Hans-Joachim Watzke im Interview mit DUP UNTERNEHMER
12.09.2023    Alexander Steudel
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Die Diskussion mit Hans-Joachim Watzke beim DUP UNTERNEHMER TAG in Essen erregte nach der Veranstaltung am 6. September landesweit Aufmerksamkeit.

Im Gespräch mit DUP UNTERNEHMER-Verleger Jens de Buhr hatte sich Watzke, der Geschäftsführer von Borussia Dortmund ist, kritisch zu den Plänen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), das Leistungsprinzips im Kinderfußball abzuschaffen, geäußert. Er bezeichnete diese Reform als „unfassbar und für mich nicht nachvollziehbar“.

Die über 1.000 Zuschauer im Colosseum Theater in Essen staunten nicht schlecht – insbesondere, weil Watzke selbst 1. Vizepräsident des DFB ist.

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Am nächsten Tag berichteten alle großen Medien teilweise sehr kritisch über den Vorfall. Die „Bild“-Zeitung titelte sogar auf Seite 1 mit der Schlagzeile „Watzke nagelt gegen Kinderfußball-Reform“. Die Süddeutsche Zeitung führte ein ausführliches Interview mit Horst Hrubesch. Der DFB versuchte in Pressemitteilungen Krisenmanagement und DFB-Präsident Bernd Neuendorf gestand ein: „Diese Aussagen haben mich überrascht.“

Aber damit war die Kontroverse nicht beendet. Am Montag (11. September) versuchte Interims-Bundestrainer Rudi Völler die Wogen zu glätten, indem er den Watzke-Auftritt im Essener Colosseum kleinredete. „Natürlich weiß er auch, dass er in feuchtfröhlicher Runde über das Ziel hinausgeschossen ist“, sagte Völler. Dieses „feuchtfröhlich“ („Im Zusammenhang mit Alkohol fröhlich und ausgelassen“, schreibt der Duden) stimmte aber nicht: Der Watzke-Auftritt fand nachmittags um 17.30 Uhr statt, und zu trinken gab es nur Wasser (siehe Video).

Watzke: „Grundsätzlich falscher Ansatz“

Watzke legte nüchtern dar, warum er das Kinderfußball-Konzept als „grundsätzlich falschen Ansatz“ sieht. Auf die Frage von de Buhr, ob eine Reform der Reform notwendig sei, antwortete er: „Ja. Und das haben wir gerade beschlossen.“ Der neue DFB-Sportdirektor Hannes Wolf solle „versuchen, uns in den nächsten ein, zwei Jahren Handlungsalternativen aufzuzeigen“. Doch Wolf zeigt wenig Bereitschaft dazu.

Hintergrund: Der Deutsche Fußball-Bund will ab 2024 neue Spielformen im Nachwuchsbereich bundesweit umsetzen, um Leistungsdruck zu minimieren und die sportliche Entwicklung der Kinder stärker in den Vordergrund zu rücken. Wichtigstes Ziel der Reform in den Altersklassen U6 bis U11 sei es, „mit einer kindgerechten Art des Fußballs den Spaß am Spiel nachhaltig zu fördern“, so der DFB.

Watzke widersprach dieser Idee in Essen vehement. „Wenn du als Sechs-, Acht- oder Neunjähriger nie das Gefühl hast, was es ist, zu verlieren, dann wirst du auch nie die große Kraft finden, um auch mal zu gewinnen. Wenn wir Angst haben, dass ein Achtjähriger komplett aus dem Lebensgleichgewicht geworfen wird, weil er mal 5:0 mit seiner Mannschaft verliert, dann sagt das auch sehr viel über die deutsche Gesellschaft aus.“

Er fügte in launigem Ton hinzu: „Es gab ja auch die Diskussion, nicht mehr auf Tore zu spielen. Demnächst spielen wir dann noch ohne Ball. Oder wir machen den eckig, damit er den etwas langsameren Jugendlichen nicht mehr wegläuft. Ich glaube, dass das grundsätzlich der falsche Ansatz ist.“

Es gebe, so Watzke, „im DFB und in der Gesamtgesellschaft viele Leute, die sagen: Wir müssen weniger Leistungsdruck und Stress am Arbeitsplatz und lieber ein bisschen mehr Homeoffice haben. Wir müssen alle fröhlich und friedlich sein und uns alle gut vertragen und am Ende gucken, dass wir noch einen finden, der das Ganze bezahlt. Und das ist schon weit auch in den Jugendfußball eingedrungen, das darfst du nicht unterschätzen. Und ich halte es für völlig falsch.“

Wegen dieser Aussagen hat sich inzwischen der DFB-Betriebsrat zu Wort gemeldet und Watzke in einem Offenen Brief kritisiert. Er habe mit seinen Äußerungen „große Irritationen bei den DFB-Mitarbeitenden ausgelöst. Allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DFB, die an der Zeiterfassung teilnehmen, mehr als 20.000 Überstunden angehäuft.“

12.09.2023    Alexander Steudel
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