Gastbeitrag

New Work

Remote Work: Die Vorteile vom mobilen Arbeiten

Gerade für mittelständische Unternehmen bietet International Remote Work viele Chancen, allerdings sollte die Einführung gut geplant sein

Remote Work: Ein Mann, der in einem Park an Tisch mit Laptop sitzt.

13.09.2024

Workation und International Remote Work – für viele Unternehmen ist mobiles Arbeiten über Landesgrenzen hinweg bereits fester Bestandteil der Talent- und Businessstrategie. Es gibt gute Gründe, warum Unternehmen sich intensiv mit dem grenzüberschreitenden Arbeiten beschäftigen sollten: Zum einen entsprechen sie damit dem Wunsch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Flexibilität und Vereinbarkeit von Karriere und Privatleben und punkten so im „War for Talents“. Zum anderen schaffen sie einen Wettbewerbsvorteil, indem sie einen internationalen Talent Pool nutzen, um wichtige Positionen in verschiedenen Ländern schnell mit den besten Kandidatinnen und Kandidaten zu besetzen, ohne dass Familienumzüge und aufwändige Entsendungen erforderlich sind. Laut einer KPMG Umfrage aus dem Frühjahr 2024 ermöglichen aktuell 65 Prozent der teilnehmenden Unternehmen das kurzfristige mobile Arbeiten aus dem Ausland, in 35 Prozent der teilnehmenden Unternehmen können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch langfristig oder permanent mobil über Grenzen hinweg arbeiten.

Es verwundert daher nicht, dass mittlerweile auch immer mehr mittelständische Unternehmen international Remote-Work-Angebote schaffen, da sie in zweierlei Hinsicht besonders profitieren: Viele Mittelständler sind auf Internationalisierung angewiesen, expandieren in neue Länder und auf neue Märkte. Die Einstellung von Mitarbeitenden im Ausland oder virtuelles Arbeiten über Grenzen kann Zeit, Kosten und Personalaufwand sparen. Gleichzeitig sind mittelständische Unternehmen in besonderem Maße darauf angewiesen, die besten Talente zu finden, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dauerhaft an sich zu binden und sich als moderner attraktiver Arbeitgeber im Markt zu positionieren. Um dabei erfolgreich zu sein, sollten die Unternehmen folgende Punkte beachten.

Strategische Überlegungen

Am Anfang sollte immer die Frage stehen: Was wollen wir erreichen und warum? Hinsichtlich der rechtlichen und praktischen Komplexität macht es einen großen Unterschied wie das jeweilige Angebot ausgestaltet werden soll. Dabei gilt es genau abzuwägen, ob ein Unternehmen ein Angebot zu Workation einführen möchte, bei dem Mitarbeitende z. B. für 30 Tage pro Jahr mobil aus dem europäischen Ausland arbeiten dürfen. Oder ob die Möglichkeit geschaffen werden soll, dass Mitarbeitende, z. B. in einer globalen Rolle, dauerhaft aus ihrem ausländischen Wohnsitzstaat für das deutsche Headquarter tätig werden können. Die Erfahrung der letzten beiden Jahre zeigt, dass die Einführung von Workation talentgetrieben ist und von Unternehmen als zusätzlicher Benefit genutzt wird, um dem Wunsch nach Flexibilität und Vereinbarkeit von Familie und Privatleben nachzukommen. Tatsächlich sind die Reaktionen sehr positiv, in der bereits oben zitierten KPMG-Umfrage geben 75 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie mit den geschaffenen Regelungen (sehr) zufrieden sind.

Die Einführung von dauerhaftem Arbeiten aus dem Ausland, dem sogenannten Permanent International Remote Work ist hingegen in erster Linie businessgetrieben und für Unternehmen ein wichtiger Bestandteil ihrer langfristigen Internationalisierungsstrategie. Hier stellen wir einen deutlich gewachsenen Druck nach guten Lösungen fest. Die Praxis zeigt, dass Unternehmen immer größere Schwierigkeiten haben, kritische Stellen mit den richtigen Talenten zu besetzen, da diese häufig nicht bereit sind, für den Job nach Deutschland oder in ein anderes Land umzuziehen. Unternehmen sollten sich also genau überlegen, wo ihr strategischer Schwerpunkt liegt und welche Form von International Remote Work sie am besten nutzen können, um ihre Ziele zu erreichen.

