Eine Aktienkurve mit einem Herz auf einem grünen Hintergrund
18.08.2021    Miriam Rönnau
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Zur Person

Porträt von Lars Hermes

Lars Hermes

studierte Medienmarketing an der BAW in München und begann seine berufliche Laufbahn bei der Pro7Sat.1 Media AG, bei der er TV-Shows entwickelte, moderierte und später im Vertrieb der SevenOne Media arbeitete. Nachher gründete er eine Softwarefirma und verkaufte diese. Seit einigen Jahren ist Hermes kaufmännischer Geschäftsführer von Theralingua, einer kleinen Kette für logopädische Praxen

Auf Ihrer Website heißt es: „Was die fünf Gründermitglieder gemeinsam haben: wir sind keine ausgewiesenen Forstexperten“. Wie kam es dennoch zu der Entstehung der Non-Profit-Organisation „Aktion Baum“?

Lars Hermes: Im Dezember 2020 erfuhr ich von mehreren Freunden aus dem Bereich Forst, wie schlecht es aktuell um einzelne Wälder in Deutschland steht. Als Geschäftsführer von einer Kette für logopädische Praxen, rief ich die Aktion „Für jeden Patienten ein Baum“ ins Leben. Bei der Recherche nach gemeinnützigen Baumpflanzprojekten fand ich jedoch nichts, was mich überzeugte. Also setzte ich mich mit meinem Freund Simon Gollmann kurz zusammen und wir beschlossen gemeinsam mit Isabelle Meier-Walter, Dr. Jens Hermes und Daniel Fasshauer ein eigenes Projekt zu starten. Zwar bringen wir keine Kenntnisse im Aufforsten des Waldes mit, aber dafür viel Erfahrung im Aufbau und der Führung von Unternehmen.

Woher nehmen Sie die Kenntnisse, die ja trotzdem notwendig sind für ein solches Projekt?

Hermes: Uns war klar, dass dies alleine nicht reichen würde. Entsprechend haben wir nach dem notwendigen Know-How gesucht und dieses mit Professor Dr. Bill Hanson vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie gefunden. Trotz seiner enormen Expertise und des renommierten Netzwerkes arbeitet auch Professor Hanson ausschließlich ehrenamtlich für das Projekt. Er baute etwa das „Brain Board“ für uns auf, ein Team führender europäischer Wissenschaftler, die Aktion Baum das Fachwissen sowie neueste wissenschaftliche Erkenntnisse vermitteln und uns bei allen Fragen zu den Themen Baum, Wald und Aufforstung zur Seite stehen.

Warum waren Sie nicht mit den bereits bestehenden Baumpflanzprojekten zufrieden?

Hermes: Wirtschaftlich betrachtet kostet das Pflanzen eines Baumes bei diesen Projekten rund fünf Euro – und das ist zu teuer, um wirklich etwas zu verändern. Wir müssen eine Infrastruktur erschaffen, die es ermöglicht eine eigene Wertschöpfungskette zu entwickeln: vom eigenen Samen über die eigene Baumschule bis zum Forst-Personal, das uns unterstützt. Durch diese Wertschöpfungskette können wir die Kosten pro Baum reduzieren und gleichzeitig die Frequenz erhöhen. Unser Ziel ist es, fünfmal so viele Bäume zu pflanzen, wie es aktuell in Deutschland geschieht.

Vier Tipps für mehr Nachhaltigkeit von Lars Hermes, Geschäftsführer Aktion Baum

Tipp 1: Verzichten Sie lieber auf zwei Prozent Marge für das richtige, nachhaltige Ergebnis. Dieses Investment wird sich auszahlen. Sie werden überleben, Ihr Konkurrent vielleicht nicht.

Tipp 2: Lassen Sie sich von Experten auf diesem Weg unterstützen. Nicht jedes Unternehmen hat interne Corporate Social Responsibility-Berater.

Tipp 3: Ihre Mitarbeiter und Kunden werden merken, wie ernst Sie es meinen und ob sie wirklich authentisch an das Thema rangehen.

Tipp 4: Seien Sie einfach ein guter Mensch, eine gute Führungskraft oder ein guter Unternehmer. Wir alle sind hier nur zu Gast. Ich behaupte, ein zweiter Sportwagen macht Sie nicht glücklicher, aber mit dem Geld, das der Sportwagen kostet, können Sie richtig etwas verändern.

Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?

Hermes: Wir reduzieren den Preis des Setzlings, indem wir durch eine eigene Wertschöpfungskette viel effizienter sind. Wir reduzieren den Preis des Einpflanzens, indem wir deutlich vermehrt mit ausgebildeten, aber ehrenamtlichen Helfern die Setzlinge in den Boden bringen. Wir reduzieren zudem den Preis durch günstigeren Verbissschutz. Nach unserer Rechnung können wir den Baumpreis von aktuell fünf Euro inklusive Pflege, Verbissschutz und so weiter – Tendenz leider steigend – auf ein bis zwei Euro senken. Dafür brauchen wir in den nächsten vier bis sechs Jahren finanzielle und gedankliche Unterstützung für den Aufbau einer neuen, eigenen Wertschöpfungskette.

