Die Kuppel des Reichstagsgebäudes in Berlin
29.11.2021    Arne Gottschalck
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Schafft die Koalition, was mit dem Telekom-Börsengang misslang – den Startschuss für eine deutsche Aktienkultur zu setzen? Fast scheint es so.

Das Dreierbündnis aus SPD, Grünen und FDP hat am Mittwoch den Koalitionsvertrag vorleget. Darin findet sich auch der erklärte Wille eine Aktienrente einzuführen. Die soll neben die gesetzliche Rente treten und damit das Umlagesystem des staatlichen Rentensystems entlasten. Das wird spätestens, wenn die Babyboomer in Rente gehen, an seine Grenzen stoßen. Immerhin stehen schon jetzt zwei Arbeitnehmer mit ihren Einzahlungen für einen Rentner gerade. Und 2030 soll sich das Verhältnis von Einzahler zu Empfänger auf 1,5 zu 1 verschoben haben.

Viele Details der Aktienrente noch unklar

Kann die Aktienrente diesen Trend auffangen? Schwer zu sagen, da die Frage der Konzeption noch offen ist. Ein Staatsfonds wie in Norwegen? Denkbar, wie so vieles.

Immerhin, was bleibt, ist das Signal. Und das kommt an. „Auch wenn zehn Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind, es ist wenigstens ein Anfang“, sagt Axel Daffner, Geschäftsführer von Pegasos Capital und Fondsmanager des ART Transformer Equities (Blockchain Revolution). „Das deutsche Rentensystem von voll umlagefinanziert auf teilweise kapitalgedeckt umzustellen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Länder wie Norwegen mit einem Staatsfonds von über 1,3 Billionen US-Dollar haben es uns schon längst vorgemacht, dass auch ein staatliches Rentensystem die Augen vor Aktien als die beste, langfristig profitabelste Anlageform nicht verschließen darf. Doch die Einführung der Aktienrente bedeutet nicht, dass man die private Altersvorsorge beispielsweise in Investmentfonds oder ETFs jetzt vernachlässigen darf.“

Der Tipping Point für Aktien

Grundsätzlich also ein „Daumen hoch“ – zumal der Schritt noch etwas anderes bewirken könnte: Eine neue und diesmal echte deutsche Aktienkultur, einen Stimmungswechsel. In diese Richtung argumentiert Andreas Hackethal, Professor für Finanzen an der Frankfurter Goethe-Universität, in der Zeitschrift „Capital“.

„Es wird einen Tipping Point geben, ab dem sich das Klischee ‚Aktien sind nur was für Experten und Reiche‘ umkehrt“, sagt er. „Wenn die Hürde einmal fällt, werden generell mehr Menschen in Aktien investieren.“

Aber zuvor müssen die Neukoalitionäre in Berlin erst einmal ihre Hausaufgaben machen und die Idee der Aktienrente in konkrete Formen gießen.

 

 

29.11.2021    Arne Gottschalck
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