Die Power aus der Wolke: Cloud Computing
19.08.2021    Martin Hintze
  • Drucken

Zur Person

Sven Kaiser von Optimal Systems

Sven Kaiser

ist Chief Marketing Officer bei der OPTIMAL
SYSTEMS Unternehmensgruppe

Das Coronavirus beschleunigt die Digitalisierung: Ein Satz, der in den vergangenen 1,5 Jahren oft zu hören war. Wie würden Sie den Stand der Digitalisierung in der deutschen Wirtschaft aktuell bewerten?

Sven Kaiser: Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Chefvolkswirt der ING Bank, hat den Zustand der Digitalisierung in Deutschland Anfang 2020 treffend beschrieben: Es haben sich viele Bereiche entwickelt und verbessert, doch haben wir vor allem im Vergleich mit dem Ausland enorme Defizite in Sachen Digitalisierung. Digitale Behördengänge, Home Schooling oder unsere Internetgeschwindigkeit – im Vergleich mit unseren europäischen Nachbarn haben wir in diesen Punkten das Nachsehen. Aus unserer Erfahrung gibt es auch einen wichtigen Punkt, den die Wirtschaft oft vergisst: Digitalisierung wird meist nur als Effizienzgewinn für Automatisierung gesehen. Doch sie ist viel mehr als das. Wir müssen anfangen, sie als Möglichkeit zu betrachten, um neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln.

Was hat sich im Vergleich zu Anfang 2020 wirklich verbessert? Und wo – in welchen Unternehmensbereichen, aber auch in welchen Branchen – sehen Sie nach wie vor Nachholbedarf?

Kaiser: Wir sehen, dass sich der öffentliche Sektor zu einem Digitalisierungschampion entwickelt. Immer mehr Verwaltungen und Behörden setzen auf ECM-Software (Enterprise Content Management Software) und profitieren von einem mobilen und papierlosen Arbeitsplatz. Auch der BereichHuman Resources zählt klar zu den Gewinnern. Die Digitalisierung in Unternehmen lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren. Personalabteilungen bieten einen guten Startpunkt, da die Einführung digitaler Personalakten einen zentralen Ablageort für alle Mitarbeiterinformationen ermöglicht. Damit einher geht eine Umgestaltung der Arbeitsorganisation, um anstehende Aufgaben schneller und flexibler zu meistern.

Nachholbedarf sehen wir unter anderem in der Pharmaindustrie. Regulatorische Beschränkungen, ein hoher Kostendruck und steigende Erwartungen an die effiziente Entwicklung pharmazeutischer Produkte setzen die Branche unter Druck und verlangsamen den digitalen Fortschritt. Die Pharmaindustrie muss sich laufend erneuern, um den Anschluss nicht zu verpassen. Doch es gibt auch Positivbeispiele: Für die Entwicklung des Corona-Impfstoffs setzte Pfizer auf digitale Technologien wie Augmented Reality für die zentrale Steuerung von Geräten oder eine Cloud-Plattform zur automatisierten Datenerfassung. Allgemein sind die Pharma- und Life-Science-Industrie für uns wichtige Branchen. Die Tatsache, dass wir mehrfach auditiert sind sowie die FDA-Konformitätsbescheinigung unterstreichen unseren Erfahrungsschatz.

Inwieweit haben Sie Ihre Kunden während der Pandemie aktiv unterstützt, sich schnell digitaler aufzustellen und auf welche Herausforderungen sind Sie dabei gestoßen?

Kaiser: Es ist uns relativ leicht gefallen, die Probleme unserer Kunden zu verstehen, denn wir arbeiten bereits seit Jahren unter Bedingungen, die mit den Lockdown-Anforderungen vergleichbar sind: Unsere Software ermöglicht eine standortunabhängige, strukturierte Informationsverfügbarkeit. So konnten wir schon zu Beginn der Pandemie vielen Unternehmen beratend zur Seite stehen. Da wir so viel Erfahrung mit dezentralem Arbeiten mitbringen, konnten wir wichtige Tipps und Tricks aus unserer täglichen Arbeit teilen.

Die größten Herausforderungen bestanden primär im Vertrauen, das für eine solche Arbeitsweise seitens des Arbeitgeber und der Arbeitnehmer notwendig ist. Zusätzlich muss eine vernünftige technische Infrastruktur für jeden Mitarbeiter gewährleistet sein. Dazu kommt es auf die Unternehmensführung an, die eine digitale Arbeitsweise erlaubt und den Arbeitnehmern vertraut.

Was ist der erste Schritt zum digitaler aufgestellten Unternehmen?

Kaiser: Wie bei allen erfolgreichen Projekten braucht es zunächst den unabdingbaren Willen des Managements, digital aufgestellt sein zu wollen. Wo dieser noch nicht vorhanden war, hat die Pandemie eine zwangsläufige Notwendigkeit geschaffen. Doch auch der Wille allein reicht noch nicht aus: Es braucht ein vernünftiges Konzept, um eine maximal mögliche Informationsverfügbarkeit in einem digital aufgestellten Unternehmen zu gewährleisten. Konkret bedeutet das: Management Attention (Unterstützung eines Vorhabens durch die entscheidungsberechtigte Führungsebene), klare Konzeptionen und natürlich eine gute Software – drei wesentliche Grundvoraussetzungen für den ersten Schritt, um ein Unternehmen digital aufzustellen. Bei der Software gibt es wichtige Kriterien, die Entscheider bei ihrer Wahl berücksichtigen sollten: Dazu zählt unter anderem eine einfache Bedienung, die rechtliche Sicherheit, die Verfügbarkeit der Dokumente, die Kompatibilität zu bestehenden Lösungen sowie eine zeitgemäße, leistungsstarke technologische Infrastruktur.

