Menschenansammlung formt die Ziffer Fünf
06.04.2020    Kai Makus
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„Kurzarbeitergeld ist das Mittel der Wahl, stellte Brigitte Zypries, Bundeswirtschaftsministerin a. D. und DUB-Herausgeberin, beim DUB Video-Call zum Thema Arbeitsrecht fest. Denn es verhindere Kündigungen und dadurch drohende juristische Auseinandersetzungen. Die könnten für Unternehmen ein hohes Risiko bedeuten.

Schließlich stehe auch die Justiz de facto still, ergänzte Jens de Buhr, Verleger des DUB UNTERNEHMER-Magazins. Bis zu einem Urteil könne es daher „bis zu acht Monaten dauern“, warnte Arbeitsrechtsexperte Dr. Kai Bodenstedt von der global tätigen Kanzlei DLA Piper. Er stellte sich den Fragen der rund 50 teilnehmenden Unternehmern und gab Antworten zu ihren drängendsten Problemen.

1. Kann es nachträgliche Prüfungen geben?

Bodenstedt beantwortet die Frage mit einem klarem „Ja“ – er rechnet sogar damit. Auch wenn die Behörden im Augenblick flexibler agierten, könnten sie die Rechtmäßigkeit der Kurzarbeitergeldzahlungen auch in ein, zwei Jahren noch überprüfen. Der Jurist erwartet diese „schon aus Rechtsgründen“. Wer dabei durchfalle, dem würden hohe Nachzahlungen drohen, warnt Bodenstedt und rät: „Seien Sie vorsichtig und checken Sie besser noch mal alles, bevor Sie den Antrag einreichen.“

2. Muss jeder einzelne meiner Mitarbeiter persönlich unterschreiben, wenn ich Kurzarbeitergeld beantragen will?

Ihre Eventagentur sitzt in Berlin, einige Mitarbeiter aber in einer Niederlassung in Mecklenburg-Vorpommern – daher will die Chefin im DUB Live-Video-Call erfahren, ob sie jetzt tatsächlich „über Land fahren muss“, um die Unterschriften einzeln einzusammeln. Eigentlich schon, sagt Fachanwalt Bodenstedt. Nur: Das widerspricht den Empfehlungen der Behörden zu Kontaktverboten und Zuhausebleiben. Daher sollte die Unternehmerin die nötigen vertraglichen Änderungen per PDF schicken und sie unterschrieben und eingescannt wieder einsammeln, wenn es schnell gehen muss. Nachträglich empfiehlt er zur Sicherheit aber die Briefform.

3. Was ist mit Neueinstellungen während der Kurzarbeit?

Viele Unternehmen bauen als Krisen-Reaktion ihre Produktpalette um und stellen nun Dinge her, die dringend gebraucht werden – zum Beispiel Desinfektionsmittel. Nur ist das nicht immer mit den vorhandenen Beschäftigten machbar. Wenn also zum Beispiel Spezialisten gebraucht werden, seien Neueinstellungen möglich, sagt Bodenstedt – auch während die bestehende Belegschaft in Kurzarbeit ist. Anders verhält es sich allerdings mit Kündigungen. Schließlich diene das Kurzarbeitergeld ja genau dem Zweck, diese zu vermeiden und die Arbeitsplätze langfristig zu sichern.

4. Worauf muss ich bei der Urlaubsplanung achten?

Grundvoraussetzung für die Zahlung von Kurzarbeitergeld ist, dass alle Mitarbeiter Restansprüche auf Urlaub aus dem Vorjahr verbraucht haben. Durch die neuesten Gesetzesänderungen sei es nunmehr aber nicht mehr nötig, diese Ansprühe quartalsweise durchzurechnen – also müssen zum Beispiel nicht schon alle Tage für das erste Quartal 2020 genommen sein.

Achtung! Nehmen Mitarbeiter einen Tag frei, während sie in Kurzarbeit sind, wird dieser regulär entlohnt. Finanziell ist die Belastung für das Unternehmen also geringer, wenn die Mitarbeiter erst nach Ende der Kurzarbeit in die Ferien gehen. Daher mache es auch keinen Sinn, Urlaub anzuordnen, wie Bodenstedt betont – zumal dies auch nicht einfach möglich ist: „Zwingen kann man die Leute nicht.“ Er rät, gemeinsam eine Lösung zu suchen.

5. Was sind die wichtigsten Tipps?

„Sprecht miteinander, arbeitet zusammen“ – so kommt man durch die Krise, lautet das Fazit von Fachanwalt Bodenstedt. Seine Erfahrungen aus den letzten drei Wochen zeigten, dass sowohl Betriebsräte als auch Mitarbeiter „massiv daran interessiert sind, pragmatische und schnelle Lösungen zu finden“. Ein Teil davon könne eben Kurzarbeitergeld sein. DUB-Herausgeberin Zypries hält es für wichtig, bei der Krisenbewältigung zutage tretende Hemmnisse klar zu benennen und an die Politik zurückzuspielen. Diese können dann Regelungen nachjustieren. Zudem sei unternehmerische Kreativität gefragt. Hotelbetreiber etwa könnten doch mithilfe ihrer Mitarbeiter die Zimmer renovieren – und Textilbetriebe auf die Produktion von Mundschutzmasken umstellen.

06.04.2020    Kai Makus
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