Illustration Corona Abstand über zweiten Lockdown
07.01.2021    Manuel Kunst
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Gleich mehrere Impfstoffe bereiten zwar Hoffnung auf das Ende der Pandemie. Die existenziellen Ängste von Unternehmern nimmt eine Impfung jedoch nicht. Doch irgendwie muss sich ein Unternehmen auf die nächsten Monate vorbereiten. Aber sind langfristige Pläne, Jahresziele und Expansionsbestrebungen derzeit angebracht?

Das DUB UNTERNEHMER-Magazin gibt in einem Roundtable-Gespräch drei Unternehmern, die bereits 2020 Durchhaltevermögen bewiesen haben, Gelegenheit, über ihre Erwartungen zu diskutieren. Mit welchem Gefühl gehen sie ins neue Jahr und welche Pläne verfolgen sie? Brigitte Zypries, Herausgeberin des DUB UNTERNEHMER-Magazins und Bundeswirtschaftsministerin a.D, ergänzt die Runde mit der Sicht der Politik auf die aktuelle Situation.

Am Roundtable-Gespräch nahmen teil:

Moderation: Thomas Eilrich, Chefredakteur, DUB UNTERNEHMER-Magazin

Wege durch die Krise

„Der Lockdown des Frühjahr 2020 war für uns erst einmal ein Schock“, sagt Sven Lindig, Geschäftsführer von LINDIG Fördertechnik. Das Familienunternehmen bietet Dienstleistungen rund um Gabelstapler, Lagertechnik und Arbeitsbühnen an. Nach der verordneten Osterpause hatte sich die Lage jedoch wieder normalisiert. Der Vertrieb lief auf Hochtouren, so dass die unternehmerischen Ziele für 2020 erreicht wurden. Das liegt auch daran, dass das Unternehmen nicht von einer Industrie abhängig ist, sondern Kunden in vielen Branchen hat. Und die Digitalisierung spielt Lindig in die Hände: „Bei all der digitalen Veränderung werden Logistik und Intralogistik weiter an Bedeutung gewinnen.“

Ähnlich erging es Benjamin Dawo. Er ist Gesellschafter von Town Country & Haus, der deutschlandweit führenden Massivhausmarke. Das Familienunternehmen ermöglich seit mehr als 20 Jahren den Bau von Eigenheimen zu mietähnlichen Konditionen. Nach dem ersten Schock im Frühjahr 2020 musste auf ein digitales Businessmodell umgestellt werden, da die Begehung von Häusern und die Beratung teils nicht mehr möglich war. Die Lösung: Beratung über das Internet. Für Dawo zuvor undenkbar: „Für uns ist Hausverkauf etwas ganz emotionales, ganz persönliches. Das ist er auch immer noch. Trotzdem haben wir es relativ zügig geschafft, Häuser übers Internet zu verkaufen.“ Selbst die Vertragsunterschriften erfolgten vielfach online.

Neues Geschäftsmodell

Hans Elstner, CEO der rooom AG, hatte während des ersten Shutdowns ebenfalls mit Problemen zu kämpfen. Das Unternehmen ist spezialisiert auf 3-D-Visualisierungen, -Showrooms und -Modelle. Über eine Plattform können Kunden beispielsweise durch das Hochladen einiger Fotos 3-D-Modelle für ihren Onlineshop erstellen lassen.

Trotz der digitalen Ausrichtung konnte rooom wichtige Werbemittel wie Messestände nicht für Wachstum nutzen. „Aus der Not haben wir dann eine Tugend gemacht“, sagt Elstner. „Wir haben mitgeholfen, digitale Messen zu veranstalten – alleine schon deshalb, weil wir selbst eine Lösung für unsere Marke brauchten. So haben wir es geschafft, Messen wie die IFA und andere internationale Ausstellungen zu konzipieren und  virtuell zu realisieren.“ Die rooom AG hat es so geschafft, in der Pandemie zu wachsen. Elstner: „Das war ein verrücktes Jahr. Vor der Pandemie hatten wir 22 Mitarbeiter; mittlerweile haben wir fast 50. Das liegt aber auch daran, dass wir sehr früh mit konkreten, digitalen Lösungen insbesondere Big Player der Veranstaltungsbranche angesprochen haben.“

Was kommt in diesem Jahr?

