Was sind ETFs?
Ein Exchange Traded Funds, kurz ETF, ist ein an der Börse gehandelter Indexfonds, der beispielsweise die Wertentwicklung des Deutschen Aktienindex Dax oder des MSCI World abbildet. Im Gegensatz zu Aktien, die nur der Wertentwicklung eines einzelnen Unternehmens entsprechen, können Anlegerinnen und Anleger durch ETFs bereits mit einem kleinen Investment in eine Sammlung von Unternehmens-Aktien (oder auch Anleihen) und somit in einen (etablierten) Markt investieren.
Der Unterschied zu einem aktiv gemanagten Fonds ist, dass bei einem passiv verwalteten ETF klar festgelegt ist, in welche Wertpapiere investiert wird. Möchte man zum Beispiel nur in die besten 40 Firmen der Gesundheitsbranche investieren, sucht man sich einen entsprechenden ETF, der diese Unternehmen abbildet. Mit einem Investment ist man nun in kleinen Anteilen an ihnen beteiligt.
Aus Sicht der Anlegerinnen und Anleger ist also für jeden Geschmack etwas dabei: Mit nur wenigen Klicks können sie sich bei Online- oder Neobrokern etwa alle Unternehmen aus dem deutschen Leitindex Dax ins Depot legen, dem amerikanischen Dow Jones oder dem japanischen Nikkei-Index.
Auch spezielle Themen-ETF aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, BioTech oder – aktuell besonders gefragt – Nachhaltigkeit lassen sich problemlos finden. „Ein breit gestreutes ETF-Portfolio empfehlen wir den meisten unserer Kunden als Basis-Investment“, sagt Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer der digitalen Geldanlage-Lösung quirion.
Wie haben sich ETFs im Finanzsystem etabliert?
Im Jahr 1993 brachte die Ratingagentur Standard & Poors den SPDR Standards & Poor’s 500 auf den US-Mark. In der Folge tauchten weitere ETFs auf, ehe der Trend im Jahr 1999 auch auf den asiatischen und 2001 schließlich auf den europäischen Markt überging. Aus heutiger Sicht ist es eigentlich undenkbar, aber bis zum Jahr 1998 waren solche Indexfonds in Deutschland verboten – wohl zur Freude einiger Finanzmanager, die aktiv verwalteten Fonds vorsaßen. Doch obwohl damals das mobile Internet und somit auch Online-Broker wie Robin Hood oder Trade Republic noch in weiter Ferne lagen, reichten um die Jahrtausendwende bereits die damalige Version des World Wide Webs, um Potenziale und Performancevergleiche in der Community der Anlegerinnen und Anleger zu teilen.
Das bekamen auch die Fonds-Vertriebler mit und versuchten die neuen Möglichkeiten der ETFs kleinzureden. Doch das brachte nichts mehr: So wurden 2002 weltweit bereits 246 ETFs gehandelt. Mit dem zunehmenden Boom des Mobile Bankings und Trading-Plattformen wurde der Markt auch in der breiten Öffentlichkeit bekannter, sodass 2018 6.478 ETFs verteilt auf 300 Anbieter an 64 Börsen in 51 Ländern gehandelt wurden. 2021 lag laut Bloomberg das in ETFs eingespeiste Volumen weltweit bei mehr als zehn Billionen US-Dollar – Tendenz steigend.
Was ist ein ETF-Sparplan?
Sparplan bedeutet, dass der Anleger jeden Monat einen bestimmten Geldbetrag investiert. Das funktioniert natürlich auch bei einem Indexfonds. Den wählt der Sparer aus und entscheidet sich, wie viel Geld er jeden Monat dort investieren möchte – los geht es in der Regel mit 25 Euro. Fertig ist der ETF-Sparplan.
Die Raten werden automatisch vom Girokonto abgebucht und in ETF-Anteile investiert. Pro Jahr werden beim ETF-Sparplan Kosten fällig; dazu kommt noch das Depotentgelt bei der Bank oder dem Broker. Diese variieren selbstverständlich.
Aufpassen sollte der Investierende allerdings darauf, dass Monat für Monat Geld investiert wird. Denn so minimiert sich das Risiko eines falschen Einstiegszeitpunkts: Wer nur einmalig Geld in einen Indexfonds steckt und seinen Anteil schnell wieder loswird, kann damit auf die Nase fallen. 2010 etwa ging es über 20 Prozent nach unten. Mit einem langfristig angelegten ETF-Sparplan zahlt sich Geduld aus – über 8 Prozent fuhr ein, wer seine Investition bis 2019 hielt und regelmäßig Geld nachschob. Die Erklärung dafür ist simpel: Über die Jahre werden die schlechten Jahre von den guten abgefangen.
Welche Vorteile und Nachteile haben ETFs?
Grundsätzlich, so stimmen die Meinungen von Expertinnen und Experten mit den Marktentwicklungen der vergangenen Jahre überein, überwiegen die Vorteile – zumindest im Vergleich zu aktiv verwalteten Investmentfonds.
