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Betriebliches Gesundheitsmanagement

Immer in Bewegung – und kerngesund

Betriebliches Gesundheitsmanagement – bei dem Begriff denken viele an vegetarisches Kantinenessen, ergonomisch eingerichtete Arbeitsplätze und Betriebssport. Alles irgendwie schön und gut. Doch Angebote zur Gesundheitsförderung sind längst Pflicht für Unternehmen. Und mehr noch: Sie sind eine zentrale Führungsaufgabe.

Einmal am Tag schließt Philippe Bopp für zehn Minuten seine Augen und atmet tief ein und aus. Der Mitgründer und CEO von machtfit, einer Online-Plattform für betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM), nutzt seine Meditations-App regelmäßig. Für ihn ist sie ein wichtiges Instrument, um Stress im Arbeitsalltag zu regulieren und etwas für seine mentale Gesundheit zu tun. 

Als er und sein Team 2011 machtfit aus einem ­Innovationsprojekt an der Technischen Universität Berlin gründeten, hatte Gesundheit in vielen Firmen einen weitaus geringeren Stellenwert als heute. „Ein paar Äpfel und Wasser für die Belegschaft waren damals das Verständnis von betrieblichem Gesundheitsmanagement“, sagt Bopp.

Eine Haltung, die sich inzwischen wesentlich geändert hat. Weil 2016 das Präventionsgesetz in Kraft getreten ist, wodurch BGM zunehmend professionalisiert wurde. Weil die Coronapandemie gezeigt hat, wie wichtig und zugleich labil die Gesundheit der Belegschaft ist. Aber auch weil viele Unternehmen den Fachkräftemangel deutlich spüren und ein Gesundheitsangebot zur Arbeitgeberattraktivität beiträgt. 

Eine strategische Führungsaufgabe

Grundsätzlich geht es beim BGM vor allem um eines: Mitarbeitende für gesundheitsförderliches Verhalten sensibilisieren und qualifizieren. Laut einer Online-Befragung, die DUP UNTERNEHMER kürzlich unter Unternehmerinnen und Unternehmern durchgeführt hat, glauben 74 Prozent, dass ihre Verantwortung für die Gesundheit der Angestellten künftig zunimmt. 54 Prozent planen daher, unter anderem sportliche Angebote innerhalb des BGM auszubauen.

Bopp sagt: „Heutzutage stellt sich nicht mehr die Frage, ob ein Unternehmen betriebliche Gesundheitsmaßnahmen anbietet, sondern auf welche Weise. Dabei geht es darum, möglichst viele Mitarbeitende zu erreichen und nicht nur jene, die schon einen aktiven Lebensstil pflegen.“

Insbesondere seit Ausbruch der Coronapandemie ist das Fördern des körperlichen und seelischen Wohlbefindens zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe geworden, die auch Unternehmen betrifft. So heißt es beispielsweise im „Health Report 2022“ des Zukunfts­instituts: „Gesundheitsvorsorge ist keine individuelle Angelegenheit mehr. Sie wird zur strategischen Führungsaufgabe.“

Will man im Unternehmen BGM erfolgreich umsetzen, gilt daher: „Es ist wichtig, Führungskräfte aktiv mit einzubeziehen, um ihre Rolle als Vorbild und Multiplikator zu stärken“, sagt Sarah Siefen, Vorständin des Bundesverbands Betriebliches Gesundheitsmanagement. Wiebke Arps, Expertin für Gesundheitsmanagement bei der Techniker Krankenkasse, ergänzt: „Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion, der sie sich oftmals nicht bewusst sind. Ihr Verhalten – auch ihr Gesundheitsverhalten – wird von Mitarbeitenden wahrgenommen und nachgeahmt.“

Sportliche Vorbilder in der Chefetage

An sportlichen Vorbildern in den Führungsetagen hierzulande mangelt es allerdings nicht. Giovanni Liverani, CEO für die DACH-Region beim Versicherungskonzern Generali, ist begeisterter Läufer, nimmt selbst an Wettbewerben teil. Daher wundert es auch nicht, dass Generali deutschlandweit als Titelsponsor für große Lauf-Events agiert.

