jemand unterschreibt einen Vertrag per E-Signatur
15.11.2023    Madeline Sieland
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Es sind die kleinen Dinge, die im „War for Talents“ den Unterschied machen. Das hat auch Dr. Johannes Traut, Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Seitz, bereits selbst erlebt. Seine Schwerpunkte sind Arbeitsrecht und Datenschutz; eines seiner Spezialgebiete: die digitale Arbeitswelt und der Beschäftigtendatenschutz.

„Wir hatten einem Top-Jura-Absolventen ein Jobangebot gemacht. Er meldete sich dann aus dem Brasilien-Urlaub, weil er die finale Entscheidung über seine berufliche Zukunft nicht bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland hinauszögern wollte“, berichtet Traut.

Drei Kanzleien habe er in der engeren Auswahl gehabt; zwei davon baten ihn, zur Vertragsunterschrift persönlich ins Büro zu kommen. Nicht so die Kanzlei Seitz: „Ich habe ihm gesagt, wir haben DocuSign. Damit konnte ich ihm den Vertrag digital schicken, er hat digital unterschrieben. Und dadurch konnten wir ihn als Mitarbeiter gewinnen.“

Warum Unternehmen die E-Signatur einführen

Das US-Unternehmen DocuSign bietet Firmen die Möglichkeit, Verträge per elektronischer Signatur unterzeichnen zu lassen. „Im Prinzip ist die E-Signatur der letzte Schritt zur Volldigitalisierung eines Vertrags“, sagt Alexander Rock, VP Marketing EMEA bei DocuSign. „Das Dokument schicken wir in digitaler Form an den Empfänger.“

Und dann? Wird es vielfach doch wieder analog. Die Unterlagen werden ausgedruckt, unterschrieben und bestenfalls gescannt und per E-Mail zurückgeschickt – oder aber per Post.

Generell gebe es drei Gründe, weshalb Unternehmen auf Tools wie DocuSign umsteigen und damit dem Digital Office einen Schritt näherkommen, berichtet Rock:

  • Bei Unternehmen wie Nestle, Deutsche Telekom und TÜV Rheinland seien die eigenen Nachhaltigkeitsziele der Treiber für die Digitalisierung von Prozessen.
  • Grohe beispielsweise möchte analoge und digitale Prozesse zusammenführen und damit auch optimieren, um die Rechtssicherheit zu verbessern.
  • Vielfach seien aber auch Personal- oder Vertriebsabteilungen die treibenden Kräfte, wenn es darum geht, Prozesse dezentraler und damit digitaler zu gestalten.

Je digitaler, desto rechtssicherer?

Wenn Traut Mandanten zur Einführung von Lösungen wie DocuSign berät, kommt früher oder später meist eine Frage auf: Wie rechtssicher ist das Ganze eigentlich?

„Ich halte die digitale Welt für wesentlich besser als die analoge“, sagt Traut. „Meinen Mandanten sage ich, dass das digitale Modell in den meisten Anwendungsfällen in Bezug auf die Rechtssicherheit deutliche Vorteile hat.“

Denn was sich durch die E-Signatur in Wohlgefallen auflöst: Es gibt kein langes Suchen nach Unterlagen in Ordnern mehr. Kein Rätselraten, wer irgendwann mal irgendwo einen handschriftlichen Vermerk auf irgendeiner – vielleicht finalen, vielleicht auch nicht finalen – Version eines Vertrags hinterlassen haben könnte. Oder darüber, wo Seite 14 bis 18 der Anlagen abgeblieben sein könnten.

„Um die Schriftform einzuhalten, ist es notwendig, dass die Anlage ordnungsgemäß mit dem Vertrag verbunden ist“, so Traut. „Im digitalen Bereich muss man sich über so etwas keine Gedanken machen. Ein PDF kann 1.000 Seiten lang sein, aber diese sind fest miteinander verbunden.“

Im Digital Office lassen sich Dinge vielfach auch deutlich pragmatischer lösen. „Der Klassiker: Man benötigt für eine Transaktion verschiedene Vollmachten und Gesellschafterbeschlüsse“, so Traut. „Das über zusammen kopierteUnterschriften in einem normalen PDF zu machen, ist ein riesiger Aufwand und rechtlich nicht sicher.“

Digitaler werden in kleinen Schritten

Stellt sich nur die Frage: Wie und wo genau anfangen mit der Einführung der E-Signatur?

Traut rät: „Suchen Sie sich einen Quick-win – ein Sache, die auch Zweifler im Unternehmen vom Nutzen der E-Signatur überzeugt.“ Das könnten beispielsweise komplexe Compliance-Anforderungen in stark regulierten Industrien sein: „Da müssen alle möglichen Unterschriften eingeholt, da muss ständig irgendwas aktualisiert werden. Das ist mit elektronischer Signatur viel einfacher als alles handschriftlich zu machen.“

Allerdings betont Traut auch: Manches lasse sich aktuell noch nicht komplett digitalisieren. So erfordert beispielsweise das Nachweisgesetz im Personalbereich nach wie vor einen „Offline-Schritt“. Das Nachweisgesetz regelt, in welcher Form Arbeitgeber ihre Angestellten über die geltenden Arbeitsbedingungen informieren müssen.

Und solche Regelungen können bei Transformationsprojekten durchaus hemmen: „Manche meiner Mandanten sagen natürlich, wenn wir einen Prozess haben, der auch funktioniert und den wir nicht komplett digitalisieren können – warum sollen wir dann überhaupt etwas ändern?“

Die Bundesregierung will nun über das Bürokratieentlastungsgesetz 4 beim Nachweisgesetz nachbessern – auch um Anreize für die Prozessdigitalisierung in Unternehmen zu schaffen. So soll unter anderem die elektronische und nicht mehr die handschriftliche Unterschrift zur Standardform werden. Und der Nachweis von Arbeitsbedingungen soll – genau wie das Ausstellen von Zeugnissen – mit E-Signatur möglich werden. Traut ist überzeugt: „Wird das beschlossen, ließen sich HR-Prozesse komplett digitalisieren.“

15.11.2023    Madeline Sieland
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