Die Vorteile von ETFs:
- Mehr Transparenz: Dank der Indexreplikation lässt sich mit wenigen Klicks herausfinden, wie die Zusammensetzung der Indizes aussieht.
- Weniger Kosten: Die Verwaltungsgebühren von ETFs liegen oftmals deutlich unter einem Prozent des Fondsvermögens.
- Geringes Risiko als Vorteil: Die Risikostreuung ist groß und ergibt sich schlichtweg aus der Vielzahl an Firmen. Bei den bekannten MSCI-World-ETFs sind zum Beispiel teilweise tausende Aktien gebündelt. So werden Verluste gleichmäßiger ausgeglichen; das Risiko eines Totalverlusts ist sehr gering, denn selten geht eine Branche, ein Industrieland oder ein Marktsegment in Gänze den Bach runter.
- Konstanz: Verbunden mit einer Cost-Average-Strategie, auch Durchschnittskosteneffekt genannt, ist ein ETF-Sparplan eine gute Möglichkeit, über den Kapitalmarkt an den durchschnittlichen Wachstumsraten der Realwirtschaft zu partizipieren und langfristig eine gute Rendite einzuholen. Natürlich sollte über den ETF-Sparplan ausreichende Diversifikation bestehen.
- Schutz vor Insolvenz: Geht die Fondsgesellschaft hinter dem ETF pleite, sind die Kundeneinlagen als Sondereinlagen „sicher“.
- Schnelle Verfügbarkeit: Neben Online-Brokern stehen Anlegerinnen und Anlegern mittlerweile auch über ihr Online-Banking einfache Zugänge zu den Börsen dieser Welt offen. So sind ETFs kurzfristig handelbar; für den bloßen Akt des Investments ist kein übergroßes Finanzwissen nötig.
Die Nachteile der ETFs:
- Die Passivität des Fondsmanagement hat den kleinen Nachteil, dass bei einer negativen Entwicklung keine Expertin oder kein Experte aus dem Finanzwesen oder vom Fonds selbst operativ eingreift. Man muss den Markt selbst im Auge behalten.
- Synthetische ETFs: Die meisten Anlegerinnen und Anleger gehen davon aus, dass der Fonds ihrer Wahl den zugrunde liegenden Index eins zu eins abbildet und sie als ETF-Anleger Beteiligungen an den im Index enthalten Aktien besitzen. Das wäre eine physische Form eines ETFs, die aber nicht immer gegeben ist: Im Falle von synthetischen ETFs wird der Index durch Derivate (Termingeschäfte) abgebildet, die nicht mit dem betreffenden Index in Zusammenhang stehen müssen, sogenannten Swaps. Eine physische Hinterlegung des Wertpapierkorbs beim ETF-Anbieter findet also nicht statt. Somit entsteht ein Risiko der Gegenpartei, falls der Anbieter seine Verpflichtungen im Insolvenzfall nicht mehr erfüllen kann.
- Die breite Risikostreuung bedeutet nicht, dass der ETF immer gut performt. Die Wertpapiere des ETFs unterliegen den marktüblichen Schwankungen, sodass durchaus ein Verlustrisiko besteht.
- Anders als bei Aktien haben Aktionärinnen und Aktionäre bei ETFs de facto kein Stimmrecht für Generalversammlungen von einzelnen Firmen oder Aktiengesellschaften inne.
- Geldanlage auf lange Sicht: Für risikoliebende Anlegerinnen und Anleger sind ETFs nicht empfehlenswert. Der Sinn der Indexfonds besteht darin, dass sie als langfristiger Vermögenswert dienen und eine Rendite erst nach mehreren Jahrzehnten ausgezahlt wird. Wer kurzfristig spekulieren möchte und auf das schnelle Geld aus ist, sollte lieber alternative Anlageformen wählen – mit all den damit verbundenen Risiken.
Welche Rolle spielt der MSCI World Index?
Grundsätzlich sind ETFs die perfekte Einstiegsmöglichkeit für unerfahrene Anlegerinnen und Anleger – wobei sich natürlich wie bei allen Finanzprodukten eine umfassende Vorab-Recherche vor dem Investment empfiehlt.
Besonders beliebt unter Einsteigerinnen und Einsteigern ist der MSCI World. Er bildet die Wertentwicklung von derzeit 1.517 börsennotierten Unternehmen aus 23 Industriestaaten ab und ist damit für viele quasi ein Allheilmittel. Dank der breiten Transparenz bei ETFs sind die Beteiligungen und sonstige Information auf dem Factsheet (Stand Juli 2022) einsehbar. Doch wird der Index diesem Anspruch gerecht?
Die fünf relevantesten Nachteile des MSCI:
- Sehr starke Gewichtung von US-Aktien: Der MSCI World ist – laut Factsheet von Juli 2022 – zu knapp 68 Prozent in US-amerikanischen Firmen investiert. Kritikern ist das zu viel; sie monieren die zu hohe Konzentration stark wachsender und höchst innovativer Unternehmen. Das Zwei-Drittel-Gewicht der USA im MSCI World ist einfach zu viel des Guten.