Praktische Umsetzung – Workation

Während im Jahr 2023 noch hauptsächlich große internationale Konzerne Workation-Angebote eingeführt haben, sind es 2024 verstärkt mittelständische und familiengeführte Unternehmen, die entsprechende Regelungen aufstellen. Die meisten Mittelständler beschränken die Workation dabei auf die EU, da hierbei rechtliche Risiken in den relevanten Bereichen Lohn- und Einkommensteuer, Betriebsstätten, Sozialversicherung, Arbeits- und Aufenthaltsrecht gut beherrschbar sind. Wichtig ist dabei für die Unternehmen, rechtliche Rahmenbedingungen für die Workation aufzustellen, die diese Compliance-Gebiete berücksichtigen und so ausgestaltet sind, dass Risiken vermieden werden.

Gleichzeitig ist der administrative Aufwand der Umsetzung gering und die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit solchen Angeboten ist generell sehr hoch. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass sich ein Workation-Angebot innerhalb von drei bis vier Monaten entwickeln und einführen lässt, es lassen sich also schnell Erfolge erzielen. Zudem hat sich für viele Unternehmen bewährt, ihre Workation-Regelung nach einem Jahr auf den Prüfstand zu stellen und anhand von Auswertungen der Anträge oder Mitarbeiterbefragungen zu entscheiden, ob die bestehenden Regelungen ausgeweitet werden sollten. So erweitern momentan viele Unternehmen ihre Workation-Regelung um das Angebot für Mitarbeiter:innen aus Nicht-EU Staaten, Workation in ihrem Heimatland zu machen und dies mit Familienbesuchen zu kombinieren („Stay-at-Home-Workation“).

Die meisten Unternehmen nutzen für die Abwicklung der Workation einen einfachen Genehmigungsprozess in ihrem Firmen-Intranet oder erweitern den Genehmigungsprozess für Dienstreisen um ein entsprechendes Modul. Gerade mittelständische Unternehmen verzichten im ersten Schritt auf die Einführung einer IT- oder Tool-Lösung und entscheiden hierüber erst nach einer Testphase, wenn sie wissen, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Angebot nutzen. In der Praxis hat sich dies bewährt, da in der Regel nach Aufstellung der geeigneten rechtlichen Rahmenbedingungen, eine Einzelfallprüfung durch Steuer- oder Rechtsabteilung nicht erforderlich ist. Der interne Aufwand ist also gering. Demgegenüber macht die Einführung einer Toollösung für Workation dann Sinn, wenn eine große Zahl von Anträgen zu erwarten ist. In diesem Fall könnten erhöhte Sorgfaltspflichten hinsichtlich des Tracking der Fälle entstehen.

Zusammenfassung

Gerade für mittelständische Unternehmen bietet International Remote Work viele Chancen, allerdings sollte die Einführung gut geplant sein. Grundsätzlich sollten sich Unternehmen sehr genau überlegen, welche Form von International Remote Work sie ermöglichen wollen, wie diese ihre Talent- und Business-Strategie unterstützt und welche Schritte für die praktische Umsetzung erforderlich sind. Schrittweises Vorgehen hat sich in der Praxis bewährt, so bleiben rechtliche Risiken und administrativer Aufwand beherrschbar.

Dr. Tobias Preising

ist Partner, Tax, Global Mobility Services bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Er hat mehr als 17 Jahre Erfahrung im Bereich Global Mobility und berät internationale Unternehmen zu allen Themen rund um Compliance und Prozessgestaltung. Sein Schwerpunkt liegt auf der Beratung zu neuen Mobilitätsformen wie "work from anywhere" und der Transformation der Global Mobility Funktion