05.10.2021    Inga Höltmann
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Homeoffice bedeutet nicht nur virtuell zu arbeiten. Auch andere Maßnahmen, die wichtig sind, müssen auf diese Weise umgesetzt werden, wie remote Teambuilding oder remote Onboarding. Beides sind Beispiele für Prozesse, die für eine funktionierende Zusammenarbeit unerlässlich sind. Und beides hat sich durch die zunehmend hybride Arbeit maßgeblich verändert.

Kolumne von Inga Höltmann

Virtuelles Onboarding: Ist das wirklich so eine Herausforderung?

„Remote Onboarding ist nicht möglich“, bekomme ich häufig aus Unternehmen zu hören. Das Einarbeiten von neuen Kolleginnen und Kollegen aus der Ferne war während der Coronapandemie nicht immer zu vermeiden, wird aber mindestens als zweitklassig gegenüber einem Onboarding vor Ort wahrgenommen

Ich sehe das komplett anders. Für das virtuelle Onboarding gilt genau das Gleiche wie für alle Prozesse, Abläufe und Aufgaben, die wir bisher im Büro erledigt haben und bei denen es nun knirscht, weil so viele von uns im Homeoffice arbeiten: Wenn es nicht gut läuft, liegt das vor allem daran, wie wir es umsetzen. Hürden im virtuellen Onboarding sind ein Hinweis darauf, wo wir in den Unternehmen nachsteuern müssen, wo es noch Handlungsaufforderungen für Gestalterinnen und Gestalter gibt. Sie sind aber mitnichten ein Hinweis dafür, dass virtuelles Onboarding nicht funktionieren kann.

Rein virtuelles Onboarding ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach, denn dabei geht es ja immer um zwei Dimensionen: Einerseits geht es darum, dass sich Organisation und neue Kolleginnen und Kollegen kennenlernen, auch auf einer ganz persönlichen, individuellen Ebene. Gleichzeitig geht es auch darum, die neue Kollegin oder den neuen Kollegen so auszustatten, dass sie oder er möglichst schnell einsatzbereit ist: Die Person muss die Organisation und ihre Strukturen kennenlernen und nicht zuletzt das eigene Arbeitsfeld.

Beide Dimensionen sind gleich wichtig und sollten ihren Raum im Onboarding-Prozess bekommen. Und das heißt auch: Wo immer möglich, sollte aus dem rein virtuellen ein hybrides Onboarding gemacht werden. Virtuelle Arbeit funktioniert dann am besten – und das gilt auch über das Onboarding hinaus – wenn wir uns persönlich kennen. Das bedeutet nicht, dass wir tagein, tagaus im selben Büro sitzen müssen. Aber es hilft, sich zumindest gelegentlich zu treffen. Und sei es nur einmal im Jahr zu einem gemeinsamen Offsite.

Illustration von Inga Höltmann

Inga Höltmann ist Expertin für die Themen Kulturwandel in Unternehmen, New Work und Digital Leadership. Sie ist Gründerin der Accelerate Academy, Macherin des New Work Briefings, tritt als Keynote-Speakerin auf und arbeitet im Rahmen von Workshops in Unternehmen zu Themen rund um Neue Arbeit. Zudem ist sie ausgebildete Wirtschaftsjournalistin, bekannt unter anderem für ihre beiden Podcasts zur Zukunft der Arbeit

Egal ob virtuell oder real – alles ist eine Frage der Planung

Doch zurück zum Onboarding. Ein gutes virtuelles Onboarding beginnt schon vor dem ersten Arbeitstag. Was müssen die neuen Kolleginnen und Kollegen wissen, um gut in den ersten Arbeitstag starten zu können? In der alten Welt war das eine genaue Anschrift und eine Ansprechpartnerin oder ein Ansprechpartner. In der neuen Welt sind es wohl eher auch die technische Ausstattung und vor allem Zugänge zu allen wichtigen Kommunikationstools. Wer in einem virtuellen Team zwei Tage auf seine Login-Daten wartet, fühlt sich sicher nicht herzlich empfangen. Das ist, als ließe man die neue Kollegin oder den neuen Kollegen vor geschlossenen Bürotür warten!

Überhaupt ist es sinnvoll, der oder dem Neuen einen Buddy an die Seite zu stellen. Dieser Buddy begleitet die ersten Wochen und ist Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner auf der Kurzwahltaste für all die kleinen und großen Fragen, die sich zu Beginn ergeben. Wenn wir nicht mal eben über den Schreibtisch rüberfragen können, müssen wir das eben digital nachbauen – ein Buddy kann das leisten.

Um die Kolleginnen und Kollegen und Abteilungen in den ersten Wochen kennenzulernen, braucht es einen Plan. Wann sollte die oder der Neue wen am besten kennenlernen? Welche Rollen oder welche Abteilungen sind dagegen nachrangig? Das sollte man nicht dem Zufall überlassen – virtuell stehen wir eben nicht gemeinsam in der Teeküche, wo ein Kollege sagt: „Den musst Du auch noch kennenlernen – ich bringe Dich kurz hin!“

Der Schlüssel für eine virtuelle Zusammenarbeit sowie ein funktionierendes virtuelles Onboarding sind konkrete Pläne und eine Menge Empathie. Was braucht mein Gegenüber? Woher bekommt er es? Was kann ich dazu beitragen? Auch genaue Prozessdokumentationen oder Handbücher helfen ungemein. Die sind ohnehin nötig – aber im Büro, wo viel auf dem „kurzen Dienstweg“ passiert, entsteht manchmal der Eindruck, das sei nicht so wichtig. Bei der virtuellen Zusammenarbeit bekommen wir diese Mängel schmerzhaft zu spüren – und alle Neulinge erst recht.

Immer wieder aufs neue Hinterfragen

Und zu guter Letzt ist es auch wichtig, die gemeinsam entwickelten Onboarding-Prozesse immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und sie weiterzuentwickeln – am besten zusammen mit den irgendwann nicht mehr ganz so neuen Kolleginnen und Kollegen. Ihre Erfahrungen sind wichtig: „Wie hat sich das für Dich angefühlt? Hattest Du alles, was Du brauchtest? Was können wir besser machen?“

Besonders die letzte Frage ist entscheidend. Wir sollten sie uns in der virtuellen Zusammenarbeit sowieso viel häufiger stellen – besonders aber nach einem Onboarding.

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05.10.2021    Inga Höltmann
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