Bos Food Vordenker 2022
19.09.2022    Holger Reher
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Zur Person

Ralf Bos

Der Inhaber und Geschäftsführer von Bos Food hat sein Leben in den Dienst der Kulinarik gestellt. Nach seiner Ausbildung zum Koch und Sommelier war er Restaurantdirektor und arbeitete bei verschiedenen europäischen Top-Adressen der Gastronomie. 1984 bis 85 war Bos zudem als Tourmanager für die von Ralph Siegel produzierte Popgruppe Wind tätig. Er ist erfolgreicher Buchautor und Food-Doku-Produzent.

Wie hat sich Ihr Business in den letzten Monaten entwickelt? Gibt es ein besonderes Learning aus der Corona-Krise für Ihr Unternehmen?

Ralf Bos: Wir hatten zwei sehr schwere Jahre, da wir sehr breit aufgestellt sind und deshalb an fast jedem Förder- und Coronahilfetopf haarscharf vorbeigesegelt sind. Über alles haben wir in den Jahren 2020 und 2021 jeweils einen siebenstelligen Verlust eingefahren.  Einen Großteil der Verluste haben wir selbst generiert, weil wir uns dazu entschlossen haben, keine Mitarbeiter zu entlassen und allen Mitarbeitern in Kurzarbeit ihr Gehalt auf 100% aufzustocken. Das war eine teure Entscheidung, die allerdings dazu führte, dass wir zu jeder Zeit und besonders nach Beendigung der Lockdowns auch zu 100% einsatzfähig waren. Heute generieren wir dadurch zumindest Umsätze die höher sind als vor der Corona Krise.

Was ist das Erfolgsrezept für Ihr Business?

Bos: Wir setzen seit über dreißig Jahren auf bedingungslose Qualität in Service und Produkt. Die vier Säulen unseres Erfolgs, der uns 29 Jahre in Folge (alle außer 2020 und 2021) steigende Umsätze generiert haben, sind höchste Wertschätzung für unser Kunden, unsere Mitarbeiter, unsere Lieferanten und unsere Produkte. Unsere Prinzipien lauten: Behandele den Kunden so, wie du als Kunde behandelt werden möchtest. Behandele deine Mitarbeiter so, wie du als Mitarbeiter gerne behandelt werden möchtest und behandele deine Lieferanten so, wie du als Lieferant gerne behandelt werden würdest.

Wie bleiben Sie als Unternehmen neugierig und innovativ und was tun Sie als Management, um das zu fördern?

Bos: Wir, die Gründergeneration, legen unser Hauptaugenmerk auf die Entscheidungen und Wünsche der Nachfolgegeneration. Wir haben zwar die Erfahrung, aber nicht das Fingerspitzengefühl für die Wünsche und Neigungen der neuen Generation von Leistungsträgern. Die Generation 2, die heute um die 30 Jahre alt ist, ist mit denen jedoch auf Augenhöhe und so vertrauen wir bei neuen Entscheidungen auf deren Führungsstärke und verhindern so, dass aus unserem Schnellboot ein träger Dampfer wird. Auch der Umgang mit Work-Live Balance und modernen Medien fällt uns über diese Kanäle leichter und endete nicht zuletzt darin, dass selbst wir Dinosaurier mittlerweile aktive TikToker mit eigenem Podcast und YouTube-Kanal sind.

Was ist die größte Stärke der Company? Was zeichnet Sie aus? Trauen Sie sich eine Schwäche preiszugeben?

Bos: Zu unseren Stärken zählen mit Sicherheit unsere soziale Kompetenz und unsere bedingungslose Kundenorientierung. Unsere Schwächen liegen mehr im Auge des Betrachters. Unsere Grundeinstellung zum Unternehmertum sieht nicht die Kapitalmaximierung als oberste Priorität. Eine gesunde Mischung aus einem guten Miteinander mit Mitarbeitern, Umwelt und den Zwängen der Wirtschaft bzw. den Behörden ist uns viel wichtiger als der reine Profit. Deswegen könnten profitorientierte Betrachter unseren überschaubaren aber dafür ständig vorhandenen EBIT, als eine Art Schwäche einordnen.

In wenigen Worten: Was tun Sie, um den digitalen Anschluss nicht zu verpassen?

Bos: Wir investieren in kundenfreundliche Software und stecken Millionen in eine reibungslos laufende IT.  Unser Außenauftritt wird durch die modernen Medien wie TikTok, Instagram und Pinterest gesteuert. Facebook wird bedient, hat aber kein Hauptaugenmerk mehr. Ein reibungslos laufender Internetshop war schon vor 20 Jahren bei uns eine Selbstverständlichkeit. Aggressive Werbung wie Retargeting ist im Augenblick noch kein Thema für uns, da wir diese Art von Belästigung eher negativ bewerten, was sich aber unter veränderten Bedingungen auch bei uns ändern kann. Targeting Aktionen finden wir wesentlich besser und sie sind auch ein Teil unserer Optionen, die wir einsetzen, wenn wir eine Notwendigkeit spüren. Die KI wird akribisch beobachtet und wir warten noch auf einen passenden Einsatz für uns, wobei wir Bots für die Kundenkommunikation prinzipiell und über alle Generationen hinweg verachten und somit ausschließen.

