Eine Uhr auf gelben Hintergrund. Die symbolisch für Shallow Work steht
29.02.2024
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Noch schnell E-Mails checken, Nachrichten beantworten oder von Termin zu Termin hetzen: Leicht gerät das aus dem Fokus, was uns wirklich wichtig ist. Diese Ablenkungen sind unter der Bezeichnung Shallow Work vereint. Das Buzzword umfasst Routineaufgabe, die unsere Aufmerksamkeit stören.

Unterbrechungen gehören zum ganz normalen Arbeitsalltag. Kaum vertieft man sich in eine Aufgabe, schon summt das Smartphone oder es trudelt eine dringende Mail ein, die um sofortige Erstversorgung bettelt. Oder es taucht eine vermeintlich kurze Frage auf, deren Beantwortung sich aber als gar nicht so kurz herausstellt.

Solche Unterbrechungen sind notwendig, wenn die Kolleginnen oder Kollegen in einer äußerst dringlichen Angelegenheit eine sofortige Antwort benötigen, ohne die sie nicht weiterarbeiten können. Gleiches gilt, wenn die Nachricht auf dem Smartphone sofort gelesen werden muss, da es sich um einen extrem zeitkritischen Prozess handelt, der sofortiges Handeln erfordert. Solche Unterbrechungen sind prima, wenn Ihre Rolle ausdrücklich so angelegt ist, rund um die Uhr Fragen zu beantworten, Nachrichten zu verfassen und Mails zu beantworten. Diese Unterbrechungen sind schrecklich, wenn Ihr Job einen anderen inhaltlichen Schwerpunkt hat. Dann werden die ständigen Störungen zum echten Dilemma und sind der garantierte Weg, konzentriertes Arbeiten zu verhindern.

Shallow Work als neue Realität des Zeitmanagements im deutschen Arbeitsalltag

Eine aktuelle Studie von Next Work Innovation zeigt, dass das oben geschilderte Szenario nicht die Ausnahme, sondern die traurige Regel ist: Bei der Arbeit werden wir inzwischen alle vier Minuten unterbrochen.

Das bedeutet auch: Drei volle Tage pro Person und Monat gehen allein dafür drauf, sich nach einer Unterbrechung wieder auf die ursprüngliche Aufgabe zu fokussieren. Kein Wunder, dass wir uns ständig in Zeitnot fühlen, der Stresspegel steigt, die Qualität der Arbeit leidet, weil die ständigen Unterbrechungen extrem schädlich sind.

Führung beginnt bei der Selbstführung. Und das bedeutet, nicht zuzulassen, dass unsere Zeit durch eine Mischung aus Dauererreichbarkeit und ständiger Ablenkung „geschrumpft“ wird. Je mehr dauergehetzte Atemlosigkeit unser Leben bestimmt, desto wichtiger ist es, Zeiten der ablenkungsfreien Konzentration in den Alltag einzubauen. Arbeitsphasen, in denen wir uns tief und fokussiert auf eine Sache konzentrieren – also das, was Cal Newport „Deep Work“ nennt. Wir haben es selbst in der Hand, das stattfinden zu lassen.

Die 90-Minuten-Medizin für effektives Zeitmanagement

Mein Vorschlag: ZFDB-Zeit am Vormittag. ZFDB steht für Zeit für die Birne! Das bedeutet, dass am Vormittag keine Meetings stattfinden und die Arbeit der anderen nicht gestört wird. Dies mag streng klingen, aber es bringt allen Beteiligten einen erheblichen Nutzen. So können morgens ungestörte Arbeitsphasen für „Deep Work“ genutzt werden, während nachmittags Zeit für Meetings und alle aufkommenden Fragen bleibt. Ein weiterer Pluspunkt: Oftmals stellt sich heraus, dass das Warten auf die Antwort bis zum Nachmittag gar keine große Sache war. Gleichzeitig sind die zurückgewonnene Zeit und Konzentration für alle Beteiligten eine riesengroße Sache.

Wer jetzt einwendet, dass ein ganzer Vormittag störungsfreies Arbeiten nicht machbar sei, dem empfehle ich: Versuch es mit der „kleinen Schwester“ des störungsfreien Vormittags – sie heißt „90 Minuten ohne Unterbrechung“. Ich beende meinen Tag konsequent damit, dass ich die wichtigste Aufgabe für den kommenden Tag definiere. Und am nächsten Morgen steht genau diese Aufgabe als erster Punkt auf meiner Agenda – für mindestens 90 Minuten. Ohne Unterbrechung. Ohne Pause. Wem das noch zu hochgegriffen erscheint, der kann noch eine Stufe niedriger beginnen: Warum nicht die 90 Minuten wenigstens einmal pro Woche ansetzen?

Mein Appell an alle Unternehmerinnen, Unternehmer und Führungskräfte: Tragt diese Idee in euer Team! Lasst eure Leute damit experimentieren. Findet die für euch passende Variante der ZFDB-Zeit oder 90-Minuten-Medizin gegen Stress und niedrige Produktivität.

Ohne störende Unterbrechungen zu arbeiten, reduziert nicht nur Stress und erhöht den Output, es macht auch sehr viel mehr Spaß!

Zur Person

Anja Förster

Anja Förster

ist Gründerin der Initiative Rebels at Work und gefragte Speakerin. Im Februar 2024 ist das neue Buch der mehrfachen Bestseller-Autorin im Econ Verlag erschienen: „7 Superkräfte – Gestalten, Leben und Sein in einer chaotischen Welt“

29.02.2024
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