Symbolbild Wachstumschancengesetz: Münzen aufgestapelt, ein Graph und Pfeile, die nach oben zeigen.
13.03.2024    Andreas Busch
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Am 22. März hat der Bundesrat dem „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“, kurz Wachstumschancengesetz, zugestimmt. Damit verbinden aber Selbstständige nur noch wenig Hoffnung auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation ihrer Firmen. Dies zeigt die aktuelle DUP-Monitor-Umfrage des DUP UNTERNEHMER-Magazins unter Unternehmerinnen und Unternehmern im März 2024.

Mehrheit der Befragten von Kürzungen enttäuscht

Im vergangenen Jahr hatten nach der Verabschiedung der ersten Version des Gesetzes im Bundestag noch rund 27 Prozent Impulse für ihr Unternehmen erwartet. Bei etwa 64 Prozent war dies nicht der Fall. Doch die zunächst vorgesehenen Erleichterungen von rund sieben Milliarden Euro wurden nach dem Durchlauf im vom Bundesrat angerufenen Vermittlungsausschuss auf nur noch etwa drei Milliarden Euro zusammengestrichen. Dies trübt bei etwa 70 Prozent der Befragten die wirtschaftlichen Erwartungen. Nur gut 22 Prozent sehen keine Verschlechterung.

Abschreibungsmöglichkeiten zu gering

Deutliche 86 Prozent der Befragten halten die jetzt geltenden Abschreibungsmöglichkeiten, wie etwa die befristete Wiedereinführung der degressiven Afa oder die Sonderabschreibung von Investitionskosten, insbesondere für kleinere Unternehmen, als nicht ausreichend. Nur etwas mehr als vier Prozent der Befragten erscheinen die Maßnahmen als genügend.

Ursprünglich war mit dem Wachstumschancengesetz eine Prämie für Klimaschutzinvestitionen geplant, die wurde gestrichen. So wollen 64 Prozent der befragten Firmen kein Geld in diesen Bereich stecken. Lediglich knapp 27 Prozent wollen dies trotzdem tun.

Zur Person

Portraitfoto Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen)

Katharina Beck

ist Finanzpolitische Sprecherin und Leiterin AG Finanzen in der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die GRÜNEN sowie stellvertretende Vorsitzende im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags

Zur Person

Portraitfoto Reinhard Houben (FDP)

Reinhard Houben

ist Mitglied des Deutschen Bundestags und Wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

Wichtige Impulse

Katharina Beck, Finanzpolitische Sprecherin und Leiterin AG Finanzen, Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die GRÜNEN und Stellvertretende Vorsitzende, Finanzausschuss des Deutschen Bundestags sowie Reinhard Houben, Mitglied des Bundestags und Wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion beziehen Stellung zur Diskussion um das Gesetzvorhaben.



DUP UNTERNEHMER-Magazin: Warum braucht die deutsche Wirtschaft das Wachstumschancengesetz jetzt unbedingt?

Katharina Beck (Bündnis 90/Die GRÜNEN): Das Gesetz bringt Unternehmen und Beschäftigten wichtige Anreize für Investitionen, umfassende finanzielle Impulse für den Wohnungsbau und noch dazu Bürokratieabbau und Vereinfachungen bei der Steuerabrechnung. Es ist ein Trauerspiel mit welcher Unverantwortlichkeit die Merz-Union ihre Blockade gegen diese wichtigen Impulse für die Wirtschaft aufrecht erhält. Absurd ist, dass fast alle Maßnahmen des Gesetzes Forderungen der Union selbst sind, es scheint hier nur um Parteipolitik und Destruktion in Richtung Ampel zu gehen. Dabei sollte allen Demokratinnen und Demokraten das Land und sein Wohlstand wichtiger sein als eine politische Show auf dem Rücken der Wirtschaft.

Reinhard Houben (FDP): Beim Wachstumschancengesetz gilt „nomen est omen“. Es setzt wichtige Impulse, um aus der Rezession herauszuwachsen. Durch die steuerlichen Erleichterungen, die besseren Abschreibungsbedingungen und den erweiterten Verlustrücktrag wird die derzeit angekratzte Liquidität der Unternehmen wieder gestärkt. Insbesondere mit der Investitionsprämie schaffen wir ein von vielen Ökonomen gelobtes Instrument, um neue Investitionen in zukunftsweisende Bereiche anzureizen.

