Mann begutachtet Aktien-Kurve
14.06.2021    Gerhard Michel
  • Drucken

Schon die Tatsache, dass sie in Haussephasen vermehrt auftreten, sollte bei den Spekulanten zu einer kritischen Betrachtung ihrer Handlungen führen. „Bin ich getrieben von Gier und habe die Logik ausgeblendet?“, könnte eine selbstkritische Frage lauten. Auch die Tatsache, dass es häufig junge Börsenneulinge sind, die ihr Glück versuchen, könnte den Zockern aufstoßen. Weitere hilfreiche Fragen: Gibt es vielleicht keine älteren Börsianer, die sich als Daytrader versuchen, weil sie auf der Basis ihrer Erfahrung wissen, dass dies keine langfristig lukrative Strategie ist? Oder scheitern die meisten Daytrader irgendwann und es gibt daher keine, die diese Strategie über Jahrzehnte hinweg betreiben?

Kolumnenkasten von Gerhard Michel

In den Listen der wohlhabendsten Menschen findet sich kein Daytrader

Der aktuelle Modetrend im Bereich Daytrading nennt sich „Meme Stocks“. Diese Aktien werden in Online-Investing-Communities gehypt. Die Follower kaufen aus der Angst heraus etwas zu verpassen eine bestimmte Aktie, was den Kurs oftmals explosiv reagieren lässt. Anschließend sind Panikverkäufe beim geringsten Gegenwind die Folge, da die Spekulanten nicht wissen, warum sie etwas gekauft haben. Sie sind nur eingestiegen, weil sie auf einen steigenden Preis spekuliert haben – den Wert einer Unternehmung kennen sie nicht.

Die Öffentlichkeit sollte kurzfristig agierende Spekulanten und Daytrader nicht verurteilen

Sie sind ein immer dagewesenes menschliches Phänomen, egal ob man einen mittelalterlichen Marktplatz oder den modernen Onlineaktienhandel betrachtet. Im Gegenteil, zunächst einmal ist jeder, der sich mit dem Thema Vermögensaufbau durch Aktien beschäftigt, willkommen zu heißen. Aufklärung über die, in den allermeisten Fällen, vorhandene Aussichtslosigkeit ihrer Spekulationen sollte vielmehr der Ansatz lauten. Denn, die in Deutschland immer noch zu niedrige Aktionärsquote kann nur gesteigert werden, wenn die Investierenden nachhaltig erfolgreich bleiben und nicht, wie viele Generationen vor ihnen, nach herben Verlusten dem Aktienmarkt für immer den Rücken kehren.

Niemand kann kurzfristig die Entwicklung des Aktienmarktes oder einer Aktie vorhersagen

Die Gründe, die einen nachhaltigen Erfolg des Daytradings unmöglich machen sind:

Illustration von Gerhard Michel

Gerhard Michel ist Investor und Finanzcoach. In Einzelcoachings, Seminaren und als Gastdozent vermittelt er die quantitative, fundamentale Aktien- / Unternehmensanalyse

  1. Der menschliche Charakter, getrieben von Angst und Gier. Durch den urzeitlichen Überlebenskampf sind wir als Menschen darauf konditioniert vor einer brüllenden Raubkatze wegzulaufen, und wenn es ausnahmsweise mal Honig oder Fleisch gab, besonders viel davon zu horten. Investoren müssen jedoch auf „brüllende Raubkatze“ (fallende Aktienkurse) zugehen, und – wenn sich die meisten die Taschen mit Honig vollstopfen (steigende Kurse) – abwarten.
  1. Die mathematische Tatsache, dass ein Verlust mit einer größeren Anstrengung wieder ausgeglichen werden muss. Bereits ein Kursverlust von 3 Prozent muss mit einer Steigerung von 3,09 Prozent ausgeglichen werden, um wieder auf den Einstiegskurs zu kommen. Ein Verlust von 50 Prozent muss mit einem Gewinn von 100 Prozent ausgeglichen werden.
  1. Die Gebühren, die bei Kauf und Verkauf eines Wertpapieres entstehen. Auch wenn sie weiter sinken sollten.

 

Die Chancen stehen somit nie 50 zu 50. Als Glücksspiel kann die Börse langfristig nicht funktionieren.

Die Lösung bietet die Mathematik

Sie macht den Menschen freier von emotionalen Entscheidungen, ermöglicht das Berechnen von validen Werten und schützt somit vor Kursverlusten und führt zu einer langfristigen Anlagestrategie, bei der Gebühren nicht im Fokus stehen.

Während Daytrader zum Sklaven des Marktes werden, macht der langfristig agierende Fundamentalinvestor den Markt zu seinem Diener, welcher ihm hervorragende Unternehmen zu einem vernünftigen Preis bietet. Der Fundamentalinvestor handelt rational auf Basis von fundierten Zahlen. Er profitiert von den kurzfristigen Irrationalitäten des Marktes, die sich während der langfristig einsetzenden Werteermittlung am Markt in Wohlgefallen auflösen.

Kolumnen, Kommentare und Gastbeiträge auf DUP-magazin.de geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.

 

14.06.2021    Gerhard Michel
  • Drucken
Zur Startseite