Aktuell werden Sie etwa von der Warsteiner Brauerei unterstützt, die Land für ihre Baumschule spendet. Welchen Vorteil zieht die Brauerei dabei heraus? Und auch andere Unternehmen, die mit Ihnen kooperieren?

Hermes: Wir haben nach weniger als drei Monaten des Bestehens der Organisation tolle Partner wie nextbike, fahrrad.de, Colliers, Performance Media, Bürstenhaus Redecker, Shop4Runners, L‘Osteria und viele weitere gefunden. Beinahe täglich kommen neue hinzu. Doch jedes Unternehmen zieht dabei auch andere Vorteile aus der Zusammenarbeit. Konkreter geht es dabei um Themen wie Mitarbeitermotivation, Außendarstellung und immer wieder auch um den Eigenanspruch in Führungsetagen: Dort will man mit anpacken, Teil der Lösung sein – nicht zuletzt, weil die Kunden und Käufer das mittlerweile erwarten. Die Kooperation mit der Warsteiner Brauerei ist das Paradebeispiel einer Zusammenarbeit, die aus dem Herzen der Inhaberin kommt, die ihre unmittelbaren wirtschaftlichen Interessen hintanstellt und sich um die Region sorgt. Ich glaube, der größte Vorteil einer Zusammenarbeit mit uns ist der enge Austausch und die Inspiration, die dadurch im Unternehmen entsteht. Wir kommen häufig zu internen Team-Meetings und berichten von der Kooperation. Die Reaktion der Mitarbeiter ist durchweg positiv – sie sind stolz, dass ihre Firma Teil der Lösung sein will. Es fühlt sich in diesen ersten Monaten so an, als würden unsere Partner wissen, dass wir wie eine Aktie sind, die bald durch die Decke schießt. Eine Investition in die Zukunft.

Warum liegt Ihnen persönlich das Thema Nachhaltigkeit am Herzen?

Hermes: Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern begleitet uns den Rest des Lebens. Dennoch ist es oftmals so, dass in der Praxis die Nachhaltigkeitsstrategien vieler Unternehmen mehr Schein als Sein sind. Besser ist jedoch: sich damit auseinanderzusetzen, was Nachhaltigkeit eigentlich bedeutet, tiefer eintauchen und das wirkliche Bestreben zu haben, etwas zu verändern. Muss zum Beispiel jedes einzelne Stück Schokolade extra eingepackt werden? Müssen Äpfel in Plastiktüten verkauft werden? Muss Wasser aus den Alpen in Hamburger Supermärkten verkauft werden? Ich möchte, dass meine Kinder auf einem halbwegs gesunden Planeten aufwachsen – doch aktuell sind wir dabei, gerade diesen zu zerstören. Die Frage ist nur: Wie groß ist das Ausmaß der Zerstörung, das wir verantworten? Und die Frage, die sich jeder selbst stellen sollte, ist: Was kann ich dazu beitragen, dass folgende Generationen einen gesünderen Planeten hinterlassen?

Gruppenbild: Daniel Fasshauer, Simon Gollmann, Torsten Stawicki, Isabelle Meier-Walter, Lars Hermes, Dr. Jens Hermes

Die Gründer von Aktion Baum (v.l.n.r.): Daniel Fasshauer, Simon Gollmann, Torsten Stawicki, Isabelle Meier-Walter, Lars Hermes, Dr. Jens Hermes

Welche Ziele haben Sie sich mit Ihrem Unternehmen in den nächsten fünf Jahren gesetzt?

Hermes: Wir möchten flächendeckend in ganz Deutschland Pflanzgärten aufbauen und dann durch das Pflanzen der Bäume Ökosysteme erhalten beziehungsweise wieder aufbauen – später gerne auch in Europa oder dem Rest der Welt. Dabei machen wir uns aber keinen Druck, denn die Geschwindigkeit geben unsere Partner vor. Wir freuen uns, wenn wir herausgefordert werden. Das spornt uns an.

Haben Sie Tipps, wie Unternehmen beginnen sollten, ihre Projekte und Produkte fit für eine nachhaltige Zukunft zu machen?

Hermes: Ich bin überzeugt: Nachhaltigkeit wird das Verkaufsargument der kommenden Jahre sein. Unternehmen sollten jetzt investieren, damit sich Produkte, Verpackungen, Lieferwege und Unternehmensprozesse nachhaltiger darstellen lassen. Der Markt kann hier gnadenlos sein. Heutzutage können Produkte in wenigen Monaten komplett verschwinden, wenn die Konkurrenz besser oder schneller ist.

18.08.2021    Miriam Rönnau
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