Eine Person steht in einem Raum, der in orangenes Licht getaucht ist, und schaut nach vorn
12.06.2023
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Die Prognose klingt nach dem Krisenjahr 2022 vielleicht mutig, denn zu Beginn dieses Jahrzehnts stehen wir vor Herausforderungen von historischem Ausmaß. Populismus und Autokratie fordern das Modell der liberalen Demokratie, also unsere Art zu leben, seit Jahren heraus. Der Überfall Russlands auf die Ukraine erschüttert eine über Jahrzehnte bewährte Sicherheitsarchitektur und markiert einen epochalen Wendepunkt für Deutschland, Europa und die Welt. Die Coronapandemie hat weltweit viel menschliches Leid sowie enorme wirtschaftliche und soziale Schäden verursacht.

Auch die Spannungen zwischen den großen wirtschaftlichen und politischen Machtzentren wachsen, und mit ihnen schwindet die politische und wirtschaftliche Stabilität. Tiefgreifende gesellschaftliche Umbrüche und rasante technologische Veränderungen erhöhen das Potenzial für soziale und politische Konflikte. Und als wäre das nicht genug, schreitet der Klimawandel ungebremst voran und bedroht die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen weltweit.

Unser Handeln entscheidet über den Wohlstand kommender Generationen

Angesichts dieser Situation bin ich davon überzeugt: Wir befinden uns im Jahrzehnt der Entscheidung. Der Entscheidung darüber, unter welchen Bedingungen unsere Kinder und Enkelkinder leben werden.

Unser Handeln in den nächsten Jahren hat enorme Folgen für die kommenden Generationen und entscheidet schließlich darüber, ob sich auch für sie das Wohlstandsversprechen der Demokratie erfüllt.

Insofern ist das Jahrzehnt der Entscheidung auch ein Jahrzehnt der Umsetzung sowie der internationalen Zusammenarbeit. Das Ziel muss sein, bis zum Ende des Jahrzehnts den Wandel zu einer nachhaltigen Gesellschaft zu beschleunigen und gleichzeitig Deutschland beziehungsweise Europa als Industrie- und Technologiestandort zu stärken.

Hierbei müssen drei Handlungsfelder in den Mittelpunkt gestellt werden:

Klima & Umwelt: 2030 hat der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen sowie der Biodiversität Priorität in Wirtschaft und Politik.

Digitalisierung & Innovation: 2030 spielen Zukunftstechnologien, Innovationsfähigkeit in der Breite der Wirtschaft sowie digitale Bildung in Deutschland eine zentrale Rolle.

Resilienz & Souveränität: 2030 liegt der Anteil erneuerbarer Energien an der Bruttostromversorgung in Deutschland bei etwa 80 Prozent und unterstützt somit unsere Unabhängigkeit in Bezug auf die Energieversorgung.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch Next.2030.

Wo steht Deutschland im Jahr 2030? Was muss passieren, damit das einstige Wirtschaftswunderland künftig international wettbewerbsfähig bleibt? Und wo lauern Gefahren auf dem Weg ins Übermorgen? 33 Vordenkerinnen und Vordenker aus Wirtschaft, Politik, Sport und Wissenschaft wagen im Buch „Next.2030“ – herausgegeben von der Professorin und Aufsichtsrätin Ann-Kristin Achleitner sowie von Hagen Rickmann, Geschäftsführer bei der Telekom Deutschland – eine Prognose.

DIND, 282 S., Hardcover 39,90 Euro, Taschenbuch 19,99 Euro, E-Book 17,99 Euro

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Handlungsfeld Klima & Umwelt: Wir müssen unsere Anstrengungen beschleunigen

Große Fortschritte im Klimaschutz können gelingen, wenn die Weltgemeinschaft ihre Beschlüsse der Klimakonferenz COP 26 konsequent umsetzt und die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt. Wie sehr die Zeit drängt, zeigt die Warnung des Weltklimarates vom 9. August 2021, wonach sich die Erde bereits im Jahr 2030 um 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter erwärmt – und damit zehn Jahre früher als noch 2018 prognostiziert.