Allianz-Aufsichtsratschef Michael Diekmann kann Karate, trägt den braunen Gürtel. Noch-adidas-CEO Kasper Rorsted trifft man regel­mäßig beim ­Work-out im konzerneigenen Gym – und im Winter auf der Skipiste. Thomas Rabe, Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann und CEO der RTL Group, betreibt intensiven Ausdauersport: Er joggt, fährt Rad, rudert auf einer Maschine – und das nach einem Punktesystem. Für jeden zurückgelegten Trainingskilometer gibt es einen Punkt. 100 Punkte pro Woche sind sein Ziel.

Dass es nicht notwendig ist, sich bewusst Zeit für Sport zu nehmen, zeigt Margret Suckale: „Ich bin ein Fan von öffentlichen Verkehrsmitteln. In der Coronazeit habe ich diese natürlich gemieden und viele Strecken zu Fuß zurückgelegt. So habe ich viele Ecken der Stadt entdeckt, die ich vorher nicht kannte, und meine Schrittzahl locker verdoppelt“, sagt die Multiaufsichtsrätin. Ein- bis zweimal in der Woche würden so durchaus 20.000 Schritte zusammenkommen.

Kleine Veränderungen bewirken viel

Dass regelmäßige Bewegung die Gesundheit positiv beeinflusst, ist bekannt. So wird das Immunsystem gestärkt, unter anderem Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen, Diabetes, Osteoporose und Burn-out vorgebeugt, die Schlafqualität verbessert und das Altersdemenz-Risiko vermindert. Auch schon kleine Veränderungen bewirken viel. Die Treppe statt den Fahrstuhl nutzen, mit dem Rad zur Arbeit fahren, zu Fuß zum Bahnhof gehen, statt den Bus zu nehmen: Solche Aktivitäten können helfen, sich energiegeladener zu fühlen, was das Wohlbefinden verbessert. Das zeigt eine Untersuchung eines Forscherteams des Karlsruher Instituts für Technologie und des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim.

Angestellte zu eben solchen kleinen Veränderungen zu motivieren kann bereits Teil des BGM sein. Denn hatte ein Unternehmen noch gar keine Berührungspunkte mit dem Thema, gilt: „So niedrigschwellig wie möglich einzusteigen ist das Beste“, sagt Professor Volker Nürnberg, Experte für betriebliche Gesundheitspolitik von der Hochschule Allensbach. Langfristig gelte allerdings: „BGM ist ein ganzheitlicher Managementprozess“, so Nürnberg. „Maßnahmen wie Gesundheitstage sind nicht verkehrt, aber auch nicht nachhaltig.“ Besser seien langfristige Kampagnen.

BGM ist keine Frage der Firmengröße

Die Telekom hat beispielsweise mit „My Health Journey“ ein Programm zum Thema mentale Stärke aufgelegt. Im Fokus: Aspekte wie Resilienz, gesundes und achtsames Führen, Selbstfürsorge im digitalen Umfeld. Und mit dem Projekt „#ausruhezeichen“ schult die Telekom Mitarbeitende zu gesundem Schlaf. 

Dass BGM nicht nur in Großkonzernen funktioniert, zeigt Bergader. Die Käserei im oberbayrischen Waging am See ist ein mittelständisches Familienunternehmen, hat rund 650 Mitarbeitende. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde angefangen, regelmäßig Mittagessen für die Mitarbeitenden zu kochen – es war der Beginn des BGM bei Bergader. Das Credo von Inhaberfamilie Kress: Jeder soll gesund in Rente gehen.

Eine Kantine, in der frische regionale Speisen subventioniert angeboten werden, gibt es noch immer. Zudem steht jedem Mitarbeitenden ein Therapeut aus einem nahe gelegenen Rehazentrum, in dem Profisportler wieder fit gemacht werden, als Gesund­heitscoach zur Verfügung. Dieser entwickelt einen individuellen, auf die persönliche Situation und die Anforderungen seines Arbeitsplatzes zugeschnittenen Trainingsplan. Trainiert werden kann in einer von drei firmeneigenen Gesundheitslounges.

