Illustration in blau und grünen Farben des Portraitfotos von Oliver Lüsch.
17.02.2022    Arne Gottschalck
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Firmen im Silicon Valley haben in Sachen Digitalisierung und Modernisierung gute Karten. Gegründet auf der sprichwörtlichen grünen Wiese, lassen sich neue Erkenntnisse, Strömungen und Technologien viel besser umsetzen als in Unternehmen mit einer langen Historie. Dies ist aber keine Entschuldigung, um zu verharren, findet Oliver Lüsch, Vorsitzender des Vorstands der BBBank.

Zur Person

Oliver Lüsch

ist Vorsitzender des Vorstands der BBBank. Mit in sein Themenspektrum fallen die Mega­trends Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Zuvor hat er unter anderem für Commerz Finanz und die Commerzbank gearbeitet

Auf dem Papier lassen sich Ihre Tradition und Moderne gut miteinander verbinden. Aber wie funktioniert das in der Praxis?

Oliver Lüsch: Es ist tatsächlich ein Balanceakt. Als BBBank sind wir unglaublich erfolgreich und gewinnen viele junge Kunden, weil wir ein sehr gutes digitales Angebot haben. Gleichzeitig haben wir viele Mitglieder, die schon seit Jahrzenten bei uns sind. In der Praxis kann die Erwartungshaltung an die Bank also eine andere sein. Aber es gibt immer etwas Verbindendes. Nehmen wir zum Beispiel unseren englischen Claim „Better Banking“. Also Traditionsmarke für die BBBank ein echtes Wagnis. Heute erhalte ich sehr viel Zuspruch aus allen Altersgruppen für diesen Schritt. Wir drücken damit auf moderne Weise den Anspruch aus, den die Bank in ihrer 100-jährigen Tradition schon immer hatte. Wir wollen das Banking besser machen – für alle unsere Kunden.

Banking arbeitet immer wieder mit erklärungsbedürftigen Produkten. Wie sorgen Sie dafür, dass die Kunden bei der Stange bleiben und nicht überfordert werden?

Lüsch: Indem wir unsere Produkte vereinfachen und an den Bedürfnissen der Kunden ausrichten. Viele Produkte sind unnötig kompliziert und werden in ihrer Tiefe nicht benötigt. Das ist im Banking nicht anders als bei einem Auto. Auch hier nutzen nur die wenigsten Menschen alle Assistenzsysteme, die ein modernes Auto mit sich bringt. Wir legen sehr viel Wert auf die persönliche Beratung, denn diese differenziert uns von vielen anderen Angeboten am Markt. Die individuellen Bedürfnisse unsere Kunden können unter Umständen sehr komplex sein. Unsere Aufgabe ist es, sie zu verstehen und dann einfache, transparente und nachhaltige Lösungen zu finden. Genau das nennen wir „Better Banking“.

„Better Banking“ ist Ihr Claim. Wie wird man besser?

Lüsch: Zuhören, verstehen, umsetzen. Wenn wir verstanden haben, was unsere Kunden von uns benötigen, dann können wir es auch liefern. „Better Banking“ bedeutet für mich, dass wir das Banking jeden Tag ein Stück besser machen. Die gesamte Organisation hat also den Anspruch, Ideen einzubringen und umzusetzen, damit wir diesem Leistungsanspruch gerecht werden.

Wie sorgen Sie dafür, dass Ideen nicht nur Ideen bleiben, sondern am „Bankschalter“, beim Mitarbeitenden und damit beim Kunden ankommen?

Lüsch: Durch eine gute Kommunikation versuchen wir immer wieder, unseren Mitarbeitenden das Ziel und damit den Sinn unserer Bank transparent zu machen. Als genossenschaftliche Bank sind wir viel mehr als andere Institute unseren Kunden und Mitgliedern verpflichtet. Auf diesem Verständnis aufbauend können wir den Transfer in die Praxis und zu unseren Kunden schaffen. Interdisziplinäre Teams schauen sich zum Beispiel gemeinsam die Kundenreise an und finden Prozesse, die wir verbessern können. Gerne binden wir dazu auch die Kunden direkt ein.

Wie oft muss ein neuer Ansatz, ein neuer Prozess hinterfragt werden?

Lüsch: Als BBBank sind wir sehr agil aufstellt. Das heißt, dass wir uns immer wieder hinterfragen und neu an den Kundenbedürfnissen ausrichten. Fehler zu machen ist explizit erlaubt, denn wir lernen daraus für die Zukunft. Und trotzdem haben wir eine unternehmerische Überzeugung. Wir kennen das Zielbild der Bank und setzen dieses konsequent um. Man kann sagen, dass wir ein Ziel haben und den Weg dorthin hinterfragen. Aber eben nicht anders herum.

Haben Sie ein unternehmerisches Vorbild?

Lüsch: Als Vorstand und Unternehmer ist es meines Erachtens wichtig zuzuhören. Den Kunden, den Mitarbeitern und den Personen, die man auf seiner beruflichen und privaten Laufbahn trifft. Ich hatte das Glück, viele interessante Persönlichkeiten kennenzulernen. Aus den Einzelteilen dieser Gespräche setzt sich für mich eine Art idealtypisches Vorbild zusammen.