- Schwellenländer bleiben außen vor: Was wäre die Weltwirtschaft ohne China, Taiwan, Südkorea oder Indien? Diese Schwellenländer werden durch den MSCI World nicht repräsentiert, obwohl sie eine immer größere Rolle spielen. Er enthält zwar über 1.500 Aktien aus 23 Ländern, aber eben nur aus den Industrienationen.
- Große Abhängigkeit von Technologieaktien: Eine weitere Unwucht sehen Skeptiker darin, dass acht der zehn größten Positionen im MSCI World Index (Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet A- und C-Aktien, Tesla) aus dem Technologiebereich stammen. Sie allein machen bereits rund 16 Prozent des Gesamtgewichts des Fonds aus – und crashten unlängst extrem, etwa Tesla. Skeptiker sehen viele Technologie-Werte als maßlos überbewertet an. Insgesamt ist der Sektor Technologie mit knapp 23 Prozent gewichtet. Es folgen Finanzdienstleister und der Gesundheitsbereich mit jeweils etwa 13 Prozent.
- Keine Nebenwerte im MSCI: Nicht im Index enthalten sind dagegen die Nebenwerte, also Aktien mit geringer Marktkapitalisierung. Dadurch gehen Beteiligten Chancen auf Rendite durch die Lappen. Gut abgedeckt sind dagegen die Standardwerte (Blue Chips).
- Wichtige Aktiensegmente werden nicht berücksichtigt: Für ein optimales Rendite-Risiko-Profil reichen Blue Chips allein jedoch nicht aus. Dafür seien Aktienmarktsegmente wie Value (unterbewertete Aktien mit hoher Substanz), Niedrigvolatilität (Aktien mit in der Vergangenheit relativ niedrigen Schwankungen) und Momentum (Aktien mit in der Vergangenheit relativ starker Kursdynamik) nötig, argumentiert Schmidt. Diese sind jedoch im MSCI World im Vergleich zum globalen Gesamtmarkt nur unzureichend berücksichtigt.
Was sind die Alternativen zum MSCI World Index?
Gebe es denn Alternativen zum MSCI? Für eine optimale Depotzusammenstellung und Geldanlage sollten Anlegerinnen und Anleger stets auf mehrere Indexfonds beziehungsweise Assets und eine möglichst breite Streuung setzen – Stichwort: Diversifikation. Dazu gehören verschiedene ETFs wie auch andere Vermögenswerte und Geldanlagen, wie aktiv verwaltete Investmentfonds, „normale“ Aktien, Anleihen, Krypto, Immobilien. Die Liste ist lang; jede Anlegerin und jeder Anleger sollte sich individuell und eigenverantwortlich damit beschäftigen.
Eine Option ist ein sogenanntes Marktportfolio, das einen möglichst großen Teil der globalen Marktkapitalisierung abdeckt. Eine weitere Möglichkeit wäre der MSCI All Countries World Index. Anders als der MSCI World beinhaltet der Fonds rund 3.000 börsengehandelte Firmen aus 47 Ländern – allerdings nicht nur Industrienationen.
Der MSCI All Countries World Index setzt auch auf ETF-Emittenten aus Schwellenländern wie China, Südkorea oder Mexiko. Hier liegt der große Vorteil darin, dass Firmen in Schwellenländern großes Wachstumspotenzial haben und zudem die Anteile noch recht günstig sind. Ein Nachteil ist sicherlich das inhärente Risiko, dass der Bestandsmarkt nicht so konstant ist wie jener in den Industrienationen.
Information ist alles
Interessant sind auch sogenannte spezialisierte Fonds, die auf Trendthemen wie Blockchain, Künstliche Intelligenz oder Nachhaltigkeit setzen. Oftmals sind die dort enthaltenen Wertpapiere Nischenprodukte und versprechen (noch) eine gute jährliche Rendite. Information ist in diesem Segment alles: Wer frühzeitig spezielle Themen identifiziert, die großes Wachstumspotenzial haben oder bei denen eine Modernisierungslücke klafft, ist in der Regel mit einer Investition im Vorteil.
Ob nun MSCI World Index oder Indexfonds bestehend aus Aktien aus Industrie- und Schwellenländern oder eine ETF-Auswahl von Zukunftsthemen: Der ETF-Markt verspricht dank der vielen Anbieter und der großen Auswahl (wie zum Beispiel die iShares von Blackrock) gute Chancen auf Rendite.
Das hat übrigens auch Star-Investor Warren Buffet so gesehen: Laut dem Börsen-Guru seien derartige Fonds für Privatleute die beste und einfachste Möglichkeit, um ihr Geld effektiv zu vermehren – konkret per ETF-Sparplan. Er selbst hat sich zwar dem Value Investing verschrieben, bei dem er Wertpapiere einzeln auswählt und damit sein Portfolio befüllt. Doch das sei eben nicht jedermanns Sache. Deshalb hat er in der Vergangenheit wiederholt einen ETF-Sparplan auf den ersten Exchange Traded Funds empfohlen: den Standards & Poor’s 500 mit den 500 größten börsennotierten Unternehmen der Vereinigten Staaten.