Portraitfoto David-Ruben Thies
21.09.2022    Christian Buchholz
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Zur Person

David-Ruben Thies

ist Geschäftsführer der Waldkliniken Eisenberg sowie der Meine Polikliniken. Seine Karriere im Gesundheitswesen begann er als Krankenpfleger in München, nach seinem Diplom zum Krankenhausbetriebswirt wurde er nach weiteren Positionen in München und Suhl 2008 CEO der Waldkliniken Eisenberg

Wie hat sich Ihr Business in den vergangenen Monaten entwickelt und was ist Ihr Learning aus der Situation?

David-Ruben Thies: Als Wirtschaftsunternehmen „Krankenhaus“ hatten und haben wir uns anders mit der Pandemie auseinanderzusetzen als andere Branchen. Wir behandeln Corona-Patienten und haben dadurch höhere Personalbedarfe. Gleichzeitig haben wir viele Personalausfälle wegen Corona. Deshalb müssen wir viele, sogenannte „nicht notwendige“ Operationen absagen. Aber gerade diese elektiven OPs, wie im Bereich der Knie- und Hüft-Endoprothetik, sind unser Kerngeschäft. Damit verdienen wir Geld. Genau in dieser Situation hat die Bundesregierung den Rettungsschirm für Krankenhäuser auslaufen lassen und für kommendes Jahr ein sogenanntes Ambulantisierungsgesetz verabschiedet, das uns und hunderten anderen Krankenhäusern Umsatz im siebenstelligen Bereich kosten wird. Und dann sind da noch die steigenden Energiekosten. Für viele Krankenhäuser geht es ums wirtschaftliche Überleben. Die Öffentlichkeit sowie die Politik ignorieren aber, was in diesem „systemrelevanten“ Wirtschaftszweig gerade passiert. Unser Learning daraus: Noch konsequenter unseren besonderen Weg verfolgen und uns vom Wettbewerb differenzieren. So werden wir auch erfolgreich durch diese Krise gehen.

Was ist der Motor für Ihr Wachstum?

Thies: Eine sehr einfache Formel: „Alles anders machen als die anderen.“ Als wir vor zehn Jahren begonnen haben, unseren Neubau zu planen, haben wir alles in Frage gestellt, was im Krankenhaus passiert. Wir haben Krankenhaus neu gedacht. Auf der Basis von Spitzenmedizin in der Orthopädie haben wir ein wirtschaftliches Krankenhaus entwickelt, das neue Maßstäbe in der Aufenthaltsqualität für Patienten setzt. Gleichzeitig bietet es Mitarbeitenden die Chance, in einer Branche, die sehr in der Kritik steht, neue Wege zu gehen und ihre Berufung wieder zu finden.

Wie bleiben Sie als Unternehmen neugierig und innovativ und was tun Sie als Management, um das zu fördern?

Thies: Neugier und Innovation sind in unserer DNA. Wir suchen stets nach Benchmarks auf der ganzen Welt. Unser Pflegekonzept stammt im Ursprung aus Holland und wurde hier weiterentwickelt. Die Grundformel unserer digitalen Patientenakte stammt aus den USA und unser Boardingkonzept aus Skandinavien. Wir hinterfragen regelmäßig alle Abläufe und Prozesse: Geht es anders? Geht es besser? Und wir holen uns Inspirationen aus der ganzen Welt. Die Mitarbeitenden sind stets am Entscheidungs- und Umsetzungsprozess beteiligt – mit hoher Eigenverantwortung und ohne steile Hierarchien. Und wir holen uns neue Leute, die darauf brennen, Neues zu lernen, Neues zu wagen und Neues zu schaffen.

Was ist die größte Stärke der Company? Trauen Sie sich eine Schwäche preiszugeben?

Thies: Unser Job ist es, Menschen zu heilen. Und unsere Stärke ist es, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu haben, die darin richtig gut sind und immer besser werden wollen. Ob in der Medizin, in der Pflege, in der Küche oder im Service: Unsere Kolleginnen und Kollegen leben den Gedanken, für die Gäste und Patienten da zu sein. Von unseren ihnen erhalten wir höchstes Lob. Unsere Online-Bewertungen beispielsweise singen ein Loblied auf die Ärzteschaft, die Pflege und das Essen. Das FAZ-Institut hat uns vier Jahre in Folge als Top-drei-Krankenhaus in Deutschland ausgezeichnet. Woran wir noch arbeiten, ist unsere Internationalisierung. Da haben wir als Haus in der thüringischen Provinz gewisse Nachteile gegenüber Häusern in München, Berlin oder Zürich.