Auf welche Maßnahmen zur Mitarbeiterentwicklung und Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit setzen Sie?

Lüsch: Eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit entsteht für mich, wenn drei Dinge erfüllt sind. Erstens: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen das gemeinsame Zielbild der Bank und wissen, wofür sie arbeiten. Deswegen habe ich 2021 in 27 Mitarbeiterveranstaltungen unsere Strategie „Better Banking 2025“ vorgestellt und mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen vor Ort persönlich ausgetauscht. Zweitens brauchen die einzelnen Teams im Rahmen des Zielbilds möglichst viel Flexibilität, um eigenverantwortlich zu arbeiten. Nur dann entsteht die Motivation, alte Wege zu verlassen und Neues auszuprobieren. Drittens ist mir eine gemeinsame und bereichsübergreifende Arbeit wichtig. Viele Unternehmen, gerade im Mittelstand, entwachsen ihren alten Strukturen und beginnen sich dann selbst zu lähmen. Deswegen bauen wir die Barrieren ab und bringen interdisziplinäre Teams zusammen. Denn der gemeinsame Erfolg macht jeden Einzelnen zufrieden.

Welche Rolle spielen Innovationen in Ihrem Geschäft? Und wie fördern Sie die Innovationskultur?

Lüsch: Mit unserer Strategie „Better Banking 2025“ transformieren wir gerade unser Geschäftsmodell. Eine positive Innovationskultur steht dabei im Zentrum der Strategie. Nichts nehmen wir als gegeben hin. Wir haben ein klares Zielbild für die Zukunft der Bank und wir kennen den Weg dorthin. Und trotzdem geben wir dem Zufall systematisch eine Chance. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen bereichsübergreifend arbeiten, Dinge ausprobieren und Fehler machen dürfen. Konkret passiert das in der BBBank durch regelmäßige Leistungsfeldworkshops. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen erhalten hier die Möglichkeit, ein ganz konkretes Kundenproblem zu lösen. Dabei ist uns wichtig, dass es keine Denkbarrieren gibt. Gerade aus diesem Format entstehen immer wieder sehr kreative Lösungen. Wir geben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Raum und die Zeit, innovativ zu sein und bestehende Lösungen neu zu denken.

Wie wichtig ist für Ihr Unternehmen die Digitalisierung? Auf welche Projekte sind Sie besonders stolz und was haben Sie sich für das Jahr 2022 vorgenommen?

Lüsch: Wir sind ein digitaler Vorreiter unter den Privatkundenbanken in Deutschland. Unser Ziel ist es, zu jedem Zeitpunkt schneller, digitaler zu sein und das Banking für unsere Kundinnen und Kunden einfacher zu machen. Ein Beispiel ist unsere digitale Baufinanzierung. Als eine der ersten Banken in Deutschland haben wir eine Lösung entwickelt, die von der Immobiliensuche bis zur Auszahlung voll digital abläuft und damit letztes Jahr die Auszeichnung zum „Finanzprodukt des Jahres“ gewonnen. So liefern wir „Better Banking“. Außerdem haben wir mit der „BBBank Vermögensverwaltung“ eine voll digitale, nachhaltige Anlagelösung geschaffen. Für das Jahr 2022 haben wir ein umfassendes Weiterbildungskonzept für alle Mitarbeitenden aufgesetzt. Mit dem „Digitalen Führerschein der BBBank“ investieren wir in das digitale Mindset und Knowhow unserer Mitarbeiter, um langfristig und umfassend von den Entwicklungen der Digitalisierung zu profitieren.

In welchem Bereich haben Sie den größten Bedarf an Mitarbeitenden? Und mit welcher Recruiting-Maßnahme haben Sie die besten Erfahrungen gemacht?

Lüsch: Aktuell suchen wir in vielen Bereichen neue Kolleginnen und Kollegen. Insbesondere in der Kundenberatung und im Bereich Digitalisierung. Besonders erfolgreich ist unser Programm „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“. Denn unsere Mitarbeitenden wissen, wen wir brauchen und wer gut zu unserer Philosophie passt. Ergänzend investieren wir in unsere Ausbildung und rekrutieren vermehrt über die Sozialen Medien. Nicht nur die Kunden der Zukunft sind dort aktiv, sondern eben auch potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Nennen Sie uns drei Gründe, warum im „War for Talents“ die Besten zu Ihnen kommen sollten.

Lüsch: Unser Leistungsversprechen „Better Banking“ übertragen wir mit „Better Working“ auch auf unsere Unternehmenskultur. Wir suchen Menschen, die sich gut in die Bedürfnisse unserer Kunden einfühlen können, diesen glaubwürdig und wertschätzend zur Seite stehen, Veränderung als Chance begreifen und Spaß an Leistung und Erfolg haben. Wir fördern unsere Talente und Leistungsträger ganz individuell und sind gleichzeitig familienfreundlich und flexibel. Nicht zuletzt sind wir eine Genossenschaft, eine Community mit gesellschaftlichem Beitrag. Immer mehr Menschen verstehen, dass dies ein echter Mehrwert ist und ihrer Arbeit einen Sinn gibt. Immer mehr junge Menschen wollen ein Teil davon sein.

17.02.2022    Arne Gottschalck
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