Illustration zum Thema Personal Branding
02.05.2024    David Matusiewicz
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Inhaltsleere Selfie-Posts und Selbstporträts – das ist das, was derzeit am meisten Aufmerksamkeit in den sozialen Medien auf sich zieht. Immer schön das Gesicht in die Kamera halten. Allein cool an der Wand gelehnt, auf Veranstaltungen, am Arbeitsplatz, beim Sport oder lässig auf dem Motorrad. Die aktuelle Debatte um Lara Sophie Bothur, die erste hauptamtliche Corporate Influencerin Deutschlands, die für Deloitte als „Voice of Innovation“ arbeitet und schon über 230.000 Follower zählt, zeigt, wie zwiegespalten das Thema diskutiert wird.

Ohne Selbstvermarktung geht’s nicht

Die einen kritisieren Bothurs inhaltsleere Postings, andere sehen das Wachstum ihres Accounts als verdächtig an, da dies mit den üblichen Metriken in ihren Augen nicht übereinstimmt, was sowohl von LinkedIn als auch von Deloitte verneint wurde. Doch vielleicht hat Bothur den LinkedIn-Algorithmus geknackt oder ein international starkes Unternehmen mit 15 Millionen Followern hinter sich? Illustration Kolumne David Matusiewicz

Damit sind wir beim Thema: In einer Welt, in der Selfies so alltäglich sind wie der Wetterbericht im Morgenmagazin, ist das Spiel mit dem Personal Branding eine Gratwanderung zwischen der Darstellung der eigenen fachlichen Expertise und Selbstdarstellung. Andererseits ist Selbstvermarktung heute unverzichtbar. Doch der digitale Glanz nützt nichts, wenn man sein Handwerk nicht versteht.

Mehr Persönlichkeit als Branding

Ich bin der Meinung, es ist nicht wichtig, wer was sagt. Und nicht, was gesagt wird. Gesundes Personal Branding ist wie eine gute Diagnose – es braucht Zeit, Geduld und vor allem Herzblut. Im Zeitalter des Personal Branding kann ein virtuelles Lächeln genauso ansteckend sein wie ein Virus. Aber in diesem Fall ist es eine gute Sache! Und dazu gehören eben auch Binsenweisheiten der Betriebswirtschaftslehre und das Einmaleins der Kalendersprüche dazu. Wir werden uns an Oberflächenkompetenz, Fassadengelehrsamkeit und Tiefenwissen auf LinkedIn und Co. gewöhnen müssen. Was ich mir wünsche, ist mehr kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten und den Ergebnissen, die sie bei anderen auslösen.

Bei Rotary gibt es die Vier-Fragen-Probe, die Herbert J. Taylor 1932 aufgestellt hat. Ist es wahr? Ist es fair für alle Beteiligten? Wird es Freundschaft und guten Willen fördern? Wird es dem Wohl aller Beteiligten dienen? Wenn man über Sinn und Unsinn von LinkedIn spricht, ergibt das Netzwerk für mich vor allem im Gegensatz zu anderen sozialen Medien deutlich mehr Sinn. Denn es propagiert weniger Fake News, Mythen oder gar Lügen. Aber das ist ausbaufähig, genauso wie die Diskussionskultur. Wer nicht im Personal-Branding-Spiel mitmacht, wird eben nicht gesehen. Das kann man machen, dann darf man sich aber nicht wundern, wenn die dröge Pressemitteilung der Unternehmenskommunikation niemanden interessiert.

Zur Person

Porträtbild von David Matusiewicz

Prof. Dr. David Matusiewicz

ist Professor für Medizinmanagement an der FOM Hochschule. Seit 2015 verantwortet er dort als Dekan den Hochschulbereich Gesundheit & Soziales und ist einer der renommiertesten Experten für Digital Health in Deutschland

Kolumnen, Kommentare und Gastbeiträge auf DUP-magazin.de geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.
02.05.2024    David Matusiewicz
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