Inflationsschutz

Warum Gold jetzt zweifach glänzt

In der Coronakrise flüchteten Anleger in den sicheren Hafen Gold und trieben den Preis auf ein Rekordhoch. Zuletzt gab der Kurs aber wieder etwas nach. Rohstoffexperten sehen darin eine doppelte Einstiegschance – und einen fundamentalen Wandel des Edelmetalls.

23.07.2021

In Kürze:

  • Nach dem Rekordhoch auf dem Höhepunkt der Coronakrise ist der Goldpreis zuletzt wieder etwas gesunken.
  • Ein Teil des Preisrückgangs ist laut Experten darauf zurückzuführen, dass Anleger eher in Kryptowährungen wie den Bitcoin investiert haben.
  • Gold hat sich als Stabilitätsanker im Depot bewährt. Zusätzlich besteht aktuell die Chance auf Gewinne durch Preissteigerungen.
  • Die Nachfrage nach dem Rohstoff Gold, etwa für die Schmuckproduktion, spielt für die Preisentwicklung kaum noch eine Rolle.

Es scheint der pawlow‘sche Reflex bei Investoren zu sein: Sobald sich eine Krise an den Finanzmärkten abzeichnet, flüchten sie in Scharen in den sicheren Hafen Gold. So geschehen in der Coronakrise. Der Ansturm auf das Edelmetall trieb den Preis im August 2020 erstmals in seiner Geschichte über die Marke von 2000 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Doch mit dem Abflauen der Pandemie und dem Anstieg der Aktienkurse schwächelte der Preis des Edelmetalls, der sich zuletzt bei etwa 1800 Dollar einpendelte.

Experten sehen einen engen Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Goldpreises und dem Zinsniveau, genauer gesagt der Entwicklung der Realzinsen in den USA. Solange relativ sichere Anlagen wie Staatsanleihen noch einen positiven Zins nach Abzug der Inflationsrate aufweisen, gibt es für Investoren keinen Grund Gold zu halten. Denn das Edelmetall wirft keine Zinsen ab. Wenn die Staatsanleihen aber real oder sogar nominal negative Renditen abwerfen, erscheint Gold attraktiver.

„Gold ist günstig“

„Im März ist die Inflationsrate in den USA gestiegen und damit die Realzinsen gesunken. Das hat dem Goldpreis zwischenzeitlich Auftrieb gegeben“, sagt Steffen Orben, Geschäftsführer der Deutschen Börse Commodities im Talk bei der DUP Finance Week. Doch dann sanken die längerfristigen Inflationserwartungen, die Realzinsen stiegen leicht und der Kurs des Edelmetalls fiel unter 1800 Dollar.

Zu steigenden Zinsen dürfte es auch dann kommen, wenn die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ihre ultralockere Geldpolitik etwas zügelt, indem sie beispielsweise die Anleihekäufe zurückfährt. Stichwort: Tapering. „Auch wenn die Fed noch in diesem Jahr mit dem Tapering beginnen sollte, werden die Realrenditen negativ bleiben“, sagt Eugen Weinberg, Chef-Rohstoffanalyst der Commerzbank. „Das ist eine einmalige Situation: Gold kann nicht nur für den Werterhalt sorgen, sondern es gibt momentan einen spekulativen Anreiz, in das Edelmetall zu investieren. Gold ist gerade günstig“, so Weinberg.

Bitcoin ist noch lange kein Goldersatz

Die Experten haben noch einen weiteren Grund für die aktuelle Schwäche des Goldkurses identifiziert: den Bitcoin. „Gold gilt als werterhaltendes Investment, weil dem Anleger kein Schuldner gegenübersteht. Eine ähnliche Funktion wird Kryptowährungen wie dem Bitcoin zugesprochen“, sagt Orben. „Ein Teil des Goldpreisrückgangs geht auf Bitcoin-Spekulationen zurück.“  Doch bis solche digitalen Assets eine wirkliche Alternative zu Gold darstellen, wird es nach Ansicht der Experten noch dauern. „Es braucht sicherlich noch 30 Jahre. Die Volatilität der Kryptowährungen ist einfach zu hoch“, sagt Daniel Nikolovski, CEO von Alpina Capital.

Auch das Edelmetall selbst wird von Investoren heute anders wahrgenommen als noch vor wenigen Jahren. „Gold hat sich von einem Rohstoff zu einem Anlagemetall entwickelt“, erklärt Weinberg. „Ob eine Mine ein paar Tonnen mehr oder weniger produziert oder die Schmucknachfrage in Indien steigt oder fällt, spielt für den Preis keine große Rolle.“ Ablesen lässt sich das auch an der hohen Nachfrage der Investoren nach Gold-ETF. „Die Mittelzuflüsse in den vergangenen zwölf Monaten waren unglaublich hoch“, sagt Nikolovski.

Lieber Goldmünzen oder Minenaktien?

Der Alpina-Capital-Chef zieht jedoch Goldminenaktien einem direkten Investment in den Rohstoff vor. „Viele Minenbetreiber zahlen attraktive Dividenden. Sie sind günstig bewertet, die Gewinnmargen steigen und die Aktienrückkäufe nehmen zu“, so Nikolovski. Commerzbank-Experte Weinberg ist skeptisch: „Goldminenaktien sind in erster Linie Aktien und kein guter Goldersatz. Ihre Volatilität ist im Schnitt höher, die Performance geringer.“ Deutsche-Börse-Experte Orben: „Anleger sollten ihre Ziele klar ins Auge fassen. Wem der Werterhalt wichtig ist, für den könnte physisches Gold das Richtige sein.“