In den Bereichen Produktion und Verpackung stehen zudem High­tech-Exoskelette als Hebe- und Tragehilfen zur Verfügung. Sie sorgen dafür, dass Mitarbeitende bei der Arbeit entlastet werden und das Risiko von Rückenschmerzen und Wirbelsäulenschäden minimiert wird.

Es gibt beim BGM noch viel Potenzial

Obwohl Unternehmen zunehmend den Mehrwert einer strategischen, ganzheitlichen Gesundheitsförderung erkennen, gibt es laut Siefen oft noch Luft nach oben. So täten sich einige Führungskräfte schwer damit, langfristig finanzielle und personelle Ressourcen für BGM zur Verfügung zu stellen. Siefen: „Auch wenn einmalige Maßnahmen zur Gesundheitsförderung verlocken, können sie auf lange Sicht nicht den erhofften Beitrag zur Senkung der Belastung, Reduzierung der Krankenquote und Steigerung der Mitarbeitendenzufriedenheit leisten.“

Oft würden fehlende personelle Ressourcen oder ein hoher Workload als Hinderungsgrund für die Einführung eines BGM genannt. Doch genau darin liegt laut Siefen das Potenzial: „Durch ein zielgerichtetes Vorgehen können Belastungen an der Quelle analysiert und optimiert werden.“

Ob ein Schrittwettbewerb zwischen Teams, der Offline-Yoga-Kurs oder die digitale Meditations-Challenge: Entscheidend ist, dass Maßnahmen in eine langfristige unternehmerische Gesamtstrategie eingebettet sind. „Corporate Health muss den Anspruch haben, ganzheitlich zu sein, und auf einer Kultur des Vertrauens basieren. Denn was ein Mensch als Gesundheitsförderung empfindet, ist sehr individuell“, sagt machtfit-CEO Bopp. Für diesen Wertewandel flexible Lösungen zu finden, die Angestellte auch im Homeoffice erreichen – das sei eine der größten He­rausforderungen im hybriden Hier und Jetzt.

Leadership

Alles eine Frage der Haltung

Wiebke Arps Techniker Krankenkasse

Arbeitgeber haben ihren Angestellten gegenüber eine Fürsorgepflicht. Dazu gehört es auch, die Gesundheit zu schützen. Dabei kann betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) helfen – allerdings nur unter einer Voraussetzung, wie Wiebke Arps, Expertin für Gesundheitsmanagement bei der Techniker Krankenkasse, betont: Die Chefetage muss das BGM-Angebot voll und ganz unterstützen.