Deshalb müssen alle Anstrengungen unternommen werden, die Nutzung fossiler Energieträger bis zum Ende des Jahrzehnts drastisch zu reduzieren und in den folgenden Jahren ganz zu beenden. Wenn Deutschland bereits 2045 klimaneutral sein will, ist es unabdingbar, den Treibhausgasausstoß wie geplant bis 2030 um mindestens 65 Prozent zu senken. Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und drei Bereiche stehen dabei – neben der Landwirtschaft – aufgrund ihres hohen Energiebedarfs im Mittelpunkt: der Gebäudesektor, Verkehr und die Industrie.

Im Gebäudesektor müssen der Energieverbrauch drastisch gesenkt und fossile Energieträger ersetzt werden. Schon heute nutzt fast jeder vierte Haushalt klimafreundliche Technologien wie etwa Photovoltaikanlagen, Solarthermieanlagen oder Wärmepumpen. Um die Klimaziele zu erreichen, muss sich die Sanierungsrate bei Bestandsgebäuden von derzeit 0,85 auf 1,9 Prozent pro Jahr mehr als verdoppeln. Ein Beispiel und Leuchtturm über die Grenzen Deutschlands hinweg ist die Gartenstadt Potsdam-Drewitz, die von der „DDR-Platte“ zur emissionsarmen Gartenstadt wurde. Unter energetischen und sozialen Aspekten wurde der Kiez in einen Niedrigenergie-Stadtteil umgewandelt.

Im Verkehr stellt die Elektromobilität einen zentralen Baustein dar, ergänzt durch synthetische Kraftstoffe im Schwerlast-, Schiffs- und Flugverkehr. Zugleich bedarf es intelligenter Konzepte zur Verlagerung und Vermeidung von Verkehr, etwa durch Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs sowie des Fuß- und Radverkehrs.

Der Industriesektor steht vor grundlegenden Umstellungen der Produktionsprozesse. Das betrifft insbesondere die energieintensiven Grundstoffindustrien wie Stahl und Chemie. Für sie ist der Einsatz erneuerbarer Energien, insbesondere von grünem Wasserstoff, sowie zum Beispiel die Stärkung einer kreislauforientierten Wirtschaft zukunftsentscheidend.

Erneuerbare Energien machen 2030 den größten Teil unserer Energieversorgung aus. Eine Folge der Loslösung von fossilen Energieträgern wird ein deutlich höherer Strombedarf sein. Dieser liegt nach Einschätzung von KfW Research im Jahr 2030 um bis zu 40 Prozent höher als heute. Um ihn zu decken, müssen bis 2030 die Kapazitäten von Windenergie an Land verglichen mit heute verdoppelt, die von Windkraft auf See und Photovoltaik nahezu vervierfacht werden. Bei Solarenergie müssen wir insbesondere das große ungenutzte Potenzial von Photovoltaik-Dachanlagen erschließen – derzeit nutzen nur rund zehn Prozent der Haushalte in Deutschland eine Photovoltaikanlage auf ihrem Dach.

Dies muss und wird sich bis zum Jahr 2030 grundlegend ändern. Ich bin sicher: Erneuerbare Energien wie Wind und Sonne machen bis zum Ende des Jahrzehnts den größten Teil unserer Energieversorgung aus; Windkraft und Photovoltaik-Dachanlagen sind dann Standard.

Ebenfalls stark zunehmen wird der Anteil an „grünem“, also nachhaltig erzeugtem, Wasserstoff. Die Chancen, dass grüner Wasserstoff in den 2030er-Jahren erstmals wettbewerbsfähig sein könnte, stehen sehr gut. Jedoch sind bis zur industriellen Nutzung im großen Maßstab noch erhebliche Investitionen notwendig, zum Beispiel in die gesamte Infrastruktur.