Machen Pläne für die nächsten Monate überhaupt Sinn, wenn der Verlauf der Pandemie so unberechenbar ist? Für Lindig ist die Antwort klar: „Es liegt einfach nicht genug Wissen vor, um konkrete Ziele zu setzen. Vorhaben werden meist rasch von der Realität eingeholt.“ Seine Devise lautet: „Segeln auf Sicht.“ Dazu gehört auch mit möglichst vielen Kollegen und Mitarbeitern auf Augenhöhe über die Lage zu reden, um die bestmöglichsten Entscheidungen zu treffen.

Lindig ist allerdings aufgrund der notwendigen Subvention etlicher Branchen durch die Coronahilfen beunruhigt und hofft darauf, dass sich die Politik nach der Pandemie schnellstmöglich auf die Grundwerte der sozialen Marktwirtschaft zurückbesinnt.

Fehlende Perspektive

Auch Dawo fällt es wegen der ungewissen Zukunft schwer, konkrete Pläne zu schmieden. Was dem Unternehmen hilft, ist sein Franchisesystem, in dem sehr viele selbständige Partner vor Ort die Verantwortung übernehmen. Dawo geht deshalb optimistisch ins Jahr 2021: „Das Schöne ist, dass in unserer Branche der Markt relativ stabil bleibt, da der Wunsch nach den eignen vier Wänden bei so gut wie jeder Familie vorhanden ist. Ich bin deshalb guter Dinge, dass wir das hinkriegen.“ Doch er wünscht sich, dass der Gesetzgeber nicht ständig Baurichtlinien verändert. Manchmal habe er das Gefühl, als wolle die Politik das Bauen von Privathäusern gar nicht fördern.

Als ehemaliger Kulturschaffender liegt Elstner besonders die Veranstaltungsbranche am Herzen. Digitale Lösungen für Veranstalter und Künstler zu schaffen –  diesen einmal eingeschlagenen Weg wird sein Unternehmen deshalb weiter verfolgen. „Für Betroffene bieten wir eine Alternative, die zumindest ein stückweit einen Weg durch die Krise weisen kann“, sagt Elstner. Von der Politik wünscht er sich Steuervergünstigungen für Mitarbeiter bei der Aktienbeteiligung, da er die Vergabe von Firmenanteilen als gutes Instrument zur Motivationssteigerung der Belegschaft betrachtet.

Stimme aus der Politik

DUB-Herausgeberin Brigitte Zypries kann Dawos Wunsch nach weniger Richtlinien nachvollziehen. „In der Politik gibt es jedoch Zielkonflikte. Die einen wollen etwas für die Umwelt tun, die anderen wollen das Baurecht vereinfachen.“ Umweltkonforme Baumaßnahmen und Regulierungen führten daher automatisch zu steigenden Baukosten. „Wir sollten aber darauf achten, dass wir der Immobilienbranche keine unnötigen Steine in den Weg legen“, so Zypries. Das gelte auch für Regulierungen aufgrund der Coronakrise. Jedoch ist sie sich sicher, dass es sich dabei um temporäre Maßnahmen handelt, die dem Lockdown geschuldet sind.

Es gäbe auch Bedenken bezüglich der Mitarbeiterbeteiligung, deren Förderung von Elstner gewünscht wird. So kritisieren Gewerkschaften vor allem, dass im Fall von Insolvenzen ein erhöhtes Risiko der Verschuldung für Mitarbeiter mit Firmenbeteiligung bestehe. Zypries ist jedoch begeistert, wie es die drei Unternehmer im Talk durch eine schnelle Transformation geschafft haben, gut durch die Krise zu kommen.

07.01.2021    Manuel Kunst
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