aktive Suche nach Talenten beim Recruiting
07.12.2021    Arne Gottschalck
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Kinder? Bekommen die Menschen immer, sagte vor einigen Jahrzehnten Bundeskanzler Konrad Adenauer zur Kritik am Umlageverfahren der Rentenver­sicherung. Inzwischen weiß man: Er irrte. Genauso wie Firmenchefinnen und -chefs, die immer noch meinen, junge Mitarbeitende kämen von allein. Denn der Kampf um die Talente ist entbrannt. Für Führungskräfte bedeutet das: umdenken. Denn Stellenanzeigen drucken zu lassen ist eine Methode der Vergangenheit, welche die Zukunft nicht erschließen kann. Und diese Zukunft hat längst begonnen.

Daran ändert auch die Coronapandemie nichts. Sie sorgt nur für ein Innehalten. Nach Einschätzung der Personalberatung Kienbaum war der Markt 2020 in einer Schockstarre. Doch inzwischen sei der Wettbewerb um kluge Köpfe wieder voll entbrannt. Dieser Wettbewerb resultiert auch aus der Fehleinschätzung Adenauers: Die Geburtenraten sind weit niedriger als in der Vergangenheit. Spätestens wenn die Babyboomer in den Ruhestand gehen, wird es knapp – nicht nur für die Rente, sondern auch in Werkshallen und an Schreibtischen. In Zahlen: Bis 2030 fehlen laut Statista hierzulande zwei Millionen Fachkräfte.

Save the Date: 16. Mai 2022

DUP UNTERNEHMER und das Deutsche Innovationsinstitut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung veranstalten am 16. Mai 2022 einen Thinktank zum Thema New Work.

In Keynotes, Talkrunden, Interviews und Masterclasses wird praxisnah unter anderem aufgezeigt,

  • wie wir in Zukunft arbeiten,
  • welche Ansprüche Talente an Arbeitgeber stellen und
  • welche Recruitingmaßnahmen im War for Talents Erfolg versprechen.

Hausaufgaben für Personaler

Dazu kommen weitere Facetten, die das Problem verschärfen dürften. „In vielen Unternehmen sind Führungskräfte und Teamleiter am Ende ihrer Kräfte“, betont Arne Sjöström, Senior People Scientist bei der Plattform Culture Amp. „Haben sie bis dato die Stange gehalten, kündigen nun auch vermehrt Manager und suchen sich neue Stellen. Verlassen sie das Unternehmen, dann kann dies jedoch weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Organisation haben: Ihre Mitarbeiter können dadurch die notwendige Unterstützung und den gewohnten Rückhalt im Unternehmen verlieren, was einen Dominoeffekt bei Kündigungen in Gang setzen kann.“ 

Mehr noch: Weil Remote Work von der Randerscheinung zum Alltag vieler Beschäftigter geworden ist, ist die Auswahl für Jobsuchende deutlich größer geworden. Für eine Firma in der Provinz zu arbeiten ist dadurch inzwischen kein Hindernis mehr. Ent­sprechende Ergebnisse zeigt eine Studie des Karrierenetzwerks Stepstone: 90 Prozent der Recruiterinnen und Recruiter gehen davon aus, dass sich aus dem genannten Grund kein Bewerber mehr vom Firmensitz abseits der Metropolen schrecken lässt. 82 Prozent der Kandidatinnen und Kandidaten stimmen dem zu. 

Die Bevölkerungsentwicklung führt dazu, dass fast jedem Unternehmen früher oder später der Nachwuchs ausgeht – jener Nachwuchs, den die Firmen anlernen, von dessen Ideen sie dann auf Jahre oder gar Jahrzehnte profitieren können. Lösen lässt sich diese Aufgabe mit gezielter Personalarbeit. Die gute Nachricht: Moderne Technologien vereinfachen die Suche. Zumindest erklären das viele HR-Experten in der Stepstone-Studie: Sieben von zehn Recruitern ver­muten, eine Online-Bewerbung sei bereits in fünf Jahren so einfach wie Online-Shopping.

Suchen, nicht gesucht werden

Bereits jetzt nutzen Unternehmen das Web intensiv, um sich ins rechte Licht zu rücken. Wie stellen wir uns als Mitarbeitende und Unternehmen dar? Und wie vermitteln wir unsere Inhalte und Werte, um Talente für uns zu interessieren? Das seien Fragen, die dabei mehr und mehr im Fokus stehen, sagt Jürgen Spegel, Geschäftsbereichsleiter Human Resources and Organizational Development der Haufe Group. Der Grund dafür liegt aus seiner Sicht auf der Hand: „Ganzheitlich hat die Pandemiesituation dazu geführt, dass Menschen stärker darüber nachdenken, wie und wo sie zukünftig leben und arbeiten wollen. Wir werden stärker gefragt, was unser Ansatz ist, welche Kultur wir leben, wie wir das Miteinander gestalten. Diese Dinge spielen somit eine größere Rolle in der Entscheidung, den Job zu wechseln oder den Arbeitgeber zu wählen, als früher.“

Was bietet das Deutsche Innovationsinstitut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung?