Warum sollten Unternehmen in BGM investieren? Welchen konkreten Nutzen haben sie dadurch?
WAIch bin mir sicher, dass Unternehmen, die relativ viel tun, um die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu erhalten, langfristig erfolgreicher am Markt sind. Denn sie haben insgesamt zufriedenere, leistungsfähigere Angestellte. Unternehmen sind auch attraktiver für neue Mitarbeitende, wenn sie eine gesunde Unternehmenskultur nachweisen können. Das ist in Zeiten des allgemeinen Fachkräftemangels ein zusätzliches Argument, um in BGM zu investieren.
Mal einen Gesundheitstag machen – das ist im Zweifel schnell organisiert, aber nachhaltig ist das nicht. Wie gelingt es also, ein dauerhaftes BGM-Angebot einzuführen?
WABGM kann nur nachhaltig Wirkung entfalten, wenn es auch strukturell verankert ist. Man braucht Expertinnen und Experten, die sich um das Thema kümmern und es vorantreiben. Die damit verbundenen Aufgaben müssen auf mehrere Schultern verteilt werden, damit nicht nur eine oder einer verantwortlich ist. Und ganz wichtig: Die Unterstützung der Geschäftsführung muss gegeben sein. BGM muss Top-down gewollt sein. Ob das der Fall ist, hängt unter anderem auch von der Unternehmenskultur ab.
Haben es denn große Konzerne leichter BGM einzuführen als kleinere Unternehmen?
WAKonzerne haben zumindest eher die Manpower und die finanziellen Mittel für BGM. Aber ich kenne auch genügend kleine und mittlere Firmen, darunter viele Familienunternehmen, in denen die Besitzer komplett hinter dem Thema stehen. Und sobald BGM von oben gewollt ist, sind seltsamerweise auch die Ressourcen dafür da. Das gilt selbst für kleine Start-ups mit nur wenigen Mitarbeitenden, wenn die Gründenden privat Wert auf gesundheitliche Aspekte legen. Sieht die Geschäftsführung allerdings keinen Sinn in BGM-Maßnahmen, dann ist es für die Beschäftigen auch schwer, nachhaltig etwas auf die Beine zu stellen. Dann bleibt es meist bei einzelnen Initiativen wie dem Gesundheitstag oder dem vegetarischen Gericht in der Kantine.
Das heißt also, ein gesundheitsbewusster Chef achtet auch mehr auf das Wohlbefinden seiner Angestellten?
WADefinitiv. Unabhängig von der Unternehmensgröße und der Branche steht und fällt BGM mit den Menschen, die sich für das Thema engagieren. Wenn beispielsweise in einem Unternehmen die Meinung vorherrscht, dass man nicht krank sein darf und der Chef dieses auch vorlebt, indem er krank zur Arbeit kommt, dann ist das natürlich insgesamt keine gesunde Kultur.
Das ist dann das klassische Präsentismus-Phänomen. Wie lässt sich solch einer Kultur entgegenwirken?
WAFührungskräfte müssen sich darüber bewusst werden, wie ihr Verhalten auf Mitarbeitende wirkt. Wenn also der Chef beispielsweise ständig Überstunden macht, wird das auch bei Angestellten Überstunden provozieren. Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion, der sie sich oftmals nicht bewusst sind. Ihr Verhalten – auch ihr Gesundheitsverhalten – wird wahrgenommen und von vielen nachgeahmt. Wenn also der Chef nicht auf Ergonomie an seinem Arbeitsplatz achtet, warum sollten die Angestellten es dann tun? Wenn der Chef keinen Wert auf wertschätzende Kommunikation legt, wie soll dann die Kommunikation im Team gut funktionieren? Und was bringt der Workshop zu Stressbewältigung, wenn mir mein Chef ständig „im Nacken“ sitzt und immer neue Forderungen stellt, die zu Mehrarbeit führen? Daher geht es beim BGM eigentlich gar nicht primär darum, möglichst viel Geld in Maßnahmen zu stecken. Denn die Haltung innerhalb der Führungsetage ist ein entscheidender Faktor für das Wohlbefinden der Angestellten. Und sich dieser Haltung bewusst zu werden und sie zu verändern, kostet erstmal nichts.
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Initiative „Raus und los“

Gesund arbeiten & leben

Gesundheitspartner-Logo der TK

Die Techniker Krankenkasse unterstützt Unternehmen dabei, Maßnahmen zu ergreifen, um das Wohlbefinden der Angestellten zu steigern. Präventionsberater legen mit Gesundheitsaktionen den Grundstein für ein betriebliches Gesundheitsmanagement; BGM-Berater unterstützen beim Aufbau nachhaltiger BGM-Strukturen.

Doch egal, ob das Interesse an gesundheitsbewusstem Verhalten nun im Rahmen des BGM oder durch Ereignisse im Privatleben geweckt wird: Schon kleine Veränderungen bei Ernährung oder Schlaf- und Bewegungsgewohnheiten können viel bewirken. Mit der Initiative „Raus und los“ will die Techniker Krankenkasse daher dazu anregen, Bewegung bewusster in den Alltag zu integrieren. Aktive Versicherte werden zudem belohnt: Ob zu Fuß oder per Fahrrad – mit dem Fitnessprogramm TK-Fit in der TK-App erhalten sie für jede zurückgelegte Distanz Bonuspunkte. Diese können gegen Prämien eingetauscht, als Gesundheitsbonus ausgezahlt oder als TK-Gesundheitsdividende als Zuschuss für eine andere Maßnahme genutzt werden.

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Videocredit: Getty Images/alvarez

Bildcredits: Getty Images/jacoblund; Getty Images/Thomas_EyeDesign; TK

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