Flamingos stehen in einer Pfütze vor Alpen
31.05.2021    Martin Hintze
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Zur Person

Julius van Sambeck

ist Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Ethius Invest, einem auf nachhaltige Investments ausgerichteten Vermögenverwalter mit Sitz in Luzern

Sie haben Anfang März den Fonds Ethius Global Impact aufgelegt. Er investiert in 50 Unternehmen aus dem Global Challenges Index (GCX). Handelt es sich also um einen passiven Fonds?

Julius van Sambeck: Nein, das Gegenteil ist der Fall. Die Gewichtung der einzelnen Titel des GCX in unserem Fonds ist einzigartig. Kleinere Firmen haben bei uns ein höheres Gewicht als in den Fonds unserer Mitbewerber. Darüber hinaus betreiben wir Engagement mit den Fondsunternehmen und nehmen Abstimmungen auf Hauptversammlungen treuhänderisch für unsere Kunden wahr. Außerdem reichen wir 15 Prozent der Verwaltungsgebühr unter Berücksichtigung markt-konformer Fondskosten an die Ethius Stiftung weiter. Diese systematische Umsatzabgabe gekoppelt an das Fondsvermögen ist hoch innovativ. Bis anhin gibt es nur einige Vermögensverwalter die punktuell überschüssige Gewinn- anstatt Umsatzabgaben leisteten. Alle Anteilsklassen eines Fonds jedoch systematisch mit Hilfe einer unabhängigen Stiftung diesem Modell zu unterliegen ist bis jetzt einzigartig.

Wozu verwendet die Stiftung das Kapital?

van Sambeck: Die Ethius Stiftung schafft eine Brücke zwischen Finanzplatz und sozialem Unternehmertum. Sie unterstützt Programme und Projekte in den Handlungsfeldern der globalen Herausforderungen wie zum Beispiel Knappheit von Trinkwasser und Biodiversitätsverluste. Die Einzahlung eines Teils der Verwaltungsvergütung in die Stiftung stellt sicher, dass der Fonds seine positive Wirkung auch in nicht-kommerziellen Lebensbereichen entfaltet und dazu beitragen kann, diese weiterhin zu schützen. Dabei hat die deutsche Regierung vielfach die Dringlichkeit betont die Investitionen für den Erhalt von Biodiversität zu steigern. In einem Bericht des BMZ (Oktober 2020) mit dem Titel: «In Biodiversität investieren- Überleben sichern» betont sie: «Wir müssen die Investitionen für den Erhalt von Biodiversität steigern- um mindestens das Doppelte. Dafür müssen auch neue Finanzierungsquellen aus dem Privatsektor und von Philanthropen mobilisiert werden.

Geht es bei einem Impact-Fonds nicht gerade darum, im kommerziellen Bereich die Nachhaltigkeit voranzutreiben?

van Sambeck: Nicht ausschließlich. Es gibt neue Fondskonzepte am Markt die sich Impact-Fonds nennen und in Firmen investieren, die beispielsweise Ressourcen wie Wasser kommerzialisieren möchten. Von diesen Praktiken möchten wir uns klar distanzieren, denn alle unsere Zuwendungen der Stiftung erfolgen ohne eine geforderte monetäre Gegenleistung und zum alleinigen Zweck, die genannten globalen Herausforderungen positiv zu unterstützen und die Wirkung des Fonds in diesen zu verstärken.

Wer entscheidet, wofür die Stiftung das Geld ausgibt?

van Sambeck: Die Auswahl der Programme und Projekte erfolget unter Aufsicht eines unabhängigen Stiftungsbeirats. Sowohl diese Engagement-Aktivitäten des Fonds als auch die finanzierten Programme und Projekte der Stiftung werden fortlaufend auf der Stiftungswebseite vorgestellt und sind im jährlich erstellten Impact Report des Fonds ersichtlich. Dieser Grad an Transparenz hebt uns gegenüber bestehenden Fonds klar ab.

Sie betonen Ihren besonders intensiven Dialog mit den investierten Unternehmen zu Nachhaltigkeitsfragen. Aber ist das wirklich notwendig? Die Unternehmen im GCX sind doch schon nachhaltige Vorzeigefirmen.

van Sambeck: Der GCX umfasst Firmen, die durch ihr Kerngeschäft einen substanziellen Beitrag zu den globalen Herausforderungen leisten. Das bedeutet jedoch nicht gleichzeitig, dass diese Firmen in ihren Geschäftspraktiken in jeder Hinsicht hohe Nachhaltigkeitsstandards aufweisen. Dass die Firmen sich durch ihr nachhaltiges Geschäftsmodell bereits auszeichnen, erleichtert allerdings den Dialogeinstieg mit ihnen, wenn es darum geht, Verbesserungsvorschläge zu machen, die ihre Nachhaltigkeit zusätzlich verbessern. Wir haben für jedes Fondsunternehmen ein transparentes Stärken-Schwächen-Profil erstellt. Dieses ist für Kunden auf unserer Webseite einsehbar. Aus diesen Kritikpunkten können sie konkrete Verbesserungsvorschläge für jedes Unternehmen ableiten.

Wie weit können Sie beim Engagement gehen? Ein Divestment, also ein Ausstieg aus einer Aktie, ist nicht ohne weiteres möglich, da Sie die Aktien des Fonds nicht selbst auswählen.

van Sambeck: Ein Divestment ist unserer Meinung nach auch kein wirkungsorientiertes Instrument, um eine nachhaltige Veränderung innerhalb eines Unternehmens zu erreichen. Wir setzen auf Kooperation, mit Nachdruck.

Halten Sie grundsätzlich nichts von Divestment-Strategien?

van Sambeck: Doch, durchaus. Die Methode des Divestments ist bedeutend, um ganzen Branchen aufzuzeigen, dass sie gemieden werden. Bei Unternehmen, deren Geschäftsfeld an sich «sauber» ist und bei denen sich das Engagement auf einzelne Geschäftspraktiken und Lieferkettenbeziehungen bezieht, ist es aber stattdessen wichtig, sich aus diesen Unternehmen gerade nicht zurückzuziehen, nur weil sie nicht umgehend auf unsere Vorschläge und Kritik reagieren. Damit würde man schlichtweg seine Stimme einem anderen Marktteilnehmer überlassen, der diese im Zweifelsfall nicht für eine nachhaltige Veränderung nutzen würde.

Brauchen Fondsanbieter einen langen Atem, wenn sie nachhaltige Veränderungen bei Unternehmen erreichen wollen?

van Sambeck: Ja. Man muss über viele Jahre an den wichtigen Themen für eine nachhaltige Transformation dranbleiben. Rahmenbedingungen wie gesetzliche Vorschriften (zum Beispiel das Lieferkettengesetz) oder auch Druck von Kunden des Unternehmens können auf lange Sicht ein verändertes Marktumfeld schaffen, sodass Firmen vielleicht erst mit der Zeit unsere Veränderungsvorschläge positiv aufnehmen und Taten folgen lassen. In derselben Zeit kann Ethius an anderer Stelle aktiv werden, nämlich indem wir Allianzen mit weiteren Teilhabern eines Unternehmens schließen und sie von der Wichtigkeit unseres Anliegens überzeugen. Mit dieser neu gewonnenen Stimmkraft steigt dann im nächsten Schritt wiederum die Wahrscheinlichkeit, von den Fondsunternehmen zu dringenden Themen gehört zu werden.

31.05.2021    Martin Hintze
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