ein Arzt mit einem Tablet in der Hand. Im Hintergrund stehen zwei Kolleginnen
08.05.2023    Madeline Sieland
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Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sollten sich voll aufs Wesentliche konzentrieren können: die optimale Versorgung der Patientinnen und Patienten. Doch Praxismanagement und Administration sind große Zeitfresser.

Maximilian Waldmann will das ändern. Er ist einer der Gründer des Start-ups Eterno Health. Das Unternehmen betreibt eine Art Coworking-Space. Voll eingerichtete, mit modernster Technik ausgestattete Praxisräume samt Personal werden an Ärztinnen und Ärzte sowie Personen in Heilberufen vermietet.

Der große Vorteil: Alles, was nicht direkt mit der medizinischen Tätigkeit zu tun hat – von der Einrichtung der Behandlungszimmer über die Terminvergabe und die IT-Infrastruktur bis zur Abrechnung mit den Krankenkassen – übernimmt das Team von Eterno Health. Wer sich selbstständig machen und niederlassen will, muss sich also um kaum etwas selbst kümmern. Die Mieterinnen und Mieter benötigen allerdings ihren eigenen Arztsitz.

„Niederlassung braucht zeitgemäße neue Formate“

Zwei dieser Coworking-Spaces gibt es bereits: im Kaufmannshaus in der Hamburger City sowie im Westend-Windows-Gebäude in Frankfurt am Main. Vier weitere Standorte in Berlin, Düsseldorf, München und im Hamburger Elbtower sind in Planung.

Zur Person

Porträt von Maximilian Waldmann, CEO von Eterno Health

Maximilian Waldmann

ist Founder & CEO von Eterno Health. Er hat das Unternehmen 2021 mit Frederic Haitz gegründet. Waldmann war bereits an der Gründung diverser Start-ups beteiligt und unter anderem für auch für Google und Rocket Internet tätig

Mit welchen Herausforderungen werden Ärztinnen und Ärzte bei der Gründung einer eigenen Praxis konfrontiert?

Maximilian Waldmann: Ärztinnen und Ärzte haben sich für den medizinischen Beruf entschieden, weil sie die Arbeit am Menschen und die Versorgung lieben – nicht, weil sie Praxismanagement und BWL so gerne haben. Dennoch investieren Ärztinnen und Ärzte einen Tag pro Woche in Administration und Verwaltung. Über 500 Stunden pro Jahr stecken sie also in Dinge, die nichts mit der Medizin zu tun haben. Dies macht die Niederlassung zunehmend unattraktiv. Des Weiteren müssen Medizinerinnen und Mediziner für die Praxisgründung hohe Kredite aufnehmen und sich mit Dingen beschäftigen, welche sie nie gelernt haben. Insbesondere in Teilzeit ist die Niederlassung daher quasi nicht möglich. Über 70 Prozent der Medizinerinnen und Mediziner sind weiblich, wovon 60 Prozent nicht praktizieren. Die Niederlassung braucht also zeitgemäße neue Formate.

Welche Aufgaben nehmen Sie Ärztinnen und Ärzten in den Eterno Hubs ab, damit diese mehr Zeit für ihre Patientinnen und Patienten haben?

Waldmann: Eterno übernimmt alle nicht medizinischen Leistungen rund um das Praxismanagement und die Administration der Praxis. Von der Anamnese bis zur Abrechnung kümmert sich Eterno um moderne und effiziente Abläufe. Auch die Digitalisierung aller Praxisabläufe wird von dem Eterno-Teams vor Ort übernommen. Die Medizinerinnen und Mediziner müssen nur in die Praxis kommen und behandeln, sie können also einfach nur Ärztin beziehungsweise Arzt sein.

Was unterscheidet Ihr Angebot von einem klassischen Medizinischen Versorgungszentrum?

Waldmann: Eterno ist kein MVZ. Alle Ärztinnen und Ärzte bleiben selbstständig und nehmen 100 Prozent der Umsätze mit nach Hause. Eterno partizipiert nicht an den medizinischen Umsätzen oder Behandlungen, sondern übernimmt die Themen rund um das Praxismanagement. Wir selbst sind keine Praxis und halten beispielsweise auch keinen Kassensitz. Somit ist Eterno eine Alternative zur Einzelpraxis und zum MVZ. Neben der alternativen Struktur legen wir einen großen Wert auf die End-to-end-Digitalisierung der Praxisabläufe – und das in schönen, modernen Praxen mit Fokus auf „healing architecture“.

Für Ärztinnen und Ärzte welcher Fachbereiche sind Ihre Praxisräume geeignet? Und welche Kosten kommen monatlich auf Mieterinnen und Mieter zu?

Waldmann: Eterno bietet allen Fachbereichen der Primärversorgung die Möglichkeit selbständig zu praktizieren – ohne die Komplexitäten und notwendigen Investments in eine eigene Praxis. Nur für die Radiologie und Zahnmedizin bieten wir zur Zeit keine Option an. Ärztinnen und Ärzte zahlen für eine komplette Praxis inklusive Personal und Dienstleistungen zwischen 6.000 und 8.000 Euro monatlich.

Welche Ziele verfolgen Sie kurz- und langfristig mit Eterno Health?

Waldmann: Wir sehen mit Eterno die Möglichkeit einen neuen Standard für die moderne Primärversorgung zu setzen – nämlich digital, fachübergreifend und präventiv. Ärztinnen und Ärzten ermöglichen wir eine neue Form der Niederlassung und möchten die Attraktivität des Berufs der Medizinerin und des Mediziners deutlich steigern.

Inwiefern wäre Ihr Konzept des Coworkings auch eine Möglichkeit, dem (Fach-)Ärztemangel im ländlichen Raum zu begegnen?

Waldmann: Eterno als Modell fokussiert sich darauf, Ärztinnen und Ärzten mehr Zeit für das zu geben, was wirklich wichtig ist: nämlich mehr Zeit am Patienten. Durch die Übernahme der administrativen Leistungen wird die Relevanz des Fachkräftemangels, welcher in ländlichen Räumen stärker als in den urbanen Räumen ausgeprägt ist, entschärft. In Kombination mit der Möglichkeit eine eigene Praxis beispielsweise im ländlichen Raum in Teilzeit zu betreiben – sowohl was die Software als auch die physischen Räumlichkeiten angeht –, bietet Eterno ein zukunftsfähiges Modell für die Niederlassung in Großstädten sowie in ländlicheren Räumen.

08.05.2023    Madeline Sieland
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