Illustration einer depressiv wirkenden jungen Frau
10.08.2022    Daniela Tabarelli
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Die Anforderungen an den Arbeitsplatz haben sich verändert. Nicht nur Faktoren wie Gehalt und Arbeitszeiten stehen im Fokus. Themen wie Sinnhaftigkeit, flexible Arbeitsmöglichkeiten durch Remote Work und eine gute Work-Life-Balance gewinnen an Bedeutung. Und wer im Job produktiv sein will, muss zudem fit sein. Nicht nur die körperliche, sondern auch die mentale Gesundheit ist dafür entscheidend.

Seit Jahren wächst jedoch die Zahl der Fehltage ­wegen psychischer Erkrankungen. Zwischen 2011 und 2021 nahmen diese laut IGES Institut um 41 Prozent zu, während der Krankenstand insgesamt nur um zwei Prozent anstieg. Die Coronapandemie hat das Problem noch einmal verstärkt, denn psychische Belastungen nahmen zu.

Stress bleibt auch nach Feierabend

Am Arbeitsplatz fühlen sich viele Menschen damit alleingelassen. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland ist der Meinung, dass sich ihr Arbeitgeber nicht um ihr Wohlbefinden kümmert. Gleichzeitig nehmen 40 Prozent nach Feierabend regelmäßig beruflichen Stress mit nach Hause. Das zeigt eine YouGov-Umfrage im Auftrag des Unternehmens Gympass, das unter anderem Firmen-Flatrates für Fitnessstudios anbietet. 

Obwohl viele Menschen betroffen sind, wird das Thema mentale Gesundheit häufig tabuisiert. So haben 34 Prozent der Befragten das Gefühl, am Arbeitsplatz nicht dazu ermutigt zu werden, offen über Stress und Ängste zu sprechen. Bei älteren Beschäftigten ist der Anteil höher als bei jüngeren. Die Ergebnisse zeigen laut den Studienautoren, dass zwar ein Wandel begonnen hat, es also öfter eine offene Feedbackkultur gibt. Sie zeigen allerdings ebenfalls, dass Personen in Führungspositionen gefordert sind, noch offener mit dem Thema auf ihre Mitarbeitenden zuzugehen.

Bewusstsein für mentale Gesundheit nimmt zu

Dass das Bewusstsein für die Bedeutung mentaler ­Gesundheit und des Wohlbefindens am Arbeitsplatz in jüngeren Generationen zunimmt, erbrachte auch eine Umfrage der Employer-Branding-Beratung Universum. Dabei wurden Studierende sowie Menschen befragt, die gerade ins Berufsleben gestartet sind. Mehr als 90 Prozent von ihnen sagten, dass das Wohlbefinden der Angestellten für die Unternehmen Priorität haben sollte. Sie gehen außerdem davon aus, dass mit dem Wohlbefinden auch die Produktivität am Arbeitsplatz steigt. In der Realität erfahren die Befragten die gewünschte Unterstützung aber noch nicht. In der Gruppe der Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger, von denen 95 Prozent wollen, dass Firmen das Thema priorisieren, sagten nur 36 Prozent, dass ihre Arbeitgeber bereits entsprechende Anstrengungen unternommen hätten.

Hier zeigt sich ebenfalls, wie wichtig eine offene Kommunikation ist. Nur etwa die Hälfte der Befragten, die angaben, sich gestresst zu fühlen oder Ängste zu haben, hat am Arbeitsplatz nach Hilfe gefragt. Von denen, die gefragt haben, hat nur etwas mehr als ein Drittel auch Unterstützung erhalten. Die Studienautoren sehen aufseiten der Unternehmen deshalb noch großes Potenzial, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das mentale Gesundheit fördert.

Arbeitgebende sollten niedrigschwellige Angebote machen

Die Maßnahmen, mit denen sich das Wohlbefinden am Arbeitsplatz steigern lässt, sind vielfältig. Ein offener Umgang mit dem Thema mentale Gesundheit bildet die Grundlage. Expertinnen und Experten, Coaches sowie Therapeutinnen und Therapeuten helfen Arbeitgebenden dabei, gezielte Strategien zu entwickeln und diese umzusetzen. Neben Trainings- und Beratungsangeboten spielen auch Rahmenbedingungen wie die Arbeitsplatzgestaltung eine wichtige Rolle. Mobiles Arbeiten kann etwa dazu beitragen, Job und Privatleben besser vereinbaren zu können. In einer Umfrage des Recruiting-Unterstützers Softgarden wurden Bewerbende nach den Vorteilen von Homeoffice gefragt. Am häufigsten wurden der entfallende Arbeitsweg und eine flexiblere Einteilung der Arbeitszeit genannt, gefolgt von einer besseren Work-Life-Balance.

Im Alltag bieten beispielsweise Achtsamkeits-Apps wie „7Mind@Work“ oder „Mindletic“ niedrigschwellige und flexible Angebote für Beschäftigte. Einfache Übungen sollen Nutzerinnen und Nutzer unter anderem dabei unterstützen, Stress im Alltag abzubauen und das Selbstvertrauen zu stärken. 

Generell gilt: Unternehmen sollten Angebote, die sie unterbreiten, auch entsprechend kommunizieren und bewerben. Denn die Gympass-Umfrage zeigt, dass in mehr als zwei Drittel der Unternehmen zwar betriebliche Gesundheitsmaßnahmen und Benefits angeboten, doch diese nur von der Hälfte der Belegschaft genutzt werden.

10.08.2022    Daniela Tabarelli
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