Nach dem Scrabble-Prinzip sind Buchstaben zum Wort
09.07.2021    Miriam Rönnau
  • Drucken

Wie wird Unternehmenskultur definiert?

Die Unternehmenskultur (auch Organisationskultur oder „Corporate Culture“ genannt) steht für den Charakter eines Betriebs. Darin enthalten sind die vorherrschenden Werte, Normen und Einstellungen. Diese haben Einfluss auf die Entscheidungen, Handlungen, Artefakte, Praktiken und Verhaltensweisen in einem Unternehmen. Kurz gesagt: Die Kultur bestimmt maßgeblich mit, wie der Betrieb funktioniert, wie Strukturen aufgebaut sind und wie die Belegschaft untereinander kommuniziert sowie miteinander arbeitet.

Ein Unternehmen ist demnach eine Organisation mit einer eigenen Kultur, in der Menschen miteinander agieren und ihr Verhalten von einer übergeordneten Struktur abhängig ist. Ziel ist es, eine positive und offene Unternehmenskultur zu etablieren. Das aber passiert nicht von alleine, sondern muss vor allem von den Führungskräften der Organisation (vor-)gelebt werden.

TK-Chef Jens Baas formuliert das in einem Gastbeitrag so: „Die Rolle der Führungskraft als Vordenker und Kontrolleur der Zielerreichung wird abgelöst durch die des Ermöglichers und Coaches: Gemeinschaft formen und fördern, für Ideen begeistern, das für die Aufgabe nötige Arbeitsumfeld schaffen. Führung heißt heute umso mehr Arbeit an der Kultur eines Unternehmens.“

Beispiele, in welcher Form sich die Organisationskultur bemerkbar macht, gibt es viele:

  • Die Art und Weise mit Konflikten und Fehlern umzugehen
  • Die Identifikation der Belegschaft mit dem Unternehmen
  • Das Kommunikationsverhalten
  • Die Wertschätzung von Leistung
  • Der Umgang mit Kundinnen und Kunden sowie Lieferantinnen und Lieferanten
  • Die Risikobereitschaft
  • Die Loyalität der Mitarbeitenden
  • Die Feedbackkultur

Wer hier Mängel oder gar Frust in der Belegschaft wahrnimmt, der sollte über einen Kulturwandel nachdenken. Der Change-Prozess kann entweder direkt vom Change-Management ausgehen oder, gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen, von der Führungsetage.

Obwohl die Organisationskultur ein wichtiges Thema ist und bei vielen ganz oben auf der Agenda steht, gehört deren Verbesserung zu den größten Herausforderungen bei der internen Kommunikation für das Jahr 2021. Das zeigt eine Erhebung des Marktforschungsinstituts Civey. Deshalb gilt es, schnell zu handeln. Doch wo sollte man mit dem Kulturwandel beginnen?

Wozu braucht es eine Unternehmenskultur?

Ob ein Unternehmen erfolgreich agiert oder nicht hängt nicht zuletzt von der Unternehmenskultur ab ‒ und sollte deshalb auch stets in diesem Zusammenhang betrachtet und analysiert werden. „Ich finde es spannend, Unternehmenskulturen im Kontext mit Geschäftsmodell und -erfolg zu betrachten. Was war die kulturelle DNA, die den Unternehmenserfolg gefördert hat?“, sagt Matthias Höfer, Experte für Human Resources im Interview mit DUP UNTERNEHMER.

Neben Faktoren wie Gehalt oder Benefits wirkt sich die Kultur enorm auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus. Eine positive und offene Unternehmenskultur trägt nachweislich zu einer besseren Kommunikation bei. Zudem identifizieren sich Mitarbeitende mehr mit dem Unternehmen, sind loyaler und offener gegenüber Veränderungen. Dies ist besonders in Zeiten der digitalen Transformation und den damit einhergehenden Veränderungen entscheidend.

Transparente Kommunikation als Indiz einer offenen Kultur

Ein konkretes Beispiel wäre etwa die transparente Kommunikation, die in vielen Unternehmen noch immer eine Herausforderung ist. Was soll eine Führungskraft kommunizieren ‒ und was besser nicht? Wann ist der richtige Zeitpunkt, um neue Strategien und Maßnahmen offenzulegen? Wie viel Wissen braucht es in der Belegschaft?

