Illustration: Ein Mann in Businesskleidung steigt Stufen hinauf, die den Fortschritt im Unternehmen von Sven Lindig symbolisieren
23.02.2024    Jenny Kunz
  • Drucken

Vielleicht war es vorbestimmt. Da war schließlich dieser kleine Spielzeug-Gabelstapler als Kind und später in der Jugend der Spitzname „Linde“. Dabei war damals nicht absehbar, dass die DDR scheitert und der kleine Familienbetrieb aus Eisenach sich nach der Wende auf Gabelstapler spezialisiert. Die Marke: Linde.

Heute ist Sven Lindig geschäftsführender Gesellschafter der LINDIG Unternehmensgruppe. Und das in vierter Generation. Das Familienunternehmen ist in Deutschlands Mitte der größte Dienstleister rund um Gabelstapler und Arbeitsbühnen. Dabei waren Pferdestärken zu Beginn noch echte Pferdestärken. 1899 gründete der Urgroßvater in Thüringen eine Hufschmiede, während nebenan die ersten Wartburg-Automobile gebaut wurden. „Nicht gerade disruptiv, da noch weiter auf Pferde und Anhänger zu setzen“, sagt Sven Lindig dazu in einem Podcast. Doch mit jeder Generation kamen Veränderungen. Vom Wagenbau über Autoreparatur zur Spezialisierung auf Blattfedern bis hin zum Neustart mit Flurförderzeugen nach der Wende. 2015 kam sogar der Leichtflugzeugbau dazu. So divers das scheint, gab es immer einen gemeinsamen Kern: den Willen, voranzukommen.

Zur Person

Sven Lindig

ist geschäftsführender Gesellschafter der LINDIG Unternehmensgruppe

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Vom Urgroßvater bis zu Ihnen – welcher Lindig war der größte Vordenker?

Sven Lindig: Da fehlt mir der Vergleich, da ich meinen Großvater – erst recht meinen Urgroßvater – nicht mehr persönlich kennenlernen konnte. Wenn ich ihn auf Fotos als stattlichen Schmied sehe, erkenne ich einen großen Zupacker. Das gilt genauso für meinen Vater, der stets mit harter Arbeit von früh bis spät voranging. Ich bin auch so in mein Berufsleben gestartet, konnte aber glücklicherweise meine Vorstellung verwirklichen, mehr am als im Unternehmen zu arbeiten. So bleibt mehr Raum zum Vordenken.

Kommen solche Veränderungen automatisch mit einem Generationswechsel?

Lindig: Der Übergang von der dritten in die vierte Generation, also zu mir, verlief nicht ohne Reibung. Aber er war erfolgreich. Mein Vater und ich hatten es aber insofern leicht, weil ich ebenso wie meine Vorfahren ein Einzelkind war und aus mir heraus das Unternehmen fortführen wollte. Meine Frau und ich haben nun fünf Kinder. Das sorgt natürlich für mehr Komplexität in Hinblick auf eine mögliche fünfte Generation.

Aber ich dränge keines meiner Kinder dazu, ins Familienunternehmen einzusteigen. Im Vordergrund steht, dass sie in einer Beschäftigung, die ihnen liegt, Erfüllung finden. Bestenfalls bei LINDIG, aber sonst außerhalb. Dabei ist es an mir, ihnen aufzuzeigen, dass Unternehmertum eine tolle Sache ist. Chancenreich, risikoreich und so mit maximalen Aussichten auf persönliches Wachstum. Wenn mir das nicht gelingen sollte, war ich vielleicht kein gutes Vorbild, und die Unternehmensgruppe wird von Externen fortgeführt. Auch kein Weltuntergang, aber unsere bisherigen Erfolge führe ich unter anderem auf die Inhaberführung zurück.

Gibt es eine Persönlichkeit, die für Sie ein Vorbild in Sachen Innovation und Weiterentwicklung ist?

Lindig: Schon als BWL-Student erlebte ich Klaus Kobjoll vom „Hotel Schindlerhof“ in Nürnberg als Redner bei einem Vortrag. Fasziniert davon besuchte ich sein Vorzeigehotel und sah die vielen tollen Ideen, die begeisterte Mannschaft und die vielen Auszeichnungen. Das inspirierte mich zusätzlich, meinen eigenen Weg als Unternehmer zu finden und einzuschlagen.

LINDIG feiert 2024 ein Jubiläum: 125 Jahre Geschichte und Tradition. Wie schafft es ein Unternehmen, in diesem gesetzten Rahmen innovativ zu bleiben?

Lindig: Wir mussten uns ja schon immer neu erfinden. Insofern steckt Veränderung in unserer DNA. Wir haben das Glück, mit unseren Tätigkeitsfeldern rund um Intralogistik und Höhenzugangstechnik in ambitionierten Märkten unterwegs zu sein: spannende Neuentwicklungen, anspruchsvolle Kunden und fordernde Marktbegleiter. Hinzu kommt meine persönliche Bereitschaft, neue Dinge auszuprobieren und auch mal Risiken einzugehen, um in guten Zeiten andere Themen anzupacken und Chancen auszuloten.

Aber so was kann auch schiefgehen …

Lindig: Ja, wenn neue Themen in komplexen Umfeldern angepackt werden, fehlt Beispiel-Wissen, und es gibt keine Checklisten für einen garantierten Erfolg. Wir wurden vor einigen Jahren Deutschland-Importeur für ein schwedisches Start-up, das den bis heute einzigartigen Elektro-Mehrwege-Teleskopstapler „MaxTruck“ baute. Leider ging das Unternehmen aus verschiedenen Gründen letztlich in Insolvenz. Hat es sich gelohnt, darauf zu setzen? Betriebswirtschaftlich nicht. Unternehmerisch ja. Mit solchen Projekten signalisiere ich intern, dass wir bereit sind, Dinge auszuprobieren. Mit dem Risiko des Scheiterns. Und mit der Aufforderung an die Belegschaft, auch mutig zu sein.

Dann lassen Sie uns mutig in die LINDIG-Kristallkugel schauen: Wie wird Mobilität in Zukunft aussehen?

Lindig: Ich gehe davon aus, dass die Mobilität der Zukunft stärker auf dem Luftweg stattfindet, auch mit Leichtflugzeugen. Schließlich können hier die schon vorhandenen Knotenpunkte der Regionalflugplätze genutzt werden, statt teure Straßen oder Bahnstrecken zu unterhalten. Mit umweltfreundlichen Antriebsarten und schnelleren Reisezeiten können so überlegene Mobilitätskonzepte umgesetzt werden.

Und die Logistik der Zukunft?

Lindig: Auch hier wird die dritte Dimension, nach oben, viel Neues ermöglichen. Lassen Sie uns aber mit dem innerbetrieblichen Materialfluss beginnen, unserem Kerngeschäft. Hier ist schon heute erkennbar, dass im Lager die Automatisierung zunimmt. Stichwörter sind Prozesssicherheit, Lohnkosten und Arbeiterlosigkeit. In der übergeordneten Supply-Chain werden auch Lastendrohnen die heutigen Transportsysteme ergänzen. Aber nicht im Sinne der Auslieferung an Privatkunden, sondern im B2B-Verkehr. So weit reicht mein Vordenken – darüber hinaus ist die Lindig-Kristallkugel leider beschlagen.

23.02.2024    Jenny Kunz
  • Drucken
Zur Startseite