Illustration von zwei Frauen die via Videocall miteinander sprechen
21.05.2021    Ulrike Maris
  • Drucken

Bis vor wenigen Jahren waren Videokonferenzen ein Instrument, das allein im Geschäftsalltag stattfand. Seit der Pandemie und den damit verbundenen Kontaktbeschränkungen fanden Videokonferenzen auch Eingang in die Bildung, in kulturelle Veranstaltungen, in den Gesundheitsbereich oder das Privatleben. Im April 2020 zählte die global größte Meetingplattform Zoom täglich mehr als 300 Millionen Teilnehmer an Videokonferenzen weltweit. Seit die Menschen gezwungen waren auszuprobieren, wie etwa ein Fitnesskurs oder eine Bankberatung über eine Videokonferenz läuft, haben sie deren Vorteile entdeckt.

Weltweite Zoom-Erhebung

Dies hat eine Umfrage ergeben, für die das Internet-Unternehmen Zoom insgesamt 7.689 Personen in zehn verschiedenen Ländern zu ihren Präferenzen befragt hat: in den USA, in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Brasilien, Mexiko, Japan, Indien, Singapur und Australien. Dabei wurde zum einen der Ist-Zustand abgefragt – bei welcher Gelegenheit werden Videokonferenzen genutzt – sowie die Bereitschaft, nach Beendigung des Lockdowns möglicherweise weiterhin an den Vorteilen dieses Instruments festzuhalten.

Unterschätzte Gefahr: Einsamkeit

Schon vor Ausbruch der Pandemie und der Kontaktsperre war das Thema Einsamkeit und Isolation gerade bei jüngeren Menschen verbreitet, wie eine Untersuchung aus dem Jahr 2019 zeigt. Knapp ein Viertel aller Unter-40-Jährigen fühlt sich ständig oder häufig einsam, während es bei den Über-60-Jährigen nur zu elf Prozent der Fall ist. Während der Pandemie gaben 78 Prozent der Deutschen an, dass sie Videokonferenzen für ein gutes Mittel halten, um Einsamkeit zu bekämpfen.

Damit liegt Deutschland noch nicht einmal an der Spitze. In Indien teilen 90 Prozent der Befragten diese Ansicht, in Japan allerdings nur 59 Prozent. Wenn in Zukunft die Wahl zwischen persönlichen Terminen und Videokonferenzen besteht, würden 67 Prozent der Deutschen auch im Privaten auf dieses Tool zurückgreifen. Von Video-Meeting-Müdigkeit kann also keine Rede sein.

Zahlreiche Kritikpunkte

Vor allem im Bildungswesen haben die Nutzer von Videokonferenzen auch einige Kritik an Zoom. Ganz vorn stehen die immer wiederkehrenden technischen Probleme, der fehlende persönliche Kontakt sowie die besondere Schwierigkeit des Lehrpersonals, über die Meetingplattform die Reaktionen und Lernerfolge der Teilnehmenden zu erkennen. Darauf müssten sich die Lehrenden zukünftig besser vorbereiten, so die Studienautoren. Auch die Unmöglichkeit, sich gegenseitig zu verstehen, wenn mehrere Videokonferenzteilnehmer gleichzeitig reden, wird als Kritikpunkt genannt. Hier sei es notwendig, dass sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen disziplinieren und sich gegenseitig ausreden lassen. Die Angst von Mitarbeitern, dass sie den Anschluss an das Team, an Informationen oder andere wichtige Ressourcen verpassen könnten, hat die Studie ebenfalls ermittelt. Sie verweist auf die Arbeitgeber, die hier die notwendigen Weichen stellen müssten, um diese Befürchtungen zu entkräften.

Doch in welchen Bereichen wollen Nutzer in Zukunft ihre Begegnungen virtuell abzuhalten? In Deutschland stehen Business, Bildung und Unterhaltung oben auf der Liste: Für diese Themen besteht bei mehr als 60 Prozent der Befragten die Bereitschaft, zumindest teilweise über Videokonferenzen teilzunehmen. Feierlichkeiten, Immobilienbesichtigungen sowie der Gesundheitsbereich bleiben bei vielen die Felder, bei denen nur die persönliche Begegnung zählt.

 

 

Regionale Unterschiede

Videokonferenzen werden auch zukünftig das Leben mit bestimmen, zu groß sind die damit verbundenen Vorteile: Angefangen mit der Weg- und Zeitersparnis, weil die Teilnehmer sich an keinen anderen Ort begeben, über den damit verbundene positive Umweltaspekt, bis hin zur einfachen Verfügbarkeit und Verbreitung von Arbeits- und Unterrichtsmaterialien gibt es viele positive Aspekte. Dennoch schätzen die Menschen das persönliche Miteinander, am stärksten, wenn es um Familienfeste geht.

Franzosen mögen’s persönlich

Wo also würden die heutigen Nutzer von Videokonferenzen auch in Zukunft auf dieses Instrument zugreifen – als Ergänzung zu persönlichen Treffen oder gar ausschließlich? Interessant: Die Franzosen setzen im Ländervergleich am stärksten auf ausschließlich persönliche Begegnungen, ob im Bereich Beruf, Gesundheit, Bildung, Unterhaltung oder private Feiern. In anderen Ländern ist man aufgeschlossener und kann sich viel eher hybride Begegnungen vorstellen, die zum Teil persönlich, zum Teil virtuell stattfinden. In keinem anderen Land ist das Bedürfnis, sich persönlich zu begegnen, so groß.

 

 

Die Zukunft ist hybrid-virtuell

Die meisten Menschen in den meisten Ländern haben die Vorteile von virtuellen Begegnungen schätzen gelernt. Sie wollen auch in Zukunft, wenn die Pandemie vorbei sein sollte, nicht mehr auf dieses Instrument verzichten, das Wege erspart und Kontakte vereinfacht. Auch wenn persönliche Treffen als unverzichtbar gelten, können virtuelle Begegnungen diese ergänzen. Insofern hat die Kultur durch die Pandemie eine Erneuerung erfahren.

21.05.2021    Ulrike Maris
  • Drucken
Zur Startseite