Foto des Meeressaums als Symbolbild für Blue-Economy-Fonds
19.04.2024    Kathy Günther
  • Drucken

Wären die Ozeane eine Volkswirtschaft, lägen sie unter den Top Ten der größten Wirtschaftsmächte der Welt. Ob Nahrungsquelle, Transportweg oder Touristenmagnet – von den vielen Facetten der Meere profitieren Industrien und Unternehmen. Sie werden unter dem Begriff Blue Economy zusammengefasst. Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) erwartet, dass diese bis 2030 rund 40 Millionen Menschen weltweit beschäftigen wird.

Gleichzeitig sind die Meere das größte Ökosystem des Planeten, als wichtigster Sauerstoffproduzent, riesiger CO2-Speicher und Heimat für rund 80 Prozent der Lebewesen auf der Erde. Doch unter anderem Überfischung, Plastikmüll und die Erderwärmung bedrohen das System. Wäre es da nicht gut, Anlegende an der Wertschöpfung der Ozeane teilhaben zu lassen und gleichzeitig mit ihrem Engagement den nachhaltigen Wandel der Blue Economy zu fördern? Diese Idee verfolgt Fondsmanager Paul Buchwitz mit seinem Blue-Economy-Fonds.

Zur Person

Paul Buchwitz, Manager eines Blue-Economy-Fonds der DWS

Paul Buchwitz

managt bei der DWS unter anderem den Fonds DWS Concept ESG Blue Economy

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Was wollen Sie mit dem DWS Concept ESG Blue Economy erreichen?

Paul Buchwitz: Das Ziel ist ein besserer Schutz der Ozeane. Wir möchten die Blue Economy bei ihrer Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen, etwa in den Bereichen Aquakultur, maritimer Tourismus, Schifffahrt, Häfen und Offshore-Windenergie. Außerdem investieren wir in Anbieter von Lösungen für einen besseren Ozean- und Klimaschutz. Ein Beispiel sind Produzenten von Aquakultur-Futtermitteln, die dafür sorgen, dass die Zuchtfische nicht mehr mit Wildfischen gefüttert werden. Neben dem Umwelt­fokus betrachten wir auch die soziale Komponente. Beispielsweise ist moderne Sklaverei auf Schiffen ein Thema, das wir potenziell angehen.

Transformation durch Investments – wie gelingt das mit dem Blue-Economy-Fonds?

Buchwitz: Anders als die meisten ESG-Fonds verfolgen wir nicht den Best-in-Class-Ansatz, der Unternehmen auswählt, die in ihrer Branche jeweils die beste Nachhaltigkeitsbilanz aufweisen. Wir möchten die Transformation vorantreiben. Daher investieren wir in und engagieren uns bei Unternehmen, die noch auf dem Weg sind und das Potenzial haben, ihr Geschäftsmodell nachhaltiger zu gestalten. Studien zeigen, dass Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitskriterien verbessern, oft auch ihre relative Performance steigern. Denn Nachhaltigkeit kann gewisse Risiken senken. Und das kann sich in einer höheren Bewertung widerspiegeln.

Wie finden Sie die Unternehmen, in die Sie investieren?

Buchwitz: Die DWS ist in Deutschland eine strategische Partnerschaft mit dem World Wildlife Fund For Nature, kurz WWF, eingegangen. Der WWF und weitere Organisationen haben Leitlinien für eine nachhaltige Blue Economy entwickelt, an denen wir uns orientieren. Außerdem unterstützt uns der WWF dabei, Unternehmen zu identifizieren, die ihren negativen Einfluss auf die Meeresgesundheit weiter reduzieren können. Unser größtes Problem ist, dass es kaum Daten zur Nachhaltigkeit der Blue Economy gibt. Die fehlende Transparenz ist sicher ein Grund, warum dieses Thema eines der am wenigsten investierten ist. Der WWF hat daher für verschiedene Sektoren Fragebögen entwickelt, die wir gemeinsam auswerten, um abzuschätzen, wo die Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit stehen. Ein Kreuzfahrtunternehmen gibt dann beispielsweise an, ob seine Schiffe in geschützte Gegenden wie Brutgebiete fahren. Häufig haben Unternehmen die entsprechenden Daten nicht ad hoc vorliegen. Es ist eine mühsame Arbeit, aber sie ist notwendig. Denn so schaffen wir die Basis, um aktiv auf Verbesserungen hinwirken zu können.