2030 ist die Nutzung natürlicher Ressourcen und Materialien wesentlich effizienter 

Neben der Erzeugung von „grüner“ Energie müssen bis 2030 auch ihr Einsatz sowie die Nutzung natürlicher Ressourcen und Materialien wesentlich effizienter sein als heute. Auch für dieses Ziel engagiert sich die KfW bereits seit einigen Jahren mit anderen europäischen Förderbanken. In der gemeinsamen Initiative für Kreislaufwirtschaft, der „Joint Initiative on Circular Economy“ (JICE), haben die beteiligten Partner bereits sehenswerte Erfolge erzielt.

Ein Beispiel ist die Geschichte des Unternehmens Rebuy, das sich seit seiner Gründung 2004 auch mithilfe der KfW zu einem der größten Marktplätze für wiederverwertete Medien und Elektronikartikel entwickelt hat und weiter dynamisch wächst. Beeindruckend ist auch das Geschäftsmodell von Circunomics, dem Sieger des „KfW Awards Gründen 2021“, in dem die Lebenszyklen von Batterien vor allem in der E-Mobilität optimiert werden.

Deutschland muss bis 2045 fünf Billionen Euro in Klimaneutralität investieren

Der Weg zur Klimaneutralität ist mit enormen Investitionsbedarfen verbunden, die nicht allein durch die öffentliche Hand gestemmt werden können. KfW Research geht allein für Deutschland von einem Investitionsbedarf in Höhe von rund fünf Billionen Euro bis 2045 aus. Die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft kann daher nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, hierfür privates Kapital zu mobilisieren, nicht zuletzt an den internationalen Kapitalmärkten.

Der Bedarf an umweltfreundlichen Investitionen steigt weltweit; Experten rechnen mit einem anhaltenden Wachstum des globalen Green-Bond-Markts, dessen Gesamtvolumen 2021 erstmals die Schwelle von einer Billion Euro überschritten hat.

Für die KfW hat das Thema Nachhaltigkeit daher auch bei ihren Aktivitäten am Kapitalmarkt einen hohen Stellenwert. Sie gestaltet seit Jahren die Entwicklung des Markts für ökologisch nachhaltige Finanzanlagen maßgeblich mit. So machten die „Green Bonds – Made by KfW“ im Jahr 2021 in Höhe von 16,2 Milliarden Euro rund ein Fünftel des gesamten Refinanzierungsvolumens der KfW aus. Zugleich investiert die KfW seit 2015 ihrerseits in Green Bonds, um die Marktentwicklung bei „grünen Anleihen“ zu unterstützen. Mit diesem Engagement trägt die KfW langfristig zur Entstehung einer Infrastruktur zur Finanzierung von Klima- und Umweltschutzprojekten am Kapitalmarkt bei.

Handlungsfeld Digitalisierung & Innovation: Ein digitaler Aufbruch für Deutschland

Neben der Bewältigung des Klimawandels ist die nachhaltige Stärkung des Industrie- und Technologiestandorts Deutschland die zweite epochale Herausforderung dieses Jahrzehnts. Die aktuelle Energiekrise verstärkt diese Herausforderung, da langfristig ausreichend (grüne) Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen ein kritischer Input-Faktor und somit auch ein kritischer Wettbewerbsfaktor ist. Zentrale Erfolgsfaktoren sind Digitalisierung und Innovation.

Die Coronapandemie hat einerseits zu einem Digitalisierungsschub geführt: Zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen haben die Schnittstellen zu Lieferantinnen und Lieferanten und Kundinnen und Kunden sowie ihre Vertriebswege digitalisiert; die Arbeit im Homeoffice ist inzwischen für viele Menschen selbstverständlicher Alltag geworden.

Andererseits hat uns die Pandemie gelehrt, wie weit der Weg ist, den Deutschland bei der Digitalisierung noch vor sich hat – von der Modernisierung der digitalen Infrastruktur bis zur Nutzung digitaler Verfahren etwa in der öffentlichen Verwaltung. Bis 2030 wird es darum gehen, eine leistungsstarke digitale Infrastruktur aufzubauen und die digitalen Kompetenzen der nächsten Generation massiv weiterzuentwickeln. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass Deutschland international Anschluss hält. Die KfW unterstützt den umfassenden digitalen Aufbruch in Deutschland in den kommenden Jahren intensiv.

