Bunte Illustration des Portraitfotos von Tino Krause von Meta in den Farben grün und blau.
04.03.2022    Christian Buchholz
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Science-Fiction wird Realität: Durch das Metaversum möchte der Facebook-Mutterkonzern Meta die derzeit noch bestehenden physischen Beschränkungen durch Bildschirme aufheben. Das Metaverse soll nicht weniger als der Nachfolger des mobilen Internets werden. Tino Krause, Country Director DACH sowie Regional Director Central Europe bei Meta, gibt Einblicke in die visionären Pläne.

Zur Person

Tino Krause

ist Betriebswirt und seit Januar 2019 Country Director für Deutschland, Österreich, Schweiz bei Meta. Seit März ist er zudem Regional Director Central Europe. Zuvor war er CEO der Agentur MediaCom

Ist die Ära von sozialen Netzwerken bald vorbei und sind die Möglichkeiten des zweidimensionalen Internets bereits ausgeschöpft?

Tino Krause: Während sich im letzten Jahrzehnt Smartphones und soziale Medien zu unseren ständigen Begleitern entwickelt haben, sehen wir das Metaversum als das next big thing. Anders als bei der zweidimensionalen Erfahrung handelt es sich beim Metaversum um eine virtuelle Umgebung gestützt durch Augmented und Virtual Reality, in der man mit Menschen in digitalen Räumen präsent sein kann. Wir glauben, dass es der Nachfolger des mobilen Internets sein wird und möchten diese Vision gemeinsam mit vielen anderen Unternehmen, Creatoren und Entwicklern realisieren.

Damit das Metaversum sein Potenzial entfalten kann, sollte es so aufgebaut sein, dass jede und jeder daran teilnehmen kann. Hierin liegt unsere langfristige Vision, Meta von einem Social-Media-Unternehmen zu einem Metaversum-Unternehmen zu entwickeln. Dabei lassen wir unsere Wurzeln als soziales Netzwerk mitnichten hinter uns. In vielerlei Hinsicht ist das Metaversum für uns vielmehr der ultimative Ausdruck der sozialen Technologie. Es geht nichts über das reale Zusammensein, was uns die Coronapandemie allen noch einmal vor Augen geführt hat. Doch wenn wir nicht persönlich zusammen sein können, bringt uns das Metaversum dem Gefühl einer persönlichen Verbindung näher. Denn da das Metaversum viel immersiver sein wird, wird es einfacher, das Gefühl zu haben, eine gemeinsame Erfahrung zu machen – auch wenn man nicht zusammen sein kann. Ich bin gespannt auf das nächste Kapitel. Wir werden die Grenzen des heute Möglichen überwinden, die Einschränkungen der Bildschirme hinter uns lassen, uns über geografische und physikalische Barrieren hinwegsetzen – und auf eine Zukunft zusteuern, in der alle Menschen zusammenkommen.

Mark Zuckerberg hat bei der Bekanntgabe der Meta-Pläne versprochen, 10.000 neue Jobs in Europa schaffen zu wollen. Mit welcher Strategie möchte Meta den War for Talents um die besten Programmierer gewinnen? Und welche Jobprofile werden darüber hinaus benötigt?

Krause: Mit unserer Ankündigung, 10.000 neue Jobs zu schaffen, zeigen wir, dass Europa im Zentrum der Entwicklung des Metaversums steht. Diese Stellen werden sowohl in unseren Büros als auch remote besetzt und umfassen Software-Ingenieure, Produktexperten sowie verschiedene kommerzielle Funktionen. Ich bin davon überzeugt, dass wir als Unternehmen beim Werben um neue Talente nur erfolgreich sein können, wenn wir die Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellen.