„In Zeiten des Fachkräftemangels ist es umso wichtiger, sich nach außen als zukunftsfähiges und innovatives Unternehmen zu positionieren, das sich permanent weiterentwickelt, um erfolgreich am Markt bestehen zu können“, sagt Marc Wittbrock, Geschäftsführer des Deutschen Innovationsinstituts für Nachhaltigkeit und Digitalisierung.

Das deutsche Innovationsinstitut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung verfolgt das Ziel, Unternehmen aus allen Branchen bei der digitalen Transformation, auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit sowie im Wettbewerb um die dafür nötigen Fachkräfte zu unterstützen. Das privatwirtschaftliche Institut kooperiert dazu mit renommierten Partnern und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, führt unabhängige Studien durch und prüft Unternehmen auf Aspekte, die wichtig für deren Zukunftsfähigkeit sind. Die besten unter ihnen werden als „Arbeitgeber der Zukunft“ ausgezeichnet.

Sind auch Sie ein „Arbeitgeber der Zukunft“? Finden Sie es heraus. Machen Sie jetzt den SMART COMPANY-Check!

Eine Beobachtung, die auch andere machen. Universum, ein Analyse- und Beratungshaus in Sachen Employer-Branding, hat weltweit die beruflichen Wünsche von über 200.000 Studierenden unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: „Noch nie wurde die Natur der Arbeit so disruptiert wie durch Covid-19“, so Mats Röjdmark, CEO von Universum, zu der Erhebung. „Manche der Veränderungen, die wir beobachten – wie das wachsende Interesse der jungen Menschen an Jobsicherheit –, werden nur zeitweise Bestand haben. Aber andere Disruptionen werden langfristige Folgen haben für die Marke des Arbeitgebers. Die Unternehmen müssen sich nun entscheiden, wie sie die Konturen ihrer Jobangebote verändern, um den seismischen Veränderungen in den Erwartungen der Talente gerecht zu werden.“

Wer überzeugt Talente?

Seismische Veränderungen, eine stille Disruption: Die Einstellung, man habe für sich selbst genug getan und habe als Marke genug Strahlkraft, kann für Unternehmen gefährlich werden. Denn allzu schnell schwindet der Glanz der Vergangenheit. Das gilt längst nicht nur für alte Industrien, sondern auch für junge Start-ups. Die Studie von Universum zeigt, dass für junge Menschen die Attraktivität eines Jobs bei den ehemals verlockenden Start-ups gesunken ist. Und nicht nur das: Auch das Interesse an internationalen Karrieren ist gesunken. 

In anderen Worten: Wichtig ist es immer, über sich selbst, das Unternehmen und dessen Kultur nachzudenken. „Wir wollen eine Kultur des Wandels und des Lernens“, sagt etwa Elmar Lukas, Geschäftsführer von Targo Leasing. Und nur wenn Arbeitgeber und -nehmer mit ähnlicher Einstellung aufeinandertreffen, kann die Zusammenarbeit so fruchttragend sein, wie es sich beide Seiten erhoffen. „Gutes Recruiting ist ein umfassender und iterativer Prozess, keine Momentaufnahme“, sagt daher Marc Wittbrock, Geschäftsführer des diind, des Deutschen Innovationsinstituts für Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Es unterstützt Unternehmen dabei, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

Womit punkten Arbeitgeber beim Recruiting?

Entkommen können Arbeitgeber der fordernden Dynamik im Kampf um die Talente nicht. „Allgemeine Erfahrungen aus dem privaten Bereich wie zum Beispiel mit Online-Bestellplattformen haben unsere Erwartungshaltung auch an einen Recruitingprozess geprägt“, sagt Haufe-Mann Spegel. „So sind zum Beispiel schnelle Reaktionszeiten, Transparenz des Prozesses oder einfache Bedienung ein absolutes Muss. Umgekehrt ist es ein No-Go, wenn ich als Bewerber meine Unterlagen erst per Post oder Mail einsenden muss, keine kurzfristige Rückmeldung bekomme und der komplette Prozess kompliziert ist.“  

Homeoffice & Co. machen die Personalarbeit nicht einfacher. Für Management und HR bedeutet das: den Spagat zwischen eigenen Aussagen und Versprechungen zu New Work etwa in Stellenausschreibungen und den Erfordernissen des Alltags zu schaffen. Für Elmar Lukas von Targo Leasing heißt das: nicht dogmatisch sein, also nicht konsequent auf Remote-Arbeit oder Präsenz bestehen. Und Spegel von der Haufe Group erklärt: „Neben Homeoffice und Remote-Arbeit sind uns persönliche Begegnungen wichtig.“

Es ist ein Spagat, der gelingen muss. Darüber dürften sich auch die meisten Arbeitgeber inzwischen im Klaren sein. Denn neue Mitarbeitende? Die kommen eben nicht von allein.

07.12.2021    Arne Gottschalck
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