Die Zukunftsfähigkeit und der Wohlstand Deutschlands basieren auf technologischer Innovation und Digitalisierung. Im Zentrum stehen drei Schwerpunkte:

  • Ein innovativer und digitaler Mittelstand für konkrete Vorhaben zur Entwicklung und Markteinführung von Zukunftstechnologien. KfW Research bestätigt immer wieder, dass der Fachkräftemangel sowie der mangelnde Abbau von Bürokratie zwei wesentliche Hemmnisse darstellen. Zudem spielt Venture Capital eine entscheidende Rolle zur Förderung innovativer Unternehmen.
  • Die innovative und digitale Aus- und Weiterbildung zur Stärkung der Digitalisierungs- und Innovationsfähigkeit der Wirtschaft und der Verwaltung. Ziel ist es, die Breitendynamik für Innovation und digitale Transformation bei Investitionen sowie Gründungen durch Bildung und die entsprechende Fachkräfteentwicklung zu unterstützen. Ein Beispiel ist das TUMO-Lernzentrum für digitale Bildung in Berlin. Wöchentlich können mehr als 1.000 Jugendliche digitale und kreative Technologien wie 3-D-Modellierung, Robotik, Programmierung, aber auch Film, Musik und Fotografie erlernen.
  • Eine innovative und digitale Infrastruktur und Verwaltung zur Schließung der verbleibenden Lücken in der Versorgung mit leistungsfähigen Breitband- und Mobilfunkverbindungen und zur Beschleunigung der Digitalisierung in der Verwaltung.

Deutschland muss jährlich 100 bis 150 Milliarden Euro in Digitalisierung investieren, um im europäischen Wettbewerb aufzuschließen. Der Finanzbedarf für einen solchen digitalen Aufbruch ist immens, die öffentliche Hand allein kann das nicht stemmen. Insofern ist die Mobilisierung von privatem Kapital auch in diesem Handlungsfeld ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Die Ende 2018 gegründete Tochtergesellschaft KfW Capital stärkt hier die Finanzierung innovativer, junger Technologieunternehmen durch ihr Engagement in Venture-Capital-Fonds. Zugleich koordiniert KfW Capital seit 2021 den Zukunftsfonds, über den die Bundesregierung in den kommenden Jahren zusätzlich zehn Milliarden Euro für Beteiligungskapital bereitstellt. Mit diesen Mitteln sollen bis zu 30 Milliarden Euro Kapital für wachstumsstarke junge Technologieunternehmen gehebelt werden.

Handlungsfeld Resilienz & Souveränität: Zeitenwende mit Struktur 

Der Krieg in der Ukraine hat Deutschland und Europa vor Augen geführt, dass es seine Souveränität und Resilienz stärken muss, um gegen Krisen und Konflikte besser gewappnet zu sein und damit auch den Erfolg der Transformation sicherzustellen. Im Mittelpunkt stehen hier insbesondere die Bereiche Energie und Rohstoffe, Technologie, aber auch Sicherheit und Verteidigung.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Verwundbarkeit der deutschen Energieversorgung aufgezeigt. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts wird es eine wesentliche Aufgabe sein, die Energie- und Versorgungssicherheit in Deutschland aufrechtzuerhalten und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern – und damit von autoritären Staaten als Lieferanten – weiter zu verringern. Die Attraktivität des (Industrie-)Standorts Deutschland wird auch künftig davon abhängen, inwieweit wir (grüne) Energie in ausreichender Menge und zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung stellen können.