Was tun Sie, um den technischen und digitalen Anschluss nicht zu verpassen?

Thies: Wir müssen uns nicht um Anschluss bemühen, wir sind vorne dran. Zum Beispiel haben wir vor vier Jahren eine digitale Patientenakte und iPads für die Pflege eingeführt und bauen das System aus. Im Rahmen des staatlich aufgesetzten Krankenhauszukunftsgesetzes haben wir viele digitale Projekte entwickelt und eingereicht. Wir nutzen jede Chance, um zu investieren. Ansonsten sorgt unsere DNA dafür, dass wir ganz vorne bleiben: Neugierig sein und den Status quo stets hinterfragen.

Was ist Ihr Erfolgsfaktor, um Neugeschäft zu gewinnen?

Thies: Marketing ist Teil unserer Strategie – auch damit unterscheiden wir uns von den meisten anderen Krankenhäusern in Deutschland. Wir sprechen ganz gezielt unsere Zielgruppen für die elektiven orthopädischen Operationen an. Auch hier vorwiegend digital – und ohne werbliche Botschaft, sondern mit klaren redaktionellen Inhalten und Storytelling.

Wie verbessern Sie die Servicequalität?

Thies: Wir denken nicht in Patienten, sondern sehen unsere Patientinnen und Patienten als Gäste. Unser Neubau ist von Matteo Thun geplant und gestaltet worden – einem Architekten, der weltweit viele exklusive Hotels gebaut hat. Unser Haus hat als erstes Krankenhaus in Europa von der DEHOGA fünf bzw. vier Hotelsterne verliehen bekommen. Unser Leiter der Service-Abteilung stammt aus der Hotellerie und hat namhafte Luxus-Hotels gemanagt. Unser Koch kommt aus der Sterne-Gastronomie und unsere Pflegekräfte haben einfach Lust darauf, ihren Job sehr gut zu machen und befeuern sich gegenseitig.

Nennen Sie konkrete Beispiel dafür, wie Ihr Unternehmen Service lebt.

Thies: Ich möchte zwei Erfolgsstorys nennen: Die eine ist unsere Komfortstation Level 5. Hier können Privat- oder Kassen-Patienten gegen Zuzahlung unseren 5-Sterne-Service genießen – Einzelzimmer mit Concierge, Room-Service, Restaurant, begehbaren Humidor und viele weitere Services. Es gab viele Zweifler, ob so eine Station in der thüringischen Provinz funktioniert. Heute ist die Station ausgebucht und die Gäste loben unseren Service in den höchsten Tönen. Erfolgsstory Nummer zwei sind die über 500 positiven Bewertungen auf klinikbewertungen.de. Was unsere Gäste dort schreiben, könnte sich unsere Marketingabteilung kaum besser ausdenken. Dieses Lob lässt uns wachsen.

Wie positionieren Sie sich als attraktiver Arbeitgeber?

Thies: Unsere Mitarbeitenden sind die Grundlage und der Schlüssel zum Erfolg. In Deutschland gibt es viel zu wenige Pflegekräfte und in einigen Bereichen auch zu wenig Ärzte. Deshalb gehen wir bei der Personalsuche „neue Wege“ in der Branche – wir haben bereits vor Jahren mit diesem Slogan und dem besonderen Konzept unseres Hauses bei einer Recruiting-Kampagne über 20 neue Pflegekräfte an Bord holen können. Da waren wir mächtig stolz. Heute arbeiten wir mit Corporate Influencern und einer sehr authentischen Kommunikation im Recruiting. Zur Mitarbeiterbindung setzen wir auf die Prinzipien von New Work – und dem Versprechen, vor allem den Pflegekräften wieder ihre Berufung zurückzugeben: mit und am Menschen zu arbeiten. Auch das ist Innovation in der deutschen Krankenhauslandschaft.

21.09.2022    Christian Buchholz
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