CO2 eingespart, die verbraucht wurde.

Das Chemieunternehmen Solvay hat sogar einen internen CO2-Preis für Geschäftsreisen eingeführt. Von jeder Abteilung wird der durch Reisen verursachte CO2-Fußbabdruck erfasst und mit 100 Euro pro Tonne CO2 bepreist. Dieser Betrag wird der Abteilung in Rechnung gestellt und in den „Group Travel Carbon Contribution Fund“ eingezahlt. Damit werden Projekte mit einem Fokus auf den Klimaschutz finanziert.

„Wir sind stolz auf diese Initiative, denn wir wollen, dass sich jeder Solvay-Mitarbeiter seines Reise-CO2-Fußabdrucks bewusst ist und als verantwortungsbewusster Bürger handelt“, sagt Hervé Tiberghien, Chief People Officer bei Solvay.

Um nachhaltige Geschäftsreisen zu fördern, gilt bei der Solvay-Gruppe zudem:

  • Weniger Meetings finden persönlich statt.
  • Die Zahl der internationalen Flüge wurde reduziert, Flugreisen für eintägige Business-Trips sind tabu.
  • Der Umstieg vom Flugzeug auf die Bahn wird empfohlen, sofern diese Alternative besteht.
21.06.2023    Madeline Sieland
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