Workation Bali. Arbeiten im Paradies.
19.12.2023    Magda Lehnert
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Mit dem 2022 angekündigten Digital Nomad Visum wäre der Hype unabhängig von Strand, Palmen, Neo-Spiritualität und spottbilligen Villen endgültig besiegelt. Anders als bislang dürften digitale Nomadinnen und Nomaden dann nicht mehr nur 180 Tage, sondern fünf Jahre lang steuerfrei in Indonesien leben und arbeiten – vorausgesetzt, die Einkünfte stammen ausnahmslos aus nicht indonesischen Quellen. Ob das Visum 2024 eingeführt wird, bleibt aber abzuwarten. Indonesiens Tourismusminister Sandiaga Uno hofft darauf, dadurch innerhalb von zwei Jahren 3,5 Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen und das Branchen-Credo von „Sun, Sea and Sand“ zu „Serenity, Spirituality and Sustainability“ zu verschieben. Denn anders als der typische Massentourismus wären Remote Worker und digitale Nomadinnen und Nomaden laut UNO mit ihrer nachhaltigeren Lebensweise die schonendere Einnahmequelle.

Benimmregeln für Reisende

Gleichzeitig kämpft die „Insel der Götter“ seit Ende der pandemiebedingten Reisebeschränkungen wieder gegen die verheerenden Auswirkungen des „Overtourism“ und respektlose Reisende, die immer wieder kulturelle Gepflogenheiten missachten – in einer Intensität, dass sich die Regierung gezwungen sieht, Maßnahmen zu ergreifen. Ab dem 14. Februar 2024 bekommen Touristinnen und Touristen deshalb bei Einreise nicht nur Benimmregeln ausgehändigt, sondern müssen dann auch eine Einreisegebühr zahlen. Das Geld soll Programmen zum Schutz von Umwelt und Kultur zugute kommen. Auch die beliebten Bergtouren auf Batur und Agung stehen zur Diskussion. „Die Berge besitzen eine heilige Essenz, was sie zu verehrten Orten macht“, erklärte Insel-Gouverneur I Wayan Koster gegenüber dem ZDF und plädiert deshalb für ein Verbot der Besteigung.

Steuervorteile und Touristenmassen

Neben entblößten Gesäßen an heiligen Orten sind es aber auch die quantitativen Auswirkungen des Tourismus, die Bali zu schaffen machen. Bereits 2018, als 6,1 Millionen Touristinnen und Touristen auf die Insel kamen, musste die Regierung den Müllnotstand ausrufen. Und es scheint, als würden am Ende des Jahres 2023 wieder ähnliche Zahlen die Statistiken füllen: Allein bis Ende Juni sind 2,9 Millionen Touristinnen und Touristen eingereist. Ein richtiges Abfallentsorgungssystem gibt es allerdings immer noch nicht, sodass vermüllte Straßen und Strände trotz zahlreicher privater Initiativen leider nach wie vor zum Inselbild gehören.

Was bleibt, ist die viel diskutierte Frage, welche Verantwortung die Einzelperson übernehmen kann, die heute vor der Entscheidung steht, mit der Arbeit im Koffer auf Bali dem mitteleuropäischen Winter zu entfliehen: Ist es besser, ein anderes Reiseziel zu wählen und so womöglich den Einheimischen die Einnahmen zu verwehren, auf die sie trotz der Touristenmassen so sehr angewiesen sind? Oder sollte man den Blick auf Steuervorteile, indonesisches Wirtschaftswachstum und den unvergleichlichen Insel-Charme richten und in Kauf nehmen, Letzteren gleichzeitig zu gefährden, indem man sich durch bloße Anwesenheit zum Teil des Problems erklärt?

 

19.12.2023    Magda Lehnert
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