Die Erfahrung zeigt: Wenn das Management transparent und offen mit Mitarbeitenden kommuniziert, können diese die Vision und Strategie besser nachvollziehen. Die Belegschaft untereinander wird so ebenfalls besser miteinander kommunizieren und somit produktiver arbeiten. Die Tätigkeit erhält somit einen Sinn, das Handeln wird nachvollziehbar. Mitarbeitende wissen, warum sie etwas tun und welches größere Ziel damit verbunden ist. In anderen Worten: Die Corporate Identity wird sichtbar.

Welche Formen und Modelle von Unternehmenskultur gibt es?

Von außen betrachtet scheint die Unternehmenskultur ein eher abstrakter Begriff zu sein – auch wenn es zumindest einige Aspekte gibt, die auch für Externe sichtbar sind. Dazu gehören etwa der Dresscode im Unternehmen, die Formen der Begrüßung und Verabschiedung, der Umgang mit Fehlern, die Arbeitsbedingungen und die Ausstattung des Arbeitsplatzes, Mottos, Slogans, et cetera.

Eines der bekanntesten Kommunikationsmodelle zum Erfassen der Kultur ist das Eisbergmodell, wobei der Begründer und Anthropologie Edward T. Hall sich hier an Sigmund Freunds gleichnamiger Theorie orientiert hat. Weitere Theorien in diesem Kontext sind etwa das Modell von Schein, das Modell nach Hofstede und das 7-S-Modell.

Das Eisbergmodell

Wie bei einem Eisberg sind die sichtbaren Formen der Kultur nur zu einem kleinen Teil, nämlich zu rund 20 Prozent, sichtbar. Die Basis und somit der Großteil sind unsichtbar und machen rund 80 Prozent des Eisbergs aus. Ähnlich wie Sigmund Freud geht auch Hall in seinem Eisbergmodell davon aus, dass es eine sichtbare Sachebene und eine unsichtbare Beziehungsebene gibt.

Die sichtbaren Erscheinungsformen des Eisbergmodells

  • Leitbilder und Unternehmensphilosophie
  • Strategie und Zielsetzung des Unternehmens
  • Außenwirkung des Unternehmens
  • Die äußere Erscheinung (Gebäude, Auftreten der Mitarbeitenden, et cetera.)

Die unsichtbaren Erscheinungsformen des Eisbergmodells

  • Im Unternehmen geteilte Werte und verdeckte Regeln
  • Unausgesprochene Regeln und Verhaltensweisen
  • Gefühle und Gedanken
  • Grundbedürfnisse
  • eziehungen und Kommunikation der Mitarbeitenden untereinander

Modell von Schein

In seinem 3-Ebenen-Modell, das Edgar H. Schein Mitte der 1980er-Jahre veröffentlich hat, werden die verschiedenen Ebenen einer Unternehmenskultur sowie deren Beziehungen zueinander analysiert. Änderungen der Unternehmenskultur gehen Schein zufolge mit Änderungen der Grundannahmen einher.

1. Grundannahme

  • Fundament der Unternehmenskultur
  • Unbewusst und unsichtbar
  • Umwelt
  • erlernte soziale Grundnormen
  • bilden Verhaltens- und Orientierungsmuster ab
  • Mitarbeiterakzeptanz für Änderungen auf dieser Ebene ist besonders gering
  • als normal empfunden und nicht hinterfragt

2. Werte und Normen

  • teilweise unsichtbar und unbewusst
  • bilden Richtlinien und Regeln sowie Verbote und Gebote

3. Symbolsystem

  • Artefakte, sichtbarer Teil der Unternehmenskultur
  • Firmenlogo
  • Sichtbare Verhaltensweisen und -muster
  • Unternehmensinterne Abkürzungen und Sprachen

Modell nach Hofstede

Der niederländische Kulturwissenschaftler Geert Hofstede betrachtet die Kultur als eine gemeinsame Denkweise von Menschen einer sozialen Gruppe. Somit grenzt Kultur die eigene Gruppe von anderen ab. Die Mitglieder entwickeln die Kultur fortwährend weiter.

