Eine Deutschlandkarte mit einem Aktienkurs.
12.07.2021    Andreas Busch
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In Kürze:

  • Das Trauma T-Aktie schränkt ältere deutsche Anleger immer noch ein
  • Aktienanlage ist eigentlich simpel, es müssen nur einige wenige Regeln beachtet werden
  • Die wirtschaftliche Großwetterlage sollte die Börsen weiterhin unterstützen

Meldungen über junge Bundesbürger, die sich vermehrt für die Börse interessieren, täuschen. Viele, vor allem ältere Sparer, schrecken vor einem Aktieninvestment zurück. Die Forscher des DIW führen dies in einer aktuellen Studie auf die negativen Erfahrungen zurück, welche der Absturz der Telekom-Aktie vor mehr als 20 Jahren bei den Deutschen hinterließ.  „Die T-Aktie wird mir immer wie eine Monstranz vorgehalten, wenn ich Bekannte für Aktien begeistern will“, sagt Robert Halver, Managing Director und Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, im Video-Call im Rahmen der DUP UNTERNEHMER Finance Week. Dabei war das rückblickend kein schlechtes Investment. „Wer die T-Aktie bei der Emission 1996 erwarb und bis heute durchhielt, hat inklusive der Dividenden eine jährliche Rendite von 4,6 Prozent erzielt“, so Halver weiter. „Man muss diese alten Anlagezöpfe abschneiden.“

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„Das Beispiel T-Aktie ist nicht fair“, sagt Dr. Gerrit Fey, Leiter Fachbereich Kapitalmärkte beim Deutschen Aktien Institut (DAI). Wer vernünftig in Aktien investiere, würde nie alles auf eine Karte setzen, sondern breit streuen. Wer Ende 1999 auf alle Titel aus dem Dax setzte, hätte bis heute immerhin eine jährliche Rendite von 3,3 Prozent erreichen können, seinen Einsatz unterm Strich in etwa verdoppelt. Im Jahr 2000 begann eine starke Korrektur an den Aktienmärkten. „Wir freuen uns, dass wir im vergangenen Jahr 3,7 Millionen neue Besitzerinnen und Besitzer von Aktien, Fonds und ETF zählen konnten“, so Fey. Wie Halver fordert er eine Förderung der Aktienanlage. „Wir müssen es schaffen, mehr Aktien in die staatliche, betriebliche und private Altersvorsorge zu bringen.“

Die Politik muss Aktienbesitz fördern

Es gäbe immer wieder Klagen, dass die großen deutschen Unternehmen ausländischen Institutionellen gehören, sagt Matthias Born, Head of Investment & CIO Equities Wealth & Asset Management bei Berenberg.  „Wenn man das ändern will, müssen eben wir Deutsche mehr in Aktien investieren. Aktien sind keine Spekulationsobjekte, sondern Unternehmensbeteiligungen.“ Auch die Pensionskassen hierzulande hielten im internationalen Vergleich einen deutlich geringeren Aktienanteil. „Das politische Umfeld muss sich bewegen“, sagt Born.

Am Talk in der DUP Finance Week nahmen teil:

Moderation: Thomas Eilrich, Chefredakteur DUP UNTERNEHMER-Magazin

Grundsätzlich soll die Basis einer Aktienanlage aus aktiv gemanagten Fonds oder ETF bestehen, da sind sich die Experten einig. Halver: „Fonds und ETF bilden den stabilen Keller, Einzeltitel das Dach“. Wer auch auf Einzelaktien setze, müsse dies „aus ganzem Herzen machen“, so Halver. Denn dazu gehöre auch das Beobachten infrage kommender Unternehmen und das kostet Zeit.

Zu den wilden Spekulationen insbesondere jüngerer Anleger mit Aktien wie Gamestop meint Halver: „Man muss die Euphorie bremsen, die Aktienanlage nüchtern betrachten.“ DAI-Mann Fey pflichtet ihm bei. „Eigentlich ist Aktienanlage ziemlich langweilig. Man muss nur einige Regeln beachten.“ Es sollten nicht alle Eier in einen Korb gelegt werden, die Anlage solle kontinuierlich und langfristig erfolgen. Zudem sollte ein Portfolio nicht ausschließlich aus Aktien bestehen. Fey: „Man braucht auch einen Anteil von Werten, die einen unabhängig von einem zwischenzeitlichen Kurstief machen.“

Halver erwartet neue Höchststände im zweiten Halbjahr

Auf mittlere Sicht sind die Experten positiv für die Börse eingestellt. Born: „Ich glaube, dass die Aktienmärkte bis ins nächste Jahr gut unterstützt sind. Es gibt eine starke Erholung der Wirtschaft, und dies gilt weltweit. Das wirkt noch eine Weile.“ Zinsängste könnten zu aber zeitweise stärkeren Schwankungen führen. Fey: „Nach meiner persönlichen Einschätzung könnte es auch mal wieder nach unten gehen. Aber das ist dann ein guter Einstiegszeitpunkt – aber ohne dabei die Streuung und die anderen Regeln zu vergessen.“

Auch Halver ist optimistisch: „Die Zinsangst im ersten Halbjahr hat sich nicht materialisiert. Der Markt ist stabil, im zweiten Halbjahr dürften die großen Indizes neue Höchststände anstreben.“ Und Halver weiter: „Und wenn uns im vergangenen Jahr Corona, dieser große, fette, schwarze Schwan, nicht die Freude an Aktien genommen hat, was soll uns dann die Laune verderben?“

12.07.2021    Andreas Busch
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