Ein Portrait von Mattias Ulbrich
20.12.2019    Madeline Sieland
  • Drucken
p>Das Stuttgarter Unternehmen Porsche geht auf ein 1931 von Ferdinand Porsche gegründetes Konstruktionsbüro zurück, ist seit 2009 Teil des Volkswagen-Konzerns – und scheut sich nicht, ungewöhnliche Wege zu gehen.

Mit der Konkurrenz zusammenarbeiten? Das ist für Porsche-CIO Mattias Ulbrich alles andere als ein No-Go. Im Gegenteil: Er sieht in einer engeren Zusammenarbeit den Schlüssel zu einer endlich erfolgreichen digitalen Transformation der etablierten Automobilhersteller.

Zur Person

Illustration Matthias Ulbrich

Mattias Ulbrich

ist seit September 2018 CIO bei Porsche. Der studierte Elektrotechniker hatte seit 1998 verschiedene Positionen im Volkswagen-Konzern inne, war unter anderem CIO bei Seat und Audi

Porsche hat zuletzt unter anderem in Urgent.ly investiert. Das Start-up vernetzt Autofahrer, Dienstleister und Autobauer und koordiniert im Pannenfall die Hilfe. Warum setzt Porsche auf Start-ups und nutzt nicht die eigene Kraft, um Innovationen zu fördern?

Mattias Ulbrich: Innovationskraft ist in unserer Unternehmensstrategie fest verankert. Wir erweitern auch intern ­unsere Kompe­ten­zen, wollen bis Ende 2020 rund 100 KI-Experten beschäftigen. Zudem haben wir Digital- und Innovationseinheiten aufgebaut. Porsche Digital kümmert sich mit über 100 Mitarbeitern in Ludwigsburg, Berlin, Tel Aviv, im Silicon Valley, in Schanghai und bald auch in Atlanta um neue Geschäftsmodelle und Scouting. Wir wissen aber, dass wir es nicht alleine schaffen können. Deshalb setzen wir zudem auf Partnering und Venturing.

Wie hat sich das Verhältnis von etablierten Playern und Angreifern in Ihrer Branche entwickelt?

Ulbrich: Gerade im IT-Bereich müssen Autohersteller über Konzerngrenzen hinweg noch viel mehr zusammenarbeiten, um gegen die Internetkonkurrenz bestehen zu können. Es ist wichtig, sich zu öffnen – nicht nur gegenüber Start-ups, sondern auch dem Wettbewerb. Wir brauchen gemeinsame digitale Plattformen, mit einer individuellen kundenspezifischen Ausgestaltung. Für uns geht es zunehmend um die Entwicklung ganzer Plattformlösungen. Zuletzt haben wir den Aufbau einer Industrial Cloud mit Amazon Web Services angekündigt. Eine Digital Production Platform wird Produktionsstätten und Maschinen weltweit so verknüpfen, dass ein Lagebild in Echtzeit entsteht. Auf dieser Grundlage werden wir Microservices aufsetzen. Sie ermöglichen uns, Anwendungssoftware wesentlich modularer zu gestalten und flexibler zu nutzen.

Mit „Porsche inFlow“ können Ihre Kunden ein Auto gegen einen monatlichen Paketpreis fahren. Inwieweit sind derartige Modelle – mieten statt kaufen – die Zukunft?

Ulbrich: Wir erproben mit „Porsche inFlow“ neue Vertriebsmodelle und sprechen damit auch Kunden an, die zwar ein Auto fahren, sich aber nicht langfristig durch Kauf oder Leasing binden möchten. Ein Porsche lässt sich hier per App zum ­monatlichen Festpreis abonnieren. Nach sechs Monaten können die Kunden zu einem anderen Modell wechseln. Damit wollen wir Erfahrungen sammeln. Wer sind die Kunden? Wie nutzen sie die Autos im Abo? Dabei wollen wir auch herausfinden, wie wir diese Zielgruppe doch noch zu Käufern machen können. Autos zu verkaufen ist und bleibt unser Kerngeschäft.

Ein Blick auf das Morgen: Wann bringt uns ein selbstfahrendes Auto von Hamburg nach München? Und wer baut es?

Ulbrich: Porsche wird immer eine Marke sein, die man selbst fahren möchte. Und wir hoffen, dass dies auf unseren Straßen noch lange möglich ist. Aber auch für Porschefahrer gibt es Situationen, in denen sie gern auf Module des autonomen Fahrens zurückgreifen werden – etwa im Stau oder bei Stop-and-go. Es ist doch reizvoll, wenn ich Zeitung lesen kann und das Auto mich zur Arbeit fährt. Zudem arbeiten wir daran, autonomes Fahren Porsche-typisch zu interpretieren. Wir denken etwa an eine Mark-Webber-Funktion. Stellen Sie sich vor, ein  virtueller Mark Webber chauffiert Sie um die Nordschleife am Nürburgring. Er ist eine Art Instrukteur und coacht Sie virtuell.

20.12.2019    Madeline Sieland
  • Drucken
Zur Startseite