Um sein Modell zu veranschaulichen, greift Hofstede auf das Zwiebelmodell zurück, welches die Kultur in vier Schichten beziehungsweise Kategorien unterteilt:

  1. Gemeinsame Werte

Der inhaltliche Kern, der das Verständnis der Kultur bildet

  1. Gemeinsame Rituale

Aktivitäten, die dazu dienen, soziale Beziehungen zu festigen und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken

  1. Gemeinsame Helden

Vorbilder im Unternehmen oder Mitglieder, die besonders geschätzt werden, häufig auch der Gründer des Unternehmens

  1. Gemeinsame Symbole

Zeichen (Logos, Bilder, Wörter, et cetera.), die von allen Unternehmensmitglieder verstanden werden

Die Gesamtheit der vier Schichten spiegelt sich in den Praktiken, also den Handlungen und dem Verhalten der Organisationsmitglieder wieder.

7-S-Modell

Das 7-S-Modell der ehemaligen Berater von McKinsey – Tom Peters und Robert H. Waterman junior – betrachtet die Gesamtheit des Unternehmens. Sieben Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen und deren Balance maßgeblich für den Erfolg sind, stehen hier im Fokus ‒ und zwar drei harte und vier weiche Faktoren.

Die harten und greifbaren Faktoren:

  • Strategy: alle Maßnahmen zur Veränderung und zum Wachstum des Unternehmens
  • Structure: Verbindung, Kooperation und Zusammenarbeit der Abteilungen mit- und untereinander
  • Systems: (in-)formelle Prozesse zur Strategieumsetzung in den Strukturen

Die harten Faktoren sind aufgrund von Planung und Dokumentation auch von außen nachvollziehbar. Demgegenüber stehen die weichen Faktoren, die weder nachvollziehbar noch greifbar sind. Zu diesen zählen:

  • Skills: Werte und Normen innerhalb des Unternehmens sowie der Führungsstil und die Kultur des Management
  • Shared Values: grundlegende Ideen und Visionen der Organisation, die von allen Beteiligten getragen werden
  • Staff: sämtliche im Bereich Human Resources
  • Style: individuelle Stärken des Unternehmens

Die weichen Faktoren haben einen stärkeren Einfluss auf die Organisationskultur und beeinflussen gleichzeitig die Entwicklung der harten Faktoren. Zudem entwickeln sich die weichen Faktoren kontinuierlich weiter, weil der Mensch diese direkt beeinflusst. Peters und Waterman zufolge liegt der „Schlüssel für die Effektivität“ einer Organisation in der Balance dieser sieben Faktoren sowie der optimalen Ausrichtung der sowohl weichen als auch harten Faktoren.

Wie lässt sich eine gute Unternehmenskultur messen?

Im Prinzip gibt es ganz unterschiedliche Wege, um den Ist-Zustand der Kultur im Unternehmen zu messen. Dazu gehören etwa Umfragen wie die Messung des „Employee Net Promoter Score“ oder des „Employer and Manager Satisfaction Score“, als auch die Fluktuationsrate. Für die HR-Abteilung ist Letzteres wohl der bedeutendste Indikator, denn: Wer eine positive Unternehmenskultur pflegt, kann mit einer niedrigen Fluktuationsrate rechnen.

Doch wie lässt sich die monatliche Fluktuation messen? Es braucht eigentlich nur drei Zahlen: die Anzahl der Mitarbeitenden am Anfang des Monats, am Ende des Monats und die Anzahl der Mitarbeiter, die in diesem Monat ausgeschieden sind. Der Durchschnitt lässt sich ermitteln, indem Anfangs- und Endbelegschaft addiert und dann durch zwei geteilt wird. Anschließend wird die Anzahl der Mitarbeitenden, die ausgeschieden sind, durch die durchschnittliche Anzahl von Mitarbeiter geteilt. Am Schluss wird diese Zahl mit 100 multipliziert, so dass sich der finale Prozentsatz der Fluktuation ergibt. Hilfreich ist, diesen regelmäßig mit dem Branchendurchschnitt oder früheren Daten aus dem Unternehmen zu vergleichen.

Warum trägt die Unternehmenskultur dazu bei, Talente zu halten?

Wie im Zusammenhang mit dem Eisbergmodel nach Edgar Schein beschrieben, sind Teile der Organisationskultur auch von außen sichtbar. Somit haben gerade die sichtbaren Erscheinungsformen einen Einfluss auf das Employer Branding. Bewerberinnen und Bewerber sowie neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich so schnell einen Überblick machen, ob ein Unternehmen theoretisch zu ihnen passt.

09.07.2021    Miriam Rönnau
  • Drucken
Zur Startseite