Die Verteilung von Ressourcen und der Zugang zu ihnen ist ein kritischer Faktor für das Gelingen der Transformation. Der Fokus liegt hierbei unter anderem auf…:

  • …Diversität von Energiequellen. Denn dies verringert einseitige Abhängigkeiten auch von autoritären Staaten. Eine Schlüsselrolle für Deutschlands Energiesicherheit kommt dem Flüssigerdgas LNG zu, das mittelfristig den Import von russischem Pipelinegas ersetzt. Die KfW unterstützt den Aufbau der hierfür notwendigen Infrastruktur und beteiligt sich im Auftrag des Bundes zum Beispiel am Bau des ersten deutschen LNG-Terminals in Brunsbüttel. LNG gilt als Brückentechnologie bei der Transformation zur angestrebten Treibhausgasneutralität 2045. Deshalb wird auch die Weiterverwendung des Terminals für den Import von Wasserstoff-Derivaten von Beginn an bei der Planung des Terminals berücksichtigt. Ich bin zuversichtlich, dass in den 2030er-Jahren über diese Terminals in substanziellem Umfang grüner Wasserstoff in die deutsche Energieversorgung eingespeist wird.
  • …Verringerung des Ressourcenverbrauchs und Erhöhung der Energieeffizienz. Denn der schonende Umgang mit natürlichen Ressourcen ist eine tragende Säule der Transformation. Wenn wir die Lebensqualität künftiger Generationen erhalten wollen, müssen wir massiv in Verfahren zur Abfallvermeidung und Wiederwertung von Material und in die Effizienz unserer Energienutzung investieren. Dies ist aber nicht nur ökologisch geboten. Angesichts steigender Energiekosten, knapper werdender Rohstoffe sowie Störungen der globalen Lieferketten und Handelsbeziehungen wird Ressourcen- und Energieeffizienz in den kommenden Jahren zu einem wesentlichen Wettbewerbsfaktor.
  • …Forcierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Das ist national und international eine weitere Säule der Energiesicherheit. Offshore-Windenergie ist im Jahr 2030 eine feste und wichtige Säule der Energieversorgung in Deutschland. Sie müssen wir in der Nord- und Ostsee in den kommenden Jahren massiv ausbauen. Die KfW ist über ihr Programm „Offshore Windenergie“ schon seit dem Jahr 2011 an der Finanzierung einer ganzen Reihe von Windkraftanlagen beteiligt. Europaweit wurden 2021 vier Gigawatt Offshore-Windkraft zugebaut – in Deutschland sind bis 2025 derzeit 3,1 Gigawatt geplant. Für eines der jüngsten Projekte, Arcadis Ost 1 (Ostsee), ist vor Kurzem der Startschuss gefallen.

Die Sicherheit der Energieversorgung ist eine Aufgabe, die im nationalen Alleingang kaum lösbar ist. Die KfW engagiert sich deshalb bei der Finanzierung zahlreicher zukunftsweisender Projekte zur Erzeugung von Energie aus Sonne, Wind und Wasser innerhalb und außerhalb Europas. Das gigantische Solarkraftwerk in marokkanischen Ouarzazate, der schwimmende Windpark EFGL im Golf von Lyon oder das Nordlink-Kabel zur Übertragung von Strom aus Wasserkraft aus Norwegen sind hier nur drei prominente Beispiele.

Perspektive 2030: Auch wir verändern uns

Für alle drei Handlungsfelder brauchen wir eine leistungsstarke Netzinfrastruktur. Für den Transport von grüner Energie – sei es Strom oder Wasserstoff – müssen entsprechende Leitungen modernisiert oder gebaut werden. Der digitale Aufbruch gelingt nur mit ausreichenden Rechen- und Verbindungskapazitäten. Ein klimaschonender Verkehrssektor ist auf den Ausbau des Schienennetzes ebenso angewiesen wie auf eine dichte und leistungsstarke Lade-Infrastruktur. Deshalb ist die Förderung des Auf- und Ausbaus unserer Infrastruktur auch für die KfW eine der zentralen Zukunftsaufgaben.

Wir als KfW können die Transformation nur wirksam begleiten, wenn wir uns selbst weiterentwickeln. Der rasante technologische Fortschritt, weiterhin hohe regulatorische Erfordernisse, veränderte Erwartungen von Kundinnen und Kunden sowie Stakeholderinnen und Stakeholder wie auch neue Anforderungen des Bundes als Eigentümer und Auftraggeber prägen das Umfeld, in dem sich die KfW in diesem Jahrzehnt bewähren muss.