Wir wollen es jedem jeden Tag ermöglichen, die beste Version von sich selbst zu zeigen und den Arbeitsalltag möglichst flexibel zu gestalten. Daher setzen wir uns intensiv mit der hybriden Zukunft der Arbeit auseinander – vor allem auch in Bezug auf Führung, Motivation und Arbeitsorganisation. Gerade Führungskräfte müssen sich die Frage stellen, wie auf diese neuen Bedürfnisse reagiert werden muss und wie Diversity, Equity und Inklusion auf Unternehmensebene sichergestellt werden können. Bei Meta setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass alle Menschen den gleichen Zugang zu Chancen haben und haben eine sehr offene Kultur. Wir investieren viel in unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und geben ihnen die nötige Freiheit und Eigenverantwortung. Unternehmen sind nur dann für Talente interessant, wenn klar ist, welche Werte dort gelebt werden und dass diese authentisch sind.

Tech-Giganten wie Apple, Microsoft oder Snap, verschiedene Gaming-Anbieter und asiatische Wettbewerber wie ByteDance oder Tencent: Der Konkurrenzkampf um die Zukunft des Internets ist hart. Was spricht am Ende aus Ihrer Sicht für Meta und das Metaverse?

Krause: Wie Mark Zuckerberg es schon sagte: „Wir hoffen, dass wir mit der Zeit als Metaversum-Unternehmen wahrgenommen werden.“ Damit dies auch geschehen kann, richten wir unsere Arbeit und Identität auf das aus, worauf wir hinarbeiten. Die Umbenennung in Meta war dabei nur ein erster Schritt.

Was jedoch die Entwicklung des Metaversum an sich betrifft, sage ich ganz klar: Das Metaversum ist kein einzelnes Produkt, das ein Unternehmen allein entwickeln kann. Wir können und wollen das Metaversum nicht allein bauen, sondern kooperieren mit einer Vielzahl von Unternehmen, Organisationen, Expertinnen und Experten und politischen Stakeholdern um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Wir stellen Entwicklerinnen und Entwicklern eine Sammlung von Software-Development-Kits aus dem Bereich maschinelle Wahrnehmung und KI zur Verfügung. Damit können sie noch realistischere Mixed-Reality-Erlebnisse schaffen, die durch physische und sprachliche Interaktion die reale Welt nahtlos mit virtuellen Inhalten verbinden kann. Es ist ein gemeinsames Projekt, das auch nur dann funktionieren kann, wenn alle die gemeinsame Vision teilen und vorantreiben.

Krypto-Pioniere wie Ethereum-Mitentwickler Christoph Jentzsch verfolgen mit einem auf der Blockchain-Technologie basierenden „Web3“ einen dezentralen Ansatz eines Metaversums. Braucht es künftig noch zentralisierte Tech-Konzerne wie Meta?

Krause: Wie bereits erwähnt, wird das Metaversum nicht von einem einzigen Unternehmen entwickelt werden. Wir sind eines von vielen Unternehmen, die gemeinsam mit ganz verschiedenen Organisationen, NGOs und Expertinnen und Experten an der Realisierung des Metaversums arbeiten. Durch unsere Investments möchten wir dazu beitragen, dass bei der Entwicklung des Metaversums von Anfang an diverse Perspektiven eingebunden werden. Deshalb schaffen wir 10.000 Jobs und engagieren uns in einer ganzen Bandbreite von Themenbereichen in Europa. Wir investieren in die Erforschung von Künstlicher Intelligenz und Quantencomputern und fördern Talente durch Stipendien an der Technischen Universität München, unser FAIR Accelerator Programm in Frankreich oder die Meta Reality Labs in Cork.

Jugend- und Datenschutz, die Unterbindung von Fake News und „Hate Speech“ sowie rassistischer, sexistischer, pornografischer und gewaltverherrlichender Inhalte: Wie will Meta eine bessere Online-Welt für seine Nutzerinnen und Nutzer erschaffen, wenn die Interaktionen im Metaverse noch unmittelbarer und visueller werden?

