Gastbeitrag

Schule, Hochschule, Weiterbildung

6 Thesen zur Bildung 2030: Was sich jetzt ändern muss

Das deutsche Bildungssystem steht vor einer enormen Aufgabe. Bildung ist schließlich ein zentraler Faktor, wenn es um wirtschaftlichen Erfolg geht. Die hohe Qualität und Konkurrenzfähigkeit des Systems müssen deshalb erhalten bleiben. Dies ist auch wichtig, um den wachsenden Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften im MINT-Bereich zu stillen. Professor Isabell M. Welpe, von der Technischen Universität München, sowie ihre Mitarbeiterinnen Dr. Susanne Falk und Dr. Maike Reimer skizzieren, wie unser eher starres Bildungssystem in sieben Jahren aussehen könnte.

21.07.2023

Angesichts der neuen technologischen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt muss Deutschland noch viel mehr tun als nur „Niveau erhalten“: Das Bildungssystem sollte bis 2030 deutlich weiterentwickelt werden.

Doch worin genau bestehen diese Herausforderungen? Zunächst einmal darin, dass es immer mehr Menschen gibt, die lernen. Das hat mit der Öffnung des höheren Bildungssystems für breite Bevölkerungsgruppen sowie mit Migration und Internationalisierung zu tun. Andererseits haben längst die geburtenschwachen Jahrgänge das Bildungs- und Berufssystem erreicht. Kurz: Es kommt mehr denn je darauf an, das Potenzial jedes Einzelnen optimal zu entwickeln.

Wenig Wandel in den letzten 100 Jahren

Im Grunde haben sich aber deutsche Bildungsinstitutionen in den vergangenen 100 Jahren (trotz Digitalisierungsschub in der Coronapandemie) nur wenig verändert. Starre Lehrpläne, Frontalunterricht, Fixierung auf Prüfungen und strenge Selektionsprozesse erschweren Fortschritt. Vorgegebene einheitliche Lernziele müssen im immer selben Tempo und in der stets gleichen Reihenfolge durchlaufen werden; wer nicht mitkommt, darf seine Wissenslücken im Selbststudium schließen.

Wir kennen die Folgen, die Ergebnisse internationaler Schulleistungsvergleiche sprechen für sich: Das deutsche Bildungssystem schneidet nur durchschnittlich ab – 2018 lagen beispielsweise die Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften etwas über dem OECD-Durchschnitt, nicht in der Spitzengruppe.

Alarmierend ist, dass etwa sechs Prozent der Schülerinnen und Schüler in Deutschland überhaupt keinen Abschluss schaffen. Auch das deutsche Hochschulsystem bleibt unter seinen Möglichkeiten: Die Studienabbruchquoