Die Revolution der grünen Technologien

Von Energiegewinnung über Mobilität, Immobilien und Investments bis hin zur Kreislaufwirtschaft: Kluge Ideen und grüne Technologien stellen die Weichen für eine erfolgreiche Energiewende – und eröffnen Wachstumschancen für Unternehmen. Auf diese Zukunftstechnologien kommt es dabei jetzt besonders an.

Inhalte
Nachhaltige Technologien

Der grüne Wandel

Solarenergie und Elektromobilität waren nur die ersten Schritte in eine grünere Zukunft. Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren, vielleicht sogar emissionsfreien Wirtschaft braucht es aber wesentlich mehr. Zum Beispiel den flächendeckenden Einsatz von Zukunftstechnologien. Damit beschäftigen sich bereits zahlreiche deutsche Start-ups, kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie Konzerne. Sie alle treiben die Green- Tech-Revolution mit klugen Ideen voran.

Nicht nur Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat längst erkannt, dass digitalen Technologien für den grünen Wandel der Wirtschaft eine Schlüsselrolle zukommt. Auch immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer wittern jetzt eine Chance für den Technologie- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Sie wollen eine Vorreiterrolle im globalen Kampf für den Umwelt- und Klimaschutz einnehmen und die deutsche Wirtschaft mit Innovationen international wettbewerbsfähiger machen.

„Die ‚grünen Märkte‘ haben weltweit ein enormes Wachstumspotenzial, und deutsche Unternehmen, insbesondere KMU, können sich hier eine starke Marktstellung sichern“, sagt Dr. Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Ihr Ministerium hat deshalb im vergangenen Herbst einen Green-Tech-Innovationswettbewerb ausgerufen, an dem 21 Forschungsprojekte teilnehmen. Die Bundesregierung fördert sie mit insgesamt 75 Millionen Euro, denn diese Projekte sollen wichtige Impulse für die digitale und nachhaltige Transformation der Wirtschaft liefern.

Grüne Technologien umfassen eine Vielzahl von Innovationen und Praktiken, die darauf abzielen, Umweltauswirkungen zu reduzieren, Ressourcen effizienter zu nutzen und eine nachhaltigere Zukunft zu schaffen. Diese fünf Trends stehen aktuell im Fokus:

1. Carbon dioxide removal (CDR)

CDR-Technologie hilft dabei, Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren (siehe Seite 14). Obwohl sie das Potenzial hat, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu senken, ist sie mit technischen, wirtschaftlichen und ethischen Herausforderungen verbunden – dabei geht es zum Beispiel um die Effizienz der Abscheidungstechnologien, die Kosten, den Landbedarf und potenzielle Umweltauswirkungen.

2. Direct air capture (DAC)

Mit der DAC-Technologie kann CO2 direkt aus der Luft entfernt werden, was zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beiträgt. Dabei werden spezielle Materialien oder Chemikalien verwendet, um Kohlendioxid zu absorbieren, das dann entweder gespeichert oder anderweitig genutzt wird. DAC ist noch in der Entwicklung und muss hinsichtlich Effizienz und Wirtschaftlichkeit weiter verbessert werden.

3. Wasserstoff

Weltweit liegen bereits seit einigen Jahren große Hoffnungen auf der Wasserstofftechnologie – nicht nur im Bereich der Mobilität. Sie gilt als wichtiger Baustein für eine nachhaltige und kohlenstoffarme Zukunft, weil sie saubere Energie ohne schädliche Emissionen liefert. Die Wasserstofftechnologie ist vielseitig einsetzbar, integriert erneuerbare Energien, dekarbonisiert Industrie und Schwerlastverkehr und reduziert die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Aber es gibt noch große Herausforderungen wie die Effizienz der Wasserstoffproduktion, die Kosten für die Infrastruktur und Speicherung sowie die Skalierung der Produktion, um die gewaltige Nachfrage aus der Industrie decken zu können.

4. 3-D-Druck

Der 3-D-Druck – auch bekannt unter dem Fachbegriff Additive Fertigung – trägt dazu bei, die Umweltauswirkungen der Fertigungsindustrie zu verringern. Damit lassen sich zum Beispiel der Materialverbrauch, der Transportbedarf und die Abfallproduktion reduzieren sowie die Effizienz und Flexibilität der Produktion erheblich verbessern. Statt Plastik kann beim 3-D-Druck zum Beispiel auch Polyactid (PLA) eingesetzt werden, ein zuckerbasiertes Polymer, das aus Mais hergestellt und aus dem unter anderem kompostierbares Besteck produziert wird.

5. Robotik und Künstliche Intelligenz

Robotik ist nachhaltig, weil sie Unternehmen eine effizientere Produktion ermöglicht, Abfall reduziert, sicherere Arbeitsbedingungen schafft, die Logistik optimiert und zur vorbeugenden Wartung beiträgt, was insgesamt Ressourcenschonung und Umweltschutz fördert. Mit dem gewaltigen Booster Künstliche Intelligenz, der Robotern sogar ein Eigenleben ermöglicht, sowie ansteigenden Kapazitäten bei der Datenverarbeitung werden die Optionen noch vielfältiger.

Carbon-Management

Positive Signale für negative Emissionen

Für die Mammutaufgabe Klimaschutz ist auf europäischer wie auf nationaler Ebene viel Regulatorik auf dem Weg. Der ehemalige Kanzlerberater Stefan Schlosser erklärt, warum negative Emissionen hier eine Schlüsselrolle spielen.

Stefan Schlosser ist seit März 2024 Geschäftsführer des Deutschen Verbands für Negative Emissionen (DVNE). Zuvor beriet er im Bundeskanzleramt sowohl die Regierungen von Angela Merkel als auch von Olaf Scholz unter anderem zu Digitalthemen sowie in Fragen des Staatsaufbaus

Die Europäische Kommission hat Anfang Februar ihre Carbon-Management-Strategie vorgestellt, mit der sie einen europäischen Binnenmarkt für industrielles Kohlenstoffmanagement schaffen will. Ende Februar zog Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck nach und stellte ebenfalls Eckpunkte für eine deutsche Carbon-Management-Strategie und einen darauf basierenden Gesetzentwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes vor. Ziel: den Weg für die Anwendung von Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) sowie die Offshore-Speicherung und den Transport von CO2 freizumachen. „CCS und CCU sollen in Deutschland ermöglicht werden. Sonst sind die Klimaziele unmöglich zu erreichen“, stellte Habeck klar.

Für den ehemaligen Kanzlerberater Stefan Schlosser, jetzt Geschäftsführer des Deutschen Verbands für Negative Emissionen (DVNE), sind das Schritte in die richtige Richtung. Aber für eine umfassende Transformation hin zu klimaneutralen, grünen Technologien und negativen Emissionen müsse mehr passieren: „Um die deutsche Wirtschaft Schritt für Schritt emissisonsfrei zu gestalten, braucht es unbedingt das Commitment der Unternehmen. Aber noch dringender braucht es einen starken regulatorischen Rahmen, der diesen Übergang unterstützt und Investitionssicherheit liefert“, so Schlosser. Insbesondere in der Zukunftsbranche CDR (Carbon Dioxide Removal) fehle ihm dieser Rahmen noch.

CRD-Branche bietet Wachstumsschancen

Als Geschäftsführer des DVNE vertritt Schlosser die führenden CDR-Experten und Unternehmen, die mithilfe innovativer Technologien Treibhausgase aktiv aus der Atmosphäre ziehen und langfristig speichern, was zu einer Nettoabnahme der Konzentration von Treibhausgasen führt und dazu beitragen kann, den Klimawandel abzumildern. Konkrete CDR-Maßnahmen sind zum Beispiel Wiederaufforstung, die Umwandlung von Biomasse zu Pflanzenkohle, direkte Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre (Direct Air Capture),
das Beschleunigen natürlicher Verwitterungsprozesse oder die Biomasseverstromung mit CO2-Abscheidung.

Dänemark oder das Vereinigte Königreich haben sogenannte Negativemissionen bereits in ihrer Gesetzgebung verankert. Deutschland müsse laut Schlosser als Technologieland nachziehen. Schließlich berge die CDR-Industrie enormes Wachstumspotenzial: „Unternehmen, die jetzt auf CDR setzen, erhalten Zugang zu neuen Märkten. Die Nachfrage nach CDRTechnologien wird in den kommenden Jahren stark zunehmen und viele neue Geschäftsmöglichkeiten bieten“, betont der DVNE-Chef. Gleichzeitig könnten Unternehmen, die auf CDR setzen, ihre Nachhaltigkeitsziele eher erfüllen und aktiv einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten. Auch als positiver Effekt auf die Reputation sei das nicht zu unterschätzen, so Schlosser.