Was macht Ihr Unternehmen bei Bestandskunden besonders erfolgreich?

Bos: Die vielleicht allergrößte Stärke unseres Unternehmens liegt vermutlich in der bisher erworbenen Kundentreue. Wir vergleichen uns da gerne mit den Oberklassefahrzeugen von Mercedes Benz. Viele haben sie und sind zufrieden, viele mehr hätten sie gerne, können sie sich aber nicht leisten. Es gilt aber für alle Fahrer, Neue wie Alte, wer einmal eine Weile den Mercedes gefahren hat, wird nur unter großen Entbehrungen auf einen Mittelklassewagen oder einen Kleinwagen zurück umsteigen. Die große Menge an Service und Qualität, die unsere Kunden erfahren, macht uns für viele unentbehrlich.

Was ist ihr Erfolgsfaktor, um Neugeschäft zu gewinnen?

Bos: Wir haben den großen Vorteil, dass wir den Hauptteil unserer Kunden noch immer über Mund-zu-Mund-Propaganda gewinnen. Unsere Zielkundschaft, Gastronomen und Gourmets sind relativ überschaubar. Auch die Premiumanbieter sind in diesem Bereich quantitativ sehr gering. Was dazu führt, dass wir nach über dreißig Jahren wirtschaftlichen Erfolgs über eine hohe Bekanntheit in dieser Szene verfügen. Gleichzeitig haben wir einen sehr guten Ruf, was Service und Produktqualität angeht. Darauf aufbauend ist die Neukundenakquise so gesehen einfach. Unsere Herausforderung liegt eher in der Aufgabe, unsere Kundschaft immer wieder mal an uns zu erinnern und neue Produkte vorzustellen. Hierzu nutzen wir neben den modernen Medien auch klassische Medien wie Newsletter und Affiliate Marketing.

Was tun Sie, um den Service zu verbessern?

Bos: Im Großen und Ganzen gilt bei uns die Aussage: Wir machen es uns komplizierter, wenn es dafür für den Kunden einfacher wird. Im Detail heißt das, dass neben persönlicher Beratung und einem extrem einfachen Bestellvorgang auf allen Ebenen – Webshop, E-Mail, Fax, telefonisch, persönlich oder E-Procurement – es für den Kunden zu einer Fire and Forget Situation kommen soll. Wir kümmern uns um alles Weitere. Same Day Delivery im Nahbereich und 24 Stunden Zustellung im Rest der EU sind unsere Mindeststandards. Versandkostenfreie Lieferung ohne Mindestbestellmenge sind in Deutschland im B2B-Business ebenfalls Standard. Viel mehr Luft nach oben bleibt nicht mehr.

Nennen Sie ein konkretes Beispiel wie Ihr Unternehmen Service lebt.

Bos: Service ist der Dreh- und Angelpunkt unserer Firma, und zwar in allen Bereichen. Egal ob Verkauf, Beratung, Verpackung, Versand und vor allem After Sell Service werden bei und nicht nur gelebt, sondern fast schon zelebriert. Unsere Mitarbeiter sind stolz in einem solch professionellen, zuverlässigen und freundlichen Team arbeiten zu dürfen. Das ungeliebte Kind der Reklamationsbearbeitung ist bei uns ein Schlüssel zum Erfolg. Eine Reklamation ist für uns kein lästiges Übel, sondern die Möglichkeit, aus einem halbwegs zufriedenen Kunden einen glücklichen Kunden zu machen. Das ist unser Anspruch bei jeder Reklamation und die Benchmark, an der sich jede andere Abteilung oder Dienstleistung bei uns messen lassen muss.

Was tun Sie, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren? Was bieten Sie aktuellen und zukünftigen Mitarbeitenden? Gibt es eine Maßnahme, die Sie mit Stolz erfüllt?

Bos: Unsere Mitarbeiter sind Menschen und genau so sehen wir sie und so ist unser Umgang mit Ihnen. Wir verstehen uns mehr als große Familie als eine Hierarchie. Hierarchie wird bei uns ohnehin sehr klein geschrieben. Alle Mitarbeiter duzen sich. Auch der Lehrling duzt den Inhaber, wenn er will. Muss er aber nicht (ist ja eine Firma und keine Sekte). Dass das Betriebsklima gut ist und die Arbeit größtenteils auch Spaß macht, spiegelt sich in der Tatsache wider, dass es unter den 200 Mitarbeitern eine große Menge von Ehepartnern und Eltern mit Kindern gibt. Die Fluktuation ist sehr gering und die Anzahl der Bewerbungen von Mitarbeitern der Marktbegleiter ist gleichbleibend hoch. Bosfood Mitarbeiter genießen das Privileg, von unserer Personalabteilung durch private finanzielle Engpässe professionell begleitet zu werden und werden so oft aus hoffnungslosen Situationen manövriert. Stolz ist hier eher der Tatsache geschuldet, dass wir vielen Hundert Familien aus Dutzenden von Ländern ein würdevolles und faires Umfeld geschaffen haben und dass Herkunft in unserer Betrachtungsweise keine Rolle spielt.

19.09.2022    Holger Reher
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