Der African Explorer steht auf dem Gleis, im Hintergrund geht die Sonne unter.
22.04.2022    Stefan Westendorp
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Hektik? Ein Fremdwort! Der Zug zuckelt mit Tempo 30 durch die Einsamkeit. In Deutschland würde man sich über den Lokführer und dessen Gemächlichkeit ärgern. Hier, fast am Ende des afrikanischen Kontinents, ist es reiner Genuss. Rechts und links der Gleise erscheinen Giraffen, Impalas und Springböcke zum Greifen nah. Im Licht der untergehenden Sonne glühen Termitenhügel dunkelrot, das trockene Gras leuchtet in sanftem Orange. Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns noch erwartet. Denn die Reise „Juwel der Wüste“ führt zu den Naturwundern Namibias.

Los geht es in Windhoek. Die Hauptstadt fasziniert mit einer Mischung aus afrikanischer und europäischer Lebensart. Hier begegnet man Herero-Frauen in viktorianischer Tracht ebenso wie Farmern aus der Provinz. Nach einer Stadtrundfahrt hält der Bus am historischen Bahnhof, wo der als „African Explorer“ bekannte Zug wartet. Im Schein der untergehenden Sonne präsentiert er sich von seiner schönsten Seite.

Der „African Explorer“ ist ein Luxushotel auf Schienen

Während einige Gäste die ersten Stunden an Bord in ihren Abteilen verbringen, sind andere im Barwagen oder auf der Aussichtsplattform am Ende des Zuges. In seiner Heimat heißt der zum südafrikanischen Luxuszugbetreiber Rovos Rail gehörende Zug „Shongololo Express“, übersetzt „Tausendfüßler“. Und er macht seinem Namen alle Ehre: Insgesamt 18 Waggons rattern mit 55 Passagieren und einem deutschsprachigen Arzt auf der Schmalspurbahn von Windhoek nach Kapstadt.

Das rollende Luxushotel mit seinen Abteilen aus den 20er-, 30er- und 40er- Jahren besteht aus zehn Schlafwagen mit zwei Abteilkategorien. Alle haben ein eigenes Bad mit Dusche; in den größeren lädt zusätzlich eine Sitzecke zum Chillen ein. Platz zum Entspannen bietet auch der Barwagen. Und in den Restaurantwagen stehen afrikanische und europäische Spezialitäten auf der Speisekarte, die an Bord frisch zubereitet und als Drei-Gänge-Menü serviert werden.

Unvergessliche Eindrücke

Noch mehr Safari-Feeling gibt es im Etosha-Nationalpark. Nach der Nacht im Zug geht die Tour in Reisebussen weiter. „Großwildjagd“ in Gruppen steht auf dem Programm – mit der Kamera natürlich und in der Hoffnung, die „Big Five“ festhalten zu können. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn der Park hat nicht nur die höchste Anzahl an Wildtieren in ganz Namibia, er bietet auch mit seinen Wasserlöchern ideale Voraussetzungen für die Beobachtung.

Nach der Foto-Safari setzt der von Lernidee Erlebnisreisen exklusiv gecharterte und durch die ARD-Serie „Verrückt nach Zug“ bekannte „African Explorer“ seine Fahrt über die älteste Bahntrasse des Landes fort. Unterbrochen nur von Ausflügen – etwa in die deutsch anmutende Kleinstadt Swakopmund. Dort wird im „Café Anton“ noch heute Schwarzwälder Kirschtorte serviert.

Vom Sahneberg zum Sandberg: Die höchsten Dünen der Welt in der Namib-Wüste sind vor allem in den frühen Morgenstunden ein begehrter Hotspot. Dann leuchten die Wahrzeichen im Licht der aufgehenden Sonne in allen Rottönen. Der mühsame Aufstieg wird mit dem Ausblick über ein Meer aus Sand belohnt. Vielleicht der Grund, warum die Wüste Namib (übersetzt „leerer Platz“) diesen Namen trägt. Mit 2.000 Kilometern Länge und 160 Kilometern Breite berührt sie im Norden die Skelettküste, in der Mitte den Atlantik und im Süden das für Touristen gesperrte Diamantenfördergebiet.

Kostbarkeiten der Natur

Offen ist dagegen die ehemalige Diamantenstadt Kolmanskop. Hier fand man einst die ersten Edelsteine. Vom Wohlstand damals zeugt heute nur ein Lost Place. Trotzdem – oder gerade deshalb – zählt die Geisterstadt zu den beliebten Sehenswürdigkeiten der Region. Weiteres Must-see auf der Strecke im südlichen Namibia ist der Fish River Canyon, der zweitgrößte Canyon der Welt. Er beeindruckt mit einer Tiefe von bis zu 550 Metern, bevor die Reise in Südafrika weitergeht und der Zug nach 3.000 Kilometern am schönsten Ende der Welt zum Stehen kommt – in Kapstadt.

22.04.2022    Stefan Westendorp
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