Grüne Technologien nutzen

Die Aussichten sind vielversprechend, trotzdem braucht es weitere Anreize, um den Einsatz negativer Emissionslösungen stärker zu fördern. „Steuervergünstigungen oder Förderprogramme können helfen, aber auch Aufklärung und die Integration von CDR-Technologien in langfristige Klimaschutzpläne und -strategien“, so Schlosser. Immerhin: Die Politik bewegt sich jetzt, und auch immer mehr Unternehmen erkennen bereits die Potenziale von CDR.

 

Runter mit den Emissionen und hin zu grünen Technologien: Die CDR-Branche wächst. Das hilft, den Kohlendioxidausstoß zu verringern

 

Grüne KI

Schlaue Lösungen für grüne Technologien

Eine Kolumne von Verena Fink

Wenn wir über Künstliche Intelligenz, kurz KI, sprechen, dann meist mit dem Fokus auf Effizienzsteigerung, Prozess automatisierung und Kostenreduktion. Doch was trägt KI eigentlich zum ökologischen Fußabdruck bei?

In der Regel verbraucht das Training einer KI-Anwendung etwa so viel Energie wie das Streaming eines einstündigen Videos. KI wegen des Energieverbrauchs zu verdammen wäre aber viel zu kurz gegriffen. Denn Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, Unternehmen große Schritte in Richtung eines nachhaltigeren Wirtschaftens zu ermöglichen. Unter dem Titel „Green AI“ wird KI-Forschung geführt, die aufgrund ihrer Rechenergebnisse zu einer Ressourcenreduktion führt:

1. In der Produktentwicklung …

Zeichnung Kolumne Verena Fink

Verena Fink: Die Beraterin für kundenzentrierte Innovation und Künstliche Intelligenz von Woodpecker Finch ist Expertin des DUP UNTERNEHMER-Magazins für digitale Impulse aus aller Welt

… sichert KI „Nachhaltigkeit by Design“. Maschinelles Lernen kann Designprozesse optimieren und frühe Testzyklen sowie das Prototyping beschleunigen. KI unterstützt die Entwicklung kreislauffähiger Produkte und verbessert die Recyclingfähigkeit durch mehr Rezyklate oder Biokunststoffe.

2. In der Produktion …

… wird KI häufig für vorausschauende Instandhaltung (Predictive Maintenance) genutzt: Sie kann Schäden, Verschleiß und Ausfälle an Anlagen und Maschinen vorhersagen, damit Bestandteile rechtzeitig ausgetauscht werden, bevor ein größerer Schaden oder Produktionsausfall entsteht.

3. In Markteing und Vertrieb …

… kann KI dafür sorgen, dass Kundenfeedback systematisch und umfassend ausgewertet wird. Je besser das Unternehmen die Kundenerwartung versteht und berücksichtigt, desto effizienter werden Marketing- und Vertriebsmaßnahmen geplant. Das vermeidet Ressourcenverschwendung und Ineffizienz.

4. Im Einkauf kann das Unternehmen …

… mit KI die gesamte Wertschöpfungskette analysieren und so Beschaffungsrisiken erkennen sowie die Lieferkette transparent machen. Bedarfe für Produkte und Produktbestandteile können mit KI gezielter vorhergesagt werden.

5. In der Logistik stärkt Künstliche …

… Intelligenz die Nachhaltigkeit zum Beispiel durch die Optimierung von Fahrtrouten. Das reduziert CO₂-Emissionen, senkt Lieferzeit und Ressourcennutzung und am Ende auch die Kosten.

6. In der Unternehmensinfrastruktur …

… kann KI die Energieeffizienz zum Beispiel durch automatisierte Gebäudesteuerung optimieren. Das zahlt auf Nachhaltigkeit ein, da die Energieversorgung der meisten deutschen Unternehmen noch aus treibhausgasintensiven Energieträgern geleistet wird.

Höchste Zeit also, das Potenzial von KI konsequent für die große Transformation der Unternehmen zu nutzen.

 




Videocredit: Getty Images/Korakrich Suntornnites

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