Unternehmenskultur: Illustration eines Chefs der sein Team anführt
15.11.2021    Miriam Rönnau
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Strategie, Führung und effiziente Prozesse sind der Garant für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung? Nicht ganz, zeigt eine neue Studie der Personalberatung Heidrick & Struggles. Denn: Chefs, die der Unternehmenskultur viel Aufmerksamkeit schenken, erzielen ein doppelt so hohes Wachstum wie diejenigen, die das nicht tun. Für die Studie wurden weltweit 500 Vorstandschefs, darunter 50 aus deutschen Unternehmen, befragt. Rebecca Clarke, Head of People bei Recruitee – einem Anbieter von Software für kollaboratives Recruiting –, erklärt, was eine positive Unternehmenskultur auszeichnet und warum diese so wichtig für den Firmenerfolg ist.

Zur Person

Porträt von Rebecca Clarke

Rebecca Clarke

ist Head of People bei
einer Software für kollaboratives Recruiting.
Ihre Leidenschaft ist es, Menschen und interessante Job-Möglichkeiten zusammenzubringen

Warum ist die Unternehmenskultur wichtiger als zum Beispiel die Etablierung effizienterer Prozesse oder die Investition in digitale Technologien?

Rebecca Clarke: Die Kultur ist ein wichtiger Aspekt in jedem Unternehmens, da sie hinter jedem Bereich der Organisation steht – von der Personalbeschaffung über die Produktentwicklung bis hin zur Geschäftsausrichtung. Bildlich gesprochen ist die Unternehmenskultur das Rückgrat einer glücklichen, gesunden und erfolgreichen Belegschaft. Natürlich ist es auch wichtig, über die richtigen Instrumente und Prozesse zu verfügen. Ohne eine gute und positive Unternehmenskultur kann es den Mitarbeitenden jedoch schwerfallen, in ihrer Arbeit einen Wert zu sehen. Und das wirkt sich später wiederum auf das Geschäft aus. Eine positive Unternehmenskultur trägt dazu bei, dass ein Team nicht nur sein Bestes gibt, sondern sich auch entsprechend fühlt.

Was zeichnet eine positive Unternehmenskultur aus?


Clarke: Eine positive Unternehmenskultur stellt den Menschen in den Mittelpunkt aller Aktivitäten. Untersuchungen haben gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen einer starken Kultur und einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit gibt. Wichtig ist es sicherzustellen, dass die Kultur auf das Team ausgerichtet ist. Bei Recruitee haben wir zum Beispiel ein Personalversprechen eingeführt, um unsere Überzeugung zu unterstreichen, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter individuell ist, dass man so sein kann wie man ist, dass man gehört wird und etwas bewirken kann.

Es gibt drei Aspekte, die man im Auge behalten sollte, um eine positive Kultur aufzubauen: Vertrauen, Fürsorge und Fairness. Menschen legen auf diese drei Punkte großen Wert und suchen diese in einer Unternehmenskultur. Firmen, in denen die Mitarbeitenden das Gefühl haben, dass jedem vertraut wird und sie fair behandelt werden, werden mit höherer Wahrscheinlichkeit als attraktiver Arbeitgeber anerkannt.

Inwiefern hat die Coronapandemie die Unternehmenskultur beeinflusst?


Clarke: Die Pandemie hat Unternehmen gezwungen, ihr Geschäftsmodell und ihre Kultur zu überdenken. Dies gilt vor allem für Firmen, die zum ersten Mal auf Remote Work umgestellt haben. Sie stehen vor neuen Herausforderungen mit räumlich getrennten Mitarbeitenden und könnten vor Problemen stehen, wenn sich die Kultur auf das persönliche Engagement der Teams konzentriert. Diese unerwartete Neubewertung der Kultur kann als Katalysator für Innovationen gesehen werden. Sie hat Unternehmen dazu veranlasst, die Art und Weise zu überdenken, wie sie ihr Arbeitsumfeld gestalten und eine starke Kultur aufrechterhalten, unabhängig von der räumlichen Situation. Der Vorteil ist, dass die Unternehmen mit den fehlenden Elementen in ihrer Kultur konfrontiert wurden und nun ein besseres Arbeitsumfeld schaffen können. Respekt und Innovation werden zu immer wichtigeren Kulturkomponenten, unabhängig vom Arbeitsplatz.

Woran erkennen Chefs eine toxische Unternehmenskultur?


Clarke: Eine toxische Unternehmenskultur lässt sich bei Umfragen zur Zufriedenheit feststellen, die sehr gut quantifizierbar sind. Jedes Unternehmen sollte darauf achten, solche anonymen Umfragen durchzuführen, um einen Eindruck von der Gefühlslage zu erhalten. Dazu gehören etwa Fragen wie: „Würden Sie dieses Unternehmen Freunden als einen attraktiven Arbeitgeber empfehlen?“ Oder: „Wie sehr fühlen Sie sich im Team wertgeschätzt?“ Die Antworten können einen guten Hinweis auf den Status quo der Unternehmenskultur geben. Neben der Einstufung auf einer Skala von eins bis zehn sollten solche Umfragen auch einen Abschnitt für Mitteilungen enthalten, in dem die Mitarbeitenden direktes Feedback geben können. Eine hohe Personalfluktuation kann ein weiterer Indikator für eine ungesunde Kultur sein.

Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur beim Rercruiting?

Clarke: Eine starke Kultur wirkt sich direkt auf die Arbeitgebermarke aus und erhöht die Chancen, Top-Talente für sich zu gewinnen. Wer die talentiertesten Bewerberinnen und Bewerber einstellen möchte und diejenigen, die bereits im Unternehmen angestellt sind, an sich binden möchte, muss sich auch als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Eine starke Unternehmenskultur sorgt dafür, dass Mitarbeitende stolz und glücklich darüber sind, in dem Unternehmen zu arbeiten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden so auch zu Markenbotschaftern, die anderen Talenten in ihrem Netzwerk erzählen, wie gerne sie in dem Unternehmen arbeiten. Hilfreich ist es dann auch, wenn diese Menschen Bewertungen im Internet hinterlassen, die andere Top-Kandidaten dazu inspirieren, sich zu bewerben.

15.11.2021    Miriam Rönnau
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