Wer sollte die Digitalisierung in Unternehmen vorantreiben – die Geschäftsführung, die IT-Abteilung oder braucht es zwingend einen Chief Digital Officer – kurz: CDO?

Kaiser: Es braucht immer eine klare Management Attention, das heißt, die Geschäftsführung sollte in Digitalisierungsprojekten vorn anstehen und die Marschrichtung durch eigenes Verhalten sehr gut vorgeben. Doch natürlich ist auch eine IT-Abteilung wichtig, die selbstständig arbeitet und nicht ausschließlich Erfüllungshilfe ist. So sucht sie mit zuständigen Fachabteilung gemeinsam die geeigneten Dienstleistungspartner und Softwareprodukte und verknüpft diese synergetisch mit den bestmöglichen Effizienzaussichten. Inwieweit dafür ein Unternehmen entscheidet, einen Chief Digital Officer einzusetzen, um die Aktivitäten über ihn zu koordinieren und zu bündeln, ist von jedem Unternehmen einzeln abhängig. Hier haben wir alle Modelle – mit und ohne CDO – bereits erlebt. Wir sind überzeugt, dass die Unternehmen selbstständig in der Lage sind, für sich ideal zu entscheiden, was zu ihrer Unternehmensstruktur, zu ihrem Konzept und zu ihrem Digitalisierungsbestreben am besten passt.

Woran scheitern Digital-Projekte besonders oft? Und wie lässt sich ein Scheitern verhindern?

Kaiser: Digitalisierungsprojekte scheitern sehr oft daran, dass zu viel gewollt wird und die Erstprojekte dadurch sehr schnell zu groß werden. Die erfolgreiche Einführung von Digitaltechnologien ist mit kleinen überschaubaren Projekten, die zu Quick Wins führen, am besten zu erreichen. Abteilungen oder einzelne Projekte sammeln so nicht nur Erfahrungen, sondern auch das Vertrauen, dass die konzeptuelle als auch technologische Seite zwischen Unternehmen und Technologieanbieter harmonieren. Wenn man sich die ersten Hörner gesund aneinander abgestoßen hat, wird man sich mit neuem Elan und neuem Mut an größere Projekte herantrauen und kann so Schritt für Schritt die gesamte Digitalisierung erfolgreich vorantreiben.

Ein Scheitern lässt sich vor allem dadurch verhindern, dass man frühzeitig die Mitarbeiter ins Boot holt, die letztlich mit der Technologie arbeiten sollen. Der Vorteil: Vertrauen in der Belegschaft sowie wichtige Empfehlungen und Erfahrungswerte. Nichts ist schlimmer, als einen Prozess zu etablieren, den die Mitarbeiter schon seit vielen Jahren selbstständig gelöst haben. Hat man diese Informationen abgefragt, können digitale Prozesse von Beginn an auf die Bedürfnisse, auf die Geschwindigkeit und auf die Kompetenzen der Mitarbeiter ausgerichtet werden. Ein wichtiger Punkt ist also eine frühzeitige Einbeziehung aller Mitarbeiterebenen, die am Ende der beste und wichtigste Garant für eine erfolgreiche Digitalisierung sind.

Wie profitieren vor allem kleine und mittelständische Unternehmen davon, Verwaltungsprozesse zu automatisieren?

Kaiser: Oft sind die Ängste und Sorgen vor neuen Technologien gerade in kleinen und mittleren Unternehmen stark ausgeprägt. Man hat über Jahre hinweg gute Erfahrungen mit analogen Prozessen gemacht – warum diese Erfahrungen einfach so über Bord werfen und sich in ein unbekanntes Terrain begeben? Ein einfaches „Weiter so“ oder „Haben wir immer schon gemacht“ hat aber auch nie zu einer positiven Veränderung geführt. Insofern können wir kleinere und mittelständische Unternehmen nur motivieren, sich eine für sie geeignete Lösung auszuwählen.

Ganz wichtig dabei: Sich Zeit nehmen, sich gut beraten lassen und auch den Schritt in die Cloud nicht ausschließen. Denn hier liegen gerade in der betrieblichen oder technologischen Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen große Vorteile. Ein gutes Cloud Projekt mit einer smarten intelligenten Software, die genau auf die eigenen Bedürfnisse anpassbar ist, kann für zügige Quick Wins sorgen. Auf diese Weise können kleine und mittlere Unternehmen ihre Geschäftsprozesse neu aufstellen, zu einer höheren Informationsverfügbarkeit gelangen und somit den Weg in die digitale Welt mitgehen. Kunden unserer Cloud-Lösung, yuuvis Impulse, sind zum Beispiel immer wieder überrascht, dass sich keine ihrer Ängste bewahrheitet. Sie können ohne Installation oder Customizing loslegen. Das erhöht die Bereitschaft, sich intensiver mit dem Thema Digitalisierung zu beschäftigen.

19.08.2021    Martin Hintze
  • Drucken
Zur Startseite