3,2 statt der ursprünglich vorgesehenen 7 Milliarden Euro jährlich – bringt diese Förderung überhaupt eine spürbare Entlastung für die deutsche Wirtschaft?

Beck: Unternehmen in Deutschland können sich über finanzielle Erleichterungen, vor allem bei Investitionen und über Bürokratieabbau freuen. Das Gesetz ist nun vom Umfang her kleiner, auch um kommunale und Länderhaushalte zu entlasten. Dafür sind viele sehr wichtige Impulse gerade für den Mittelstand erhalten geblieben, wie zum Beispiel die Verdoppelung der Sonderabschreibung. Wichtig für den Innovationsstandort Deutschland ist auch die großzügige Ausweitung der Forschungszulage. Zentral ist der nachhaltige Bau-Booster für Mietwohnungen: Sowohl finanziell gibt es durch mehrere Abschreibungsmöglichen sehr starke Anreize, jetzt wieder zu bauen. Die Beschlüsse sind aber auch ein echter „game changer“ für die sozial-ökologische Marktwirtschaft: Denn öko-sozialer Neubau von Mietwohnungen wird mit diesem Gesetz in vielen Fällen finanziell sogar günstiger als konventioneller Bau. Bei Bürokratieabbau und Digitalisierung konnten wir vieles aufrecht erhalten, denn hier sind kaum finanzielle Einbußen zu erwarten, und entlasten Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer zum Beispiel durch weniger Notwendigkeiten bei der Steuererklärung.

Houben: Jede Entlastung ist ein Gewinn für die Unternehmerinnen und Unternehmer. Insofern müssen sich auch die Ministerpräsidenten der Union fragen lassen, weshalb sie beim Volumen des Wachstumschancengesetzes die Axt ansetzen und es derzeit im Bundesrat komplett blockieren. Friedrich Merz und seine Parteifreunde erweisen den Unternehmen einen Bärendienst. Klar ist, dass neben dem Wachstumschancengesetz weitere Schritte notwendig sein werden, um die Wirtschaft zu entlasten. Dabei stehen insbesondere das Bürokratieentlastungsgesetz und die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags für die Unternehmen im Fokus.

Welches sind aus Ihrer Sicht über das Wachstumschancengesetz hinaus die wichtigsten Maßnahmen, um die Konjunktur anzukurbeln?

Beck: Wir fordern den „Deutschland-Investitionsfonds für Bund, Länder und Kommunen“, mit dem wir in Milliardenhöhe in die Modernisierung und Dekarbonisierung unserer Infrastruktur als wichtiger Faktor einer florierenden Wirtschaft und funktionierenden Gesellschaft investieren wollen. Zweitens machen wir uns für eine umfassende und für den Steuerstandort Deutschland innovative steuerliche Förderung von Investitionen in Zukunftstechnologien stark, ähnlich dem Konzept der „Tax-Credits“ im „Inflation Reduction Act“ der USA. Damit wollen wir im großen Stil private Investitionen in Zukunftstechnologien hebeln und so Deutschland zu einem wichtigen Produktionsstandort für Schlüsseltechnologien wie Solar, Wind, Wasserstoff oder Batterien machen. Wir haben hier im internationalen Wettbewerb viel aufzuholen, auch geopolitisch ist dieser Schritt sehr wichtig. Drittens ist die Stärkung der Kaufkraft und Binnennachfrage entscheidend, wofür wir ein Bündel an Maßnahmen – wie die Anhebung des Mindestlohns oder Steuererleichterungen im dreistelligen Bereich für die circa 48 Millionen einkommensteuerpflichtig Arbeitenden – bereits beschlossen haben.

Houben: Ein entscheidender Hebel für Entlastung ist der Bürokratieabbau. Das Bürokratieentlastungspaket von Justizminister Buschmann entschlackt den Verordnungsdschungel und verschafft den Unternehmen wieder mehr Zeit abseits des Schreibtischs. Zum anderen müssen wir uns auch die Unternehmenssteuern genauer ansehen. Nach Berechnungen des IW Köln zahlen die Unternehmen weiterhin pro Jahr sieben Milliarden Euro an Solidaritätszuschlag. Angesichts der angespannten Konjunktur kann es sich die Bunderegierung nicht leisten, dieses Thema auszusparen und sollte den Soli komplett abwickeln.

13.03.2024    Andreas Busch
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