Ein Mann in einem weißen Hemd steht vor einem Nurflügler Flugzeug.
16.04.2024    Jenny Kunz
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Nur zur Vorstellung: 45 Meter Höhe. Das entspricht fast zweimal der Höhe des Brandenburger Tors oder in etwa der Höhe der Münchner Allianz Arena. Aber Sven Lindig, Geschäftsführer der gleichnamigen Unternehmensgruppe, ist das nicht genug. Er will im wahrsten Sinne des Wortes höher hinaus, als es die höchste Arbeitsbühne in seinem 2.000 Maschinen umfassenden Fuhrpark vermag. Lindig hebt ab! Die LINDIG Gruppe mit Sitz in Thüringen ist ein Familienunternehmen mit 125-jähriger Geschichte. Was der Urgroßvater Albert Lindig mit der Eröffnung einer Hufschmiede begann, führt Sven Lindig seit 2011 erfolgreich fort. Ganz nach dem Motto „Hauptsache, es geht aufwärts“ investiert er seit 2015 zudem in die allgemeine Luftfahrt und hat das Tochterunternehmen LIFT Air etabliert. Aus einer fixen Idee wurde die ganz große Leidenschaft – eine mit enormem Zukunftspotenzial.

Ein eigener Nurflügler

Anfangs ging es Sven Lindig nur um neue Räumlichkeiten für sein wachsendes Unternehmen, als er im Frühjahr 2015 im Neubau eines insolventen Hubschrauberherstellers am Eisenacher Flugplatz stand. Doch es gab seitens der Stadt die Auflage, dass das Gebäude und die Fläche nur für die Luftfahrt genutzt werden dürfen. „Das war der Punkt, an dem die meisten anderen es wahrscheinlich gelassen hätten“, sagt Lindig.

Affinität zum Thema Fliegen sei immer da gewesen. Im Fernsehen sieht er einen Bericht über Nurflügler – also sehr kompakte Flugzeuge ohne Höhen- und Seitenleitwerk – und ist fasziniert. Das könnte die Zukunft sein! Lindig recherchiert, arbeitet sich ein. Kurz darauf folgt ein Treffen mit Entwicklern, die einen Entwurf für einen hochmodernen Nurflügler vorlegten. „Das hat mich fast umgehauen, was ich da gesehen habe“, erinnert sich der Unternehmer. „Schnell stand mein Entschluss: Wir bauen das Ding!“ 2016 folgte die Gründung von LIFT Air unter dem Dach der LINDIG Gruppe. 2018 gelang der Erstflug, und 2019 präsentierte das Unternehmen die „Horten Aircraft HX-2“ – benannt nach dem Begründer des Nurflüglerkonzepts und Unterstützer eines Vorläufermodells, Dr. Reimar Horten. Der Entwurf des Nurflügel-Flugzeugs mit seinen 20-prozentigen Effizienzvorteilen wurde unter anderem mit dem Thüringer Innovationspreis ausgezeichnet. Im nächsten Schritt soll ein hochmodernes fünfsitziges Flugzeug mit Wasserstoffantrieb entstehen.

Vielseitiges Geschäftsgebiet

Heute ist die Luftfahrt neben Staplern und Arbeitsbühnen eine der drei festen Säulen der LINDIG Gruppe. Auch ein Frachtdrohnenprojekt existiert, das auf Basis der Erkenntnisse aus dem Horten-Projekt die Materialversorgung zwischen Zulieferern und Unternehmen beziehungsweise deren Standorten zum Ziel hat. Die Entwicklung der hierfür notwendigen regulatorischen Rahmenbedingungen wird vom Gesetzgeber und den Luftfahrtbehörden in großen Schritten vorangetrieben.

Während diese beiden Projekte eher langfristig und disruptiv angelegt sind, ist das Hauptprojekt innerhalb der Luftfahrtsparte Lift Air ein bereits etablierter Leichtflugzeughersteller: Flight Design. Das Unternehmen hat von der in Ultraleichtfliegerkreisen beliebten CT-Serie bereits mehr als 2.000 Flugzeuge in den Markt gebracht. Die neu entwickelte „F2“ ist sogar in der nächsthöheren Klasse angesiedelt und noch besser für professionelle Anwendungen geeignet. Volle Auftragsbücher bestätigen den Markterfolg der neuen Serie, die auch über den bisherigen Zweisitzer hinaus im Baukastenprinzip erweitert wird. Sogar eine batterieelektrische Variante war schon 2019 zum Erstflug in der Luft und zeigte die Machbarkeit des emissionsfreien Fliegens. „Ich sehe in der dritten Dimension – also nach oben – enormes Potenzial für eine hocheffektive, individuelle und nachhaltige Mobilität“, so Lindig. „Das ist die Zukunft.“

Neue Partner für die grüne Luftfahrt

Im März dieses Jahres gab LIFT Air deshalb eine strategische Partnerschaft mit der EAMD European AeroMarine Drones AG bekannt. Die internationale Aktiengesellschaft hat sich auf Drohnen spezialisiert. „Diese Partnerschaft ist ein echter Wendepunkt für beide Unternehmen“, so Lindig. „Unsere Vision ist, die Position von LIFT Air in der allgemeinen Luftfahrt mit emissionsfreien Produkten und Dienstleistungen zu stärken und zu erweitern.“ Die bestehenden Flugprojekte sollen komplett in die EAMD integriert werden, was zu einer signifikanten Stärkung der Marktposition und Beschleunigung des Wachstums führen soll. Dafür bietet EAMD aktuell institutionellen Anlegern eine Einstiegsmöglichkeit. Lindig kommentiert diese Transformation so: „Wenn Richard Branson auf den Satz ‚Schuster, bleib bei deinem Leisten!‘ gehört hätte, säße er heute weinend in einem geschlossenen Plattenladen.“

16.04.2024    Jenny Kunz
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