Israelische Flagge weht im Wind vor der Skyline und dem Strand von Tel Aviv und symbolisiert so Israels Wirtschaft
16.02.2024    Doris Neubauer
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Der 7. Oktober 2023 geht in die Geschichte ein. Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf israelische Zivilisten tobt im Nahen Osten ein blutiger Krieg. In Israels Unternehmen geht hingegen das Tagesgeschäft weiter. So gut das möglich ist. „Eine Woche nach dem 7. Oktober sollten wir ein globales IT-Sicherheitstreffen für Autos abhalten“, so Adi Ofek, CEO des Mercedes-Benz Techcenters in Tel Aviv, bei einer digitalen Wirtschaftskonferenz Anfang Dezember. „Wir Israelis sagen nichts ab, also haben wir vorgeschlagen, auf Remote zu wechseln.“

Solidarität und Rücksichtsnahme

Bei ihren Kollegen von Mercedes-Benz Deutschland rief das Erstaunen hervor. „Adi, bist du verrückt? Die Menschen in Deutschland können nicht glauben, dass du unter diesen Umständen einen Workshop leiten willst“, schilderte sie die Reaktion. Für Ofek zeigt das die Fürsorglichkeit ihrer Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten sowie die Unterstützung, die das israelische Research and Development (R&D) Center aus der Bundesrepublik seit Ausbruch des Kriegs erhält. Zu Letzterem zählten Solidaritätsbotschaften sowie Spenden in Millionen-Euro-Höhe. Und die Veranstaltung zur IT-Sicherheit? Die wurde aus Rücksichtnahme auf das israelische Team verschoben. „Es wäre nicht richtig gewesen, einen solchen strategischen Workshop abzuhalten“, gesteht sich Ofek rückblickend ein.

Israels Wirtschaft braucht Unterstützung

Vor der Herausforderung, israelische Kolleginnen und Kollegen oder Geschäftspartner im Nahostkonflikt zu unterstützen, steht nicht nur Mercedes-Benz. „Deutschland ist einer der bedeutendsten Partner in Europa“, beschrieb Dr. Ron Tomer von der Manufacturers’ Association of Israel die Rolle hiesiger Unternehmen und Wirtschaftstreibender. Die Bundesrepublik hätte sich als „toller Partner“ unter anderem in den Bereichen Biosicherheit und Bio- sowie Lebensmitteltechnologie etabliert. Unternehmen wie die Deutsche Telekom oder BMW haben Joint Ventures gebildet. Global gesehen belegt Deutschland in dieser Rolle den dritten Platz nach China und den USA.

Die Beziehung zu Deutschland

Geht es nach Nir Barkat, Israels Minister für Wirtschaft und Industrie, könnte die Bundesrepublik Deutschland künftig weiter an Bedeutung gewinnen. „Die Beziehung zu Deutschland ist eine der wichtigsten. Denn es handelt sich potenziell um die größte Drehscheibe für israelische Unternehmer“, betonte er. Insbesondere die Exportcluster Hightech, Industrie 4.0, Gesundheitstechnologie und Biowissenschaften stehen im Fokus der bilateralen Zusammenarbeit. Ebenso sind Agro- und Lebensmitteltechnologie, Klimatechnologie sowie innere Sicherheit von Bedeutung. Er bezeichnete es als beidseitige „Win-win-Strategie“, Deutschland als Zentrum für junge israelische Unternehmen zu fördern.

Beide Seiten profitieren: „Gemeinsam stärker“

Davon würde auch die deutsche Seite profitieren, denn „israelische Unternehmen gelten als starke Partner“, so Dr. Claudius da Costa Gomez, Co-Geschäftsführer vom Bundesverband Erneuerbare Energie e. V. (BEE). „Die ehr­geizige Strategie für die Entwicklung und den Ausbau erneuerbarer Energien kann den Kern der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern bilden“, ist er überzeugt und fügt hinzu: „Die weitere Zusammenarbeit zwischen der israelischen und deutschen Start-up-Szene wird neuen Wohlstand, Exzellenz und Unabhängigkeit schaffen.“
Die ungebrochene Unterstützung Deutschlands sowie multinationaler Unternehmen zeige das Vertrauen in den israelischen Technologiesektor, freute sich auch Avi Hasson, CEO von „Startup Nation Central“ (SNC): „Es gibt uns viel Hoffnung.“

Sechs Tipps

1. Zurück zum Tagesgeschäft: „Wir sollten nicht die letzten, aber vielleicht die ersten sein, die persönlich nach Israel kommen, um zu zeigen, dass es ein sicherer Ort ist“, rät Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister von Kiel und Präsident des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU).

Er empfiehlt deutschen Unternehmen: „Werden Sie Teil einer Delegation, oder wenden Sie sich an Non-Profit-Organisationen.“ Zum Beispiel organisiert das ELNET branchenübergreifend Delegationsreisen und Konferenzen, um die deutsche Wirtschaft mit der israelischen Start-up-Szene zu verknüpfen. Mehr unter elnet-deutschland.de

2. Investieren in Israels Wirtschaft: Deutsche Unternehmen können davon profitieren, wenn sie in israelische Start-ups, Projekte oder die Entwicklung neuer Technologien und Innovationen investieren.

3. Veranstaltungen zur Vernetzung: Der deutsche Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA) organisiert 2024 die Technologietage und die IAA. Veranstaltungen und Workshops, auf denen sich Unternehmerinnen und Unternehmer vernetzen können, finden auch beim German Israeli Network of Startups & Mittelstand (GINSUM) statt.

4. Potenziale und Möglichkeiten der Zusammenarbeit: Neben verschiedenen Veranstaltungen bietet GINSUM Kontakte, Marktinformationen und -zugänge, um den deutschen Mittelstand mit der israelischen Start-up-Szene zu verbinden.

„Es gibt eine große Chance für die technologische Zusammenarbeit selbst. Sowohl vom Standpunkt der Forschung und Entwicklung über die Zusammenführung und Gründung von Technologieunternehmen zwischen Deutschland und Israel bis hin zur Pilotierung deutscher Technologien, die relevant sein könnten“, ist Danielle Abraham, Geschäftsführerin von Volcani International Partnerships, überzeugt.

5. Israelische Unternehmen und Start-ups ins Konsortium: Als Mitglied von Horizon Europe, dem Forschungs- und Innovationsprogramm der EU, stehen Israels Start-ups europäischen Unternehmen als Partner in zeitlich begrenzten Geschäftsprojekten zur Verfügung.

6. Solidarität mit Israel zeigen: Setzen Sie als Person des öffentlichen Lebens in der Bundesrepublik ein Signal gegen Antisemitismus. Gleichzeitig macht das Wissen, willkommen und sicher zu sein, Deutschland für israelische Entrepreneure und Geschäftsleute interessanter. „Wir müssen aufstehen, unsere Stimme erheben und sollten ein klares Signal geben, dass unsere israelischen Freunde nicht allein sind – nicht in Deutschland, nicht in der Welt“, fordert Jürgen Mindel, Geschäftsführer des VDA.

16.02.2024    Doris Neubauer
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