Eine Sanduhr, welche die Arbeitszeiterfassung darstellt.
18.12.2023    Olivia Schlumm
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Achim Berg, Bitkom Präsident, kam kurz nach Urteilsverkündung zu einem ersten Fazit: „Die Stechuhr passt nicht ins Homeoffice – und sie läuft den Interessen vieler Unternehmen und ihrer Beschäftigten zuwider.“ Dabei sehen bei dem Gesetzesentschluss viele Unternehmen ein großes Problem bei der unkonkreten Umsetzung. Muss jetzt wieder gestempelt werden? Wie können Arbeitszeiten digital erfasst werden? Was zählt zur Arbeitszeit und was nicht? Fragen über Fragen häufen sich, die bei der Umsetzung der Arbeitszeiterfassung bei Unternehmen aufkommen. Entsprechend zeigt sich dies auch in einer Studie der Bitkom vom Mai 2023: Zwei Drittel der Unternehmen beklagen erheblichen bürokratischen Mehraufwand bei der Arbeitszeiterfassung.

Gründe für die aufkommenden Probleme der Arbeitszeiterfassung

Insbesondere einen finanziellen und administrativen Mehraufwand stellt das Urteil dar. Entsprechend zeigten die Zahlen aus einer Studie des Bitkom, dass im April 2023 gerade mal knapp zwei Drittel die Erfassung der Arbeitszeit umgesetzt haben. Gründe dafür sind ein hoher Aufwand und mangelnde Flexibilität. Entsprechend fordern rund 78 Prozent, dass die gesetzliche Neuregelung des Arbeitszeitrechts die tägliche durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ersetzt.

Das nutzen Unternehmen zur Arbeitszeiterfassung

Neben dem klassischen Stempeln gibt es allerdings auch andere Arten und Formen die Arbeitszeiten zu erfassen. Folgende Möglichkeiten werden bereits in den deutschen Unternehmen umgesetzt:

  • Rund ein Drittel nutzt ein elektronisches System, das am Computer (28 Prozent) oder per Smartphone-App (17 Prozent) genutzt wird,
  • Ein Viertel der Unternehmen setzt auf die klassische Stempel- oder Stechuhr,
  • Rund 22 Prozent setzen auf ein stationäres Zeiterfassungssystem, das mittels Karte, Chip, Transponder oder Fingerabdruck bedient wird (22 Prozent),
  • Mit einem Viertel sind Excel-Tabellen eher weniger beliebt,
  • 16 Prozent nutzen noch den handschriftlichen Stundenzettel.

Somit sind die Möglichkeiten der Arbeitszeiterfassung vielfältig. Doch Berg betont:  „Unternehmen sollten digitale Lösungen zur Arbeitszeiterfassung einsetzen. Diese Tools sind einfach zu bedienen und Mitarbeitende können sie auch im Homeoffice verwenden.“

Wie stehen Expertinnen und Experten zu der Änderung?

Nadine Riederer, CEO bei Avision, ist sich sicher: „Besonders das Homeoffice macht eine fehlerfreie Erfassung schwierig. Denn auch Log-in-Zeiten am PC spiegeln nicht die gesamte Arbeit wider und eine wirkliche Kontrolle liegt nicht vor, vielmehr läuft lediglich eine digitale Uhr im Hintergrund. Wie könnte eine gesetzlich konforme Lösung also aussehen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einerseits Freiheiten gewährt und andererseits Unternehmen einen Überblick über die Arbeitszeiten ihrer Angestellten liefert? Bei der Beantwortung dieser Frage sollten wir uns zunächst von dem Irrglauben verabschieden, dass eine hundertprozentig fehlerfreie Erfassung möglich ist.“ Riederer appelliert an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, dass deren gesetzliche Pflicht mit der Bereitstellung eines Trackingtools erfüllt ist. Denn insbesondere im Homeoffice gestaltet sich eine Umsetzung schwierig.

„Fakt ist, der Schutz vor Fremd- und Selbstausbeutung ist wichtig und daher auch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts absolut nachvollziehbar. Trotzdem ist für mich eine Zeiterfassung in dieser Form ein Bürokratie-Monster aus der Steinzeit der Arbeitswelt – zumindest was unsere Branche betrifft“, stellt Kai Grunwitz, Geschäftsführer der NTT Ltd. in Deutschland, klar. Er sieht entsprechend große bürokratische Hürden in der IT-Branche. Dabei sieht er Führungskräfte in der Verantwortung Vorbilder für seine Belegschaft zu sein und keine E-Mails am Wochenende oder nach Feierabend zu senden. Das erzeuge sonst nur Druck bei den Mitarbeitenden.

Ist die Vertrauensarbeitszeit verloren? 

Beide Expertinnen und Experten sind sich sicher: Durch die Möglichkeit des mobilen Arbeitens ist eine fehlerfreie Zeiterfassung kaum möglich. Entsprechend sind insbesondere die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Verantwortung trotz gesetzlicher Notwendigkeiten seiner Belegschaft zu vertrauen. Entsprechend kann das Gefühl von permanenter Kontrolle gesenkt werden, denn dies war einer der größten Sorge bei Ankündigung des Urteils. Denn durch die Bereitstellung eines Tools sei die Pflicht seitens der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber erfüllt, entsprechend sollte die Belegschaft die Freiheiten sich nehmen und die Arbeitszeiten tracken.

18.12.2023    Olivia Schlumm
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