Ein Bildschrim zeigt Aktienkurse
05.08.2021    Arne Gottschalck
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Gewohntes Bild – jedes Jahr und jedes Quartal wächst die Summe des nachhaltig verwalteten Vermögens in der Welt. Ein Bild, das auch weiterhin stimmt. Nur eben nicht im zweiten Quartal dieses Jahres. Von April bis Ende Juni gab es einen „dip“, wie es das Analysehaus Morningstar in einer Studie schrieb. In Zahlen: Zwar sammelten entsprechende Fonds in diesem Dreimonatszeitraum weltweit rund 139,2 Milliarden US-Dollar ein. Doch im Vorquartal lag das Plus bei 184 Milliarden – also ein Rückgang von 24 Prozent.

Nachhaltige Geldanlagen sind „unaufhaltbare Entwicklung“

Ist die Flaute ein globales Phänomen? Nein – denn vor allem in Europa lahmte der grüne Zug der Zeit. Und lahmen ist relativ, wie man bei Morningstar betont. „Alle Fondszuflüsse sind im zweiten Quartal gesunken“, sagt Hortense Bioy, Global Director of Sustainability Research bei Morningstar. Bedeutet: „Die Anleger haben weniger Geld in Fonds im Allgemeinen gesteckt, nicht nur in ESG-Fonds.“ Das gelte im Vergleich zum ersten Quartal 2021.

An einer nachhaltigen Zukunft ändert das aber nichts. „Die Neu- und Re-Allokation von Kapital im Sinne einer sozial-ökologischen Bewusstseinsbildung bei Investoren und damit der deutliche Anstieg von Nettozuflüssen in entsprechende Angebote ist eine unaufhaltbare, weil absolut notwendige Entwicklung“, sagt Jan Köpper, Leiter Wirkungstransparenz und Nachhaltigkeit bei der GLS Bank. „Auch wenn es zwischenzeitlich zu einer Abnahme der Zuflüsse kommt, ist dies nur Symptom eines sich ändernden Marktes, der nicht mehr umhinkommt, die Relevanz von sozial-ökologischen Grundlagen und damit Stabilisierungseffizienzen für das gesellschaftliche Zusammenleben aktiv zu berücksichtigen.“

Gift für grüne Anlagen?

Doch es gibt noch Stolpersteine für Anbieter und auch für Anleger: „Die Unsicherheit in Bezug auf inhaltliche Mindestanforderungen für nachhaltige Fonds, die teilweise drastisch verkürzten Kommunikationsinhalte der Anbieter sowie die Sorge vor „Greenwashing“. Hinzu kommen die mangelnden nachhaltigen Anlagemöglichkeiten und die aufsichtsrechtlichen Einschränkungen zur Investition in Small- & Mid-Caps oder Alternative Investments – die teils über eine deutlich positivere Nachhaltigkeitsleistung verfügen als Blue Chips. Diese Faktoren werden die Marktteilnehmer weiterhin begleiten und damit keine kontinuierliche sondern eher wellenförmige Zuflüsse nach sich ziehen“, sagt Köpper.

Unter dem Strich dürfte das Abflauen des Anlegerinteresses nicht von Dauer sein. In diese Richtung weisen auch die Zahlen von Morningstar. Sie zeigen: Das Phänomen ist inzwischen einfach zu groß geworden, um zu schwinden. „Die Zuflüsse in Nachhaltigkeitsfonds machen noch immer rund 42,7 Prozent der gesamten Zuflüsse in Europa aus“, sagt Bioy – nämlich 112,4 Milliarden bei insgesamt 263 Milliarden Dollar.

Und der Stolperstein „Greenwashing“? Tatsächlich könnte an dieser Stelle die deutsche Finanzaufsicht BaFin helfen. Die hat kürzlich einen Entwurf für eine Richtlinie vorgelegt, die auch darauf abzielt, Anleger vor Irreführungen über die tatsächliche Nachhaltigkeit von Fonds zu schützen. Mehr Klarheit dürfte zu  mehr Nachhaltigkeit führen. Damit wäre auch die grüne Delle Geschichte.

05.08.2021    Arne Gottschalck
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