VUKA – Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz: Das sind Zeichen unserer Zeit. Wesentlicher Einflussfaktor: die enorme Geschwindigkeit technologischer Entwicklung, die zunehmende Automatisierung von Prozessen, der Einsatz Künstlicher Intelligenz. Die Folge: eine radikale Transformation aller geschäftlichen Disziplinen.
Um zukunftsfähig zu sein, müssen wir jetzt anfangen, die digitalen Fähigkeiten der Mitarbeitenden im Finanzbereich zu entwickeln und eine Mitmachkultur zu schaffen.
Juliane Eva Moser, Senior Manager, KPMG
Technologie als Wettbewerbsvorteil
Juliane Eva Moser, Senior Manager Digital Transformation & Process Excellence bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, sieht gerade den Finanzbereich aktuell „in einem Spannungsfeld zwischen Algorithmen und Humanorientierung. Wir haben auf der einen Seite neue Technologien wie Robotic Process Automation oder Künstliche Intelligenz, die sich wiederholende Tätigkeiten automatisieren und menschliches Eingreifen überflüssig machen – ein Wettbewerbsvorteil. Auf der anderen Seite wachsen gleichzeitig die Anforderungen an die Mitarbeitenden: Neben fachlichem und technologischem Know-how gewinnen im Finanzbereich strategische, analytische und sozial-kommunikative Fähigkeiten immer mehr an Bedeutung.“
Die Schlüssel zum Erfolg sind ein Bewusstsein für die Zukunft, die Anwendung der richtigen Methoden und Kontinuität. Wandel muss zur DNA der Organisation werden.
Heiko von der Gracht, Zukunftsforscher, KPMG
„Das Maß an Vertrauen in neue Technologien und der Einfluss, der dem Chief Financial Officer und seinem Bereich beigemessen wird, sind Hauptunsicherheiten in diesem Sektor“, erläutert Dr. Heiko von der Gracht, Professor für Zukunftsforschung und Department Head Portfolio Management & Digital Delivery, Atlas Platform Services bei KPMG. Zeit für die Finanzchefs, sich in Sachen Zukunft zu positionieren. „Vor wenigen Jahren noch wäre ich nach außen hin in erster Instanz wohl als CFO aufgetreten. Heute wird meine zweite Funktion als Chief Information Officer teils zuerst genannt. Das zeigt, wie sich die Gewichtung in Richtung Digitalisierung verschoben hat“, sagt Dr. Jan Keller, Vorstand des Spezialversicherers Vereinigte Hagel.
Spannungsfeld Mensch und Maschine?
Carsten Wember ist Partner und Head of Digital Transformation & Process Excellence bei KPMG. Er berichtet aus einer aktuellen Befragung zum Technologieeinsatz im Finanzwesen: „Künstliche Intelligenz wird in der Praxis deutscher Unternehmen immer noch eher als ein Zukunftsthema gesehen.“ Einen Wettstreit von Mensch und Maschine sieht Wember dennoch nicht: „Beide sind nötig. Darin steckt vielmehr eine tolle Kooperations-Chance für die Zukunft des Sektors.“
Als CFO mehr Einfluss nehmen zu können hängt stark von der Wahrnehmung der Rolle ab. Sie muss weg vom Chef-Controller und hin zum Chef-Berater entwickelt werden.
Jan Keller, CIO/CFO, Vereinigte Hagel
Wie diese in vier extremen Szenarien aussehen könnte, hat KPMG mit Blick auf das Jahr 2040 herausgearbeitet. Über ein kurzes Self-Assessment können sich CFOs darin verorten. Gut 600 Führungskräfte im Finanzwesen haben sich in dieser Matrix bereits eingeordnet.
Das Gros sieht die eigene Zukunft in den Szenarien III und IV – auch Keller: „Das Vertrauen in die Menschen wird bleiben, ebenso die Humanorientierung. Aber dennoch wird die Finanzfunktion, wenn sie die Chance nicht ergreift und reaktiver agiert als heute, eher an Einfluss einbüßen.“ Der CFO sieht sich ebenso wie seine Berufskolleginnen und -kollegen in der Pflicht, den Wandel in den Organisationen voranzutreiben, um sich zukunftsweisend aufzustellen. Die größte Herausforderung aus seiner Sicht: „Führungskräfte müssen in der Lage sein, sich selbst zu reflektieren sowie die Mitarbeitenden zu fordern und zu fördern. Es geht darum, ein anderes Mindset anzustoßen und technische Skills viel intensiver zu trainieren.“
Zukunftsforscher von der Gracht rät: „Um durch turbulente Gewässer zu navigieren, braucht es mehr denn je einen Transformationskompass, der Analysen, Services und Tools digital an einem Ort bündelt.“