Ihren Fonds gibt es seit 2021. Sehen Sie bereits Erfolge in puncto nachhaltige Transformation?

Buchwitz: So ein Prozess dauert Jahre. Gerade wenn ein Unternehmen noch ganz am Anfang des Wegs steht, hat es oft keine Daten, etwa zu Emissionen. Wir schauen dann zum Beispiel, ob es Ressourcen, also beispielsweise Geld und Personal, in das Thema Nachhaltigkeit steckt, und entwickeln Richtlinien für das Unternehmen. Erst später können wir die Output-Indikatoren bewerten, die zeigen, ob sich wirklich eine Verbesserung ergibt. Wir veröffentlichen regelmäßig Engagement-Reports, um transparent zu machen, was wir unternommen haben, und um Investoren die Möglichkeit zu geben, unsere Arbeit zu beurteilen. Wir sehen durchaus Erfolge bei Unternehmen, die dabei sind, die von ihnen publizierten Ziele zu erreichen. Allerdings können wir nicht sagen, ob dies allein unser Verdienst ist. Erstens gibt es auch andere Investoren. Und zweitens kann es sein, dass die Weichen im Unternehmen schon gestellt wurden, bevor wir uns engagiert haben, ohne dass wir dies wissen.

Wo liegen die Renditechancen Ihres Blue-Economy-Fonds?

Buchwitz: Die Bedeutung der Ozeane ist noch sehr unterschätzt. Aber der Handlungsdruck wächst, weil wir den Kipppunkten immer näher kommen, nach denen wir den Zerfall des Ökosystems auch durch nachhaltiges Verhalten nicht mehr rückgängig machen können. Ein Beispiel ist der Dorsch in der Ostsee. Wegen Überfischung und des Klimawandels ist er – trotz Fangstopps – so gut wie ausgestorben. Gleichzeitig sehen wir regulatorische Eingriffe in die Blue Economy zum Schutz der Ozeane und des Klimas, etwa die Reduktion des Schwefeldioxidausstoßes von Schiffen oder des Einsatzes von Medikamenten in der Aquakultur. Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsbemühungen hier nicht verstärken, gehen Risiken ein und könnten langfristig sogar ihre Lizenzen verlieren. Andererseits kann das Renditepotenzial für die Anbieter nachhaltiger Lösungen steigen. Nehmen wir das Beispiel Offshore-Windenergie, in die wir mit über zehn Prozent investiert sind. In der EU soll die Leistung bis 2030 von derzeit 16 auf 111 Gigawatt ausgebaut werden. Hier sehe ich enormes Aufholpotenzial.

Für welchen Typ von Anlegerin oder Anleger eignet sich der Blue-Economy-Fonds?

Buchwitz: Gefühlt gibt es im Markt derzeit nur zwei Themen: Künstliche Intelligenz und Abnehmspritzen. Vermutlich sind zurzeit acht von zehn Themenfonds in Google und Microsoft investiert. Der DWS Concept ESG Blue Economy setzt hingegen auf Sektoren, die Investoren normalerweise nicht berücksichtigen oder die nicht mit der KI-Branche korrelieren. Er sorgt für Diversifikation und eignet sich als Beimischung. Bei einem so speziellen Produkt, mit dem wir nur ein Thema fokussieren, sind allerdings Risiko, Schwankungsbreite und die Abweichung zum breiten Markt hoch. Dennoch: Wir glauben daran.

19.04.2024    Kathy Günther
  • Drucken
Zur Startseite