Krause: Wir werden mit Expertinnen und Experten aus Politik, Industrie und Wissenschaft zusammenarbeiten, um die Möglichkeiten und Risiken des Metaversums vollumfänglich verstehen und adressieren zu können. Dazu gehört auch, dass Menschen- und Bürgerrechte von Anfang an an erster Stelle stehen. Um dies sicherzustellen, müssen diese Technologien auf eine Art und Weise entwickelt werden, die alle einbezieht und die Menschen stärkt. Schädlichen Inhalten sagen wir entschieden den Kampf an: Unser Sicherheitsteam hat sich seit 2016 auf 40.000 Mitarbeitende verdreifacht und prüft Inhalte in 50 Sprachen und an 20 Standorten. Vergangenes Jahr haben wir allein in diesem Bereich mehr als fünf Milliarden US-Dollar investiert – jeder Schritt in unserer Arbeit ist dabei ein nächster, aber keinesfalls der letzte. Wichtig bei dieser Diskussion ist mir persönlich auch immer: Der Großteil der Aktivitäten und Inhalte auf unseren Plattformen ist positiv und befasst sich mit Themen, die den gesellschaftlichen Austausch stärken. Gerade diese positiven Erlebnisse wollen wir mit dem Metaversum noch ein Stückchen besser, nahbarer und immersiver machen.

Metaverse wird ein riesiger Markt- und Handelsplatz. Fallen der stationäre und herkömmliche Online-Handel oder gar große Player wie Amazon und Ebay einem disruptiven Wandel zum Opfer?

Krause: Nein, im Gegenteil. Das Metaversum sollte vielmehr als Chance und Sprungbrett betrachtet werden, die eigenen Produkte und Leistungen noch vielfältiger und vor allem erlebbarer zu machen. Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig Digitalisierung und ein digitales Standbein sind und wie gut auch hybride Systeme funktionieren. Durch AR- und VR-Technologien lassen sich schon heute stationärer Einkauf und digitales Erlebnis vereinen. Die User Experience wird dadurch noch besser – beispielsweise indem wir Möbel via AR zuerst in die eigenen vier Wände bringen und austesten können, um sie danach stationär vor Ort anzuschauen, anzufassen und zu kaufen. Jede und jeder sollte sich fragen: Was würde ich tun, wenn alle bestehenden physischen Beschränkungen der Welt aufgehoben würden? Man braucht lediglich darüber nachdenken und man erkennt automatisch das Potenzial des Metaversums – für alle Unternehmen.

Digitale Handlungen und Transaktionen sowie die Ressourcengewinnung von Tech-Konzernen für Hardware haben laut Studien mindestens einen genauso großen CO2-Abdruck wie der gesamte Flugverkehr weltweit. Was ist Metas Beitrag für den Klimaschutz? Wie gelingt es, Ihr Unternehmen und Geschäftsmodell grüner zu gestalten?

Krause: Wir sind schon heute einer der größten Abnehmer erneuerbarer Energien weltweit. Ende 2020 haben wir erstmals unser Netto-Null-Emissionsziel für unsere weltweiten Tätigkeiten erreicht und führen alle Aktivitäten des Unternehmens zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien durch. Bis 2030 wollen wir CO2-Neutralität nicht nur für Meta selbst, sondern für unsere gesamte Wertschöpfungskette schaffen. Dazu zählen dann auch unsere Rechenzentren, die bereits jetzt zu den effizientesten der Welt gehören und 80 Prozent wassersparender sind als der Durchschnitt. Wir investieren in Projekte zur Wasserwiederaufbereitung, die pro Jahr insgesamt mehr als drei Milliarden Liter Wasser zurückführen werden. In Regionen mit starker Wasserknappheit konnten diese Projekte 2020 bereits rund 2,25 Milliarden Liter Wasser wieder zurückgewinnen. Daneben könnte eine Umstellung auf Remote-Arbeit die Treibhausgasemissionen von Meta, die durch das Pendeln der Mitarbeitenden entstehen, in den nächsten zehn Jahren um fast eine Million Tonnen CO2 reduzieren. Das entspricht der Einsparung von 200.000 Autos für ein Jahr. Für Deutschland ist dies von besonderer Relevanz. Die Suburbanisierung in Kombination mit Remote-Arbeit ermöglicht es Unternehmen, standortunabhängig Talente zu rekrutieren. Wir gehen davon aus, dass 50 Prozent unserer mehr als 68.000 Mitarbeitenden in den nächsten fünf bis zehn Jahren fast vollständig aus der Ferne arbeiten.

04.03.2022    Christian Buchholz
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