Hieraus hat die KfW eine neue Strategie, die Transformationsagenda „KfWplus“ abgeleitet, deren übergeordnetes Ziel es ist, die KfW zur digitalen Transformations- und Förderbank weiterzuentwickeln. In den kommenden Jahren wird sich die KfW dynamisch verändern und anpassungsfähiger, effizienter und wirksamer werden. Dabei ist die KfW mit einem Paradigmenwechsel auf zwei Ebenen konfrontiert, den wir als KfW in unserem künftigen Handeln berücksichtigen werden.

Zum einen werden wir unsere Maßstäbe neu justieren und unseren Erfolg künftig stärker an der Wirkung unserer Förderung bemessen müssen. Entscheidend ist dabei die Frage: Welche Wirkung können wir mit einem Euro Förderung erzielen?

Zum anderen wird die Mobilisierung von privatem Kapital zu einer wesentlichen Voraussetzung für das Gelingen der Transformation. Bereits jetzt gibt es wegweisende Ansätze, die in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden. Um – wie geplant – mehr privates Kapital für Transformationsprojekte zu gewinnen, wird die KfW kapitalmarktnahe Beiträge zur Risikoabfederung leisten und sich noch stärker als Co-Wagniskapitalgeber engagieren.

Teil der Transformationsagenda „KfWplus“ ist der Anspruch, als „leistungsstarke KfW“ auf der operativen Ebene die notwendigen Voraussetzungen zu erfüllen. Dies umfasst die Themen Digitalisierung sowie ein modernes Operating & Governance Model und nicht zuletzt auch Aspekte wie Förderung von Mitarbeiterpotenzialen und Agilität.

Gesamtgesellschaftliche Aufgaben sowie Verantwortung wachsen gleichermaßen 

Deutschland und Europa stehen in diesem „Jahrzehnt der Entscheidung“ vor Aufgaben in einer äußerst großen Dimension. Es gilt, die Grundlagen unseres gesamten Wirtschaftsmodells neu zu gestalten. Dabei sind mir zwei Aspekte besonders wichtig.

Dieses „Jahrzehnt der Entscheidung“ ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Insofern sollte jede und jeder einen Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen.

Das „Jahrzehnt der Entscheidung“ ist zudem eine nationale und globale Aufgabe. Die Welt schaut auf Deutschland, ob die Transformation als erfolgreiche Industrienation gelingt. Gleichzeitig benötigen viele Entwicklungs- und Schwellenländer unsere Unterstützung für eine erfolgreiche nachhaltige Gestaltung der eigenen Wirtschaft und Gesellschaft. Dieser Aufgabe wird ein leistungsfähiges Deutschland in einem vereinten Europa am besten gerecht.

Die KfW bringt all ihre Erfahrung und ihr Know-how ein, um diesen Prozess wirkungsvoll zu unterstützen. Sie blickt im Jahr 2023 auf eine 75-jährige Geschichte zurück. Ihre Gründung ist mit der Entwicklung der sozialen Marktwirtschaft und unserer Demokratie eng verbunden. Seither hat die KfW immer wieder dazu beigetragen, epochale Herausforderungen zu bewältigen, und sich dabei selbst an diese Herausforderungen angepasst und verändert. Die KfW weiß, wie Wandel geht.

Dieser Erfahrungsschatz lässt uns selbstbewusst und zuversichtlich in die Zukunft blicken. Und an der Schwelle zu einem neuen Jahrzehnt sehen wir dann 2030 markante Fortschritte bei der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, zu der die KfW wirkungsvoll beigetragen hat.

Zur Person

Ein Portrait von Stefan B. Wintels, Vorstandsvorsitzender der KfW

Stefan B. Wintels

ist seit November 2021 Vorstandsvorsitzender der KfW, der größten nationalen Förderbank der Welt

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