Kennzeichnung für einen Standort in einer virtuellen Karte
13.12.2021    Martin Hintze
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Wo haben sich Arnold Schwarzenegger, Uli Hoeneß, Ranga Yogeshwar und knapp 300 weitere Speaker die Klinke in die Hand gedrückt? Auf der DIGITAL X, der Digitalisierungsinitiative der Telekom, mit der das Unternehmen die Transformation in Deutschland voranbringen will. Denn beim Tempo hapert es nach wie vor, kritisiert Hagen Rickmann, Geschäftsführer der Geschäftskundensparte.

Zur Person

Hagen Rickmann von der Telekom

Hagen Rickmann

verantwortet seit 2015 den Geschäftskunden­bereich der Telekom Deutschland. Zuvor hatte er bei der Telekom-Tochter T-Systems verschiedene Führungspositionen inne. Der
52-Jährige lebt
in Hamburg

Deutschland gilt in puncto Digitalisierung gemeinhin als zu langsam. Hat die Coronapandemie das Tempo erhöht?

Hagen Rickmann: Die Pandemie war und ist ein Beschleuniger der Digitalisierung. Der Telekom-Digitalisierungs-Index ist zuletzt immerhin um zwei Punkte gestiegen. Zuvor war es nur ein Punkt pro Jahr. Besonders die Nachzügler holen massiv auf. Trotzdem bleibt das Tempo insgesamt ausbaufähig. Ein weiterer Beschleuniger ist der intensive neue Wettbewerb. Lieferservices wie Gorillas oder Flink setzen Supermärkte unter Druck. Dort läuft ein Verteilungskampf, bei dem es vor allem um Schnelligkeit geht.

Was meinen Sie, braucht Deutschland ein Digitalisierungsministerium?

Rickmann: Es darf nicht darum gehen, eine neue Behörde aufzubauen und „digital“ draufzuschreiben. Viel wichtiger ist, die viel diskutierten Dinge umzusetzen und das Thema im Bund und in den Ländern zu priorisieren. Das ist bisher zu kurz gekommen.

Was sollte der Staat machen, um das Digitalisierungstempo zu erhöhen?

Rickmann: Es existieren etwa 5.000 Förderprogramme in Deutschland. Da fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Oft kommen Unternehmen nur umständlich an Kapital. Ich plädiere für eine Vereinfachung und mehr Pragmatismus. Wir brauchen dringend eine Beschleunigung. Sonst verliert Deutschland den Anschluss.

Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie mit digitalen Transformationsprozessen in der Pandemie gemacht?

Rickmann: Wir haben es geschafft, allein im Service 16.000 Mitarbeitende innerhalb kürzester Zeit ins Homeoffice zu bekommen – ohne dass unsere Kunden etwas bemerkt haben. Darauf bin ich stolz. Viele andere Unternehmen haben ähnliche Erfolgsgeschichten geschrieben. Zudem hat unser Netz dem Andrang standgehalten. Millionen von Beschäftigten arbeiteten plötzlich zu Hause – und das Netz blieb stabil. Damit hat sich das Vectoring als Übergangstechnologie zur Glasfaser bewährt.

Waren werden global gehandelt und brauchen dafür eine immer agilere und schnellere Infrastruktur. Was können Unternehmen tun, um diese Herausforderung zu meistern?

Rickmann: Die Frage lautet nicht mehr, ob man sich digitalisiert, sondern wie. Unternehmen sollten sich der Herausforderung schnell, dynamisch und agil stellen. Dafür ist es wichtig, dass das Management vorangeht und die Dinge Schritt für Schritt umsetzt. Dabei sollte der Kunde immer im Fokus stehen, und es sollte aus seiner Perspektive gedacht werden. Zudem sollte die Digitalisierung nicht allein, sondern mit Partnern angegangen werden. Selbst erfinden ist schön, gemeinsam mit Partnern deren bereits erfolgreiche Lösung in den Markt zu bringen ist manchmal besser. Und vor allem sollte das Management die Mitarbeitenden mitnehmen. Sonst ist man ein Vorreiter ohne Mannschaft.

Mit Blick auf das Jahr 2025: Welche digitale Infrastruktur brauchen Unternehmen dann?

Rickmann: Wir merken schon heute deutlich, dass sich Unternehmen darauf vorbereiten, künftig mehr Daten zu verarbeiten. Sie erweitern ihre Bandbreiten. Zudem kann ich Unternehmern nur empfehlen, sich intensiv mit Cloudsystemen zu befassen. Was kann ich bei mir im Haus oder im Data-Center nebenan hosten? Welche Systeme sollte ich in größere Clouds in Deutschland oder den USA verlagern, um Prozesse zu beschleunigen? Klar ist, dass eine leistungsfähige IT-Infrastruktur und Hardware nötig sein werden. Da würde ich nicht auf B- oder C-Ware setzen.

Wie bleibt die Telekom innovativ?

Rickmann: Dieses Thema treibt Claudia Nemat, unsere Vorständin für Technologie und Innovation, an vielen Stellen voran. Da wären etwa unser Tech-Inkubator Hubraum, unsere Scouting-Büros in Tel Aviv, Shenzhen und San Francisco oder auch unsere Telekom Innovation Laboratories, wo wir viel zu Themen wie Augmented und Virtual Reality, dem Internet of Things, Machine-Learning oder auch 6G forschen. In unserem Tech-Boost-Programm sind mehr als 500 Start-ups, die wir fördern und unseren Kunden vorstellen, so-
dass diese von den neuen Technologien profitieren. 

Sie beraten auch Ihre Kunden zu Innovationen. Wie gehen Sie dabei vor?

Rickmann: Wir bieten Workshops online, aber auch vor Ort an. Sie umfassen eine Bestandsaufnahme und konkrete Handlungsempfehlungen für die Unternehmen. Zudem haben wir eine Förderberatung namens Schubkraft, um unseren Kunden Zugang zu den unzähligen Fördermitteln zu verschaffen. Kürzlich haben wir eine Logistikfirma dabei unterstützt, ihre 50 Lkw miteinander zu vernetzen. Auf 120.000 Euro ursprüngliches Budget kamen noch mal 50.000 Euro ohne Rückzahlung vom Staat obendrauf. Das bedeutet immerhin fast 50 Prozent mehr Kapital. So treiben wir die Transformation bei unseren Kunden voran.

Wie groß ist eigentlich das Informationsbedürfnis beim Thema Digitalisierung in der deutschen Wirtschaft und speziell im Mittelstand?

Rickmann: Riesig – und es nimmt weiter zu. Deswegen haben wir auch in diesem Jahr wieder unser zweitägiges Event zur DIGITAL X durchgeführt. 20.000 Teilnehmende waren – unter sehr strengen Corona-Schutzmaßnahmen – vor Ort, 153.000 Menschen waren online dabei. Wir hatten großartige Speaker und eine tolle Energie. Neben der Fülle an Informationen und Beispielen aus der Praxis ging es dabei vor allem um den Austausch. Ich freue mich schon auf das Event 2022! Zusätzlich zu den DIGITAL X-Events werden wir nun auch regelmäßig einen Digitalisierungs-Newsletter erstellen. Wichtig sind vor allem konkrete Umsetzungsvorschläge und Best-Practice-Beispiele. Wir wollen Unternehmern echten Mehrwert bieten.

13.12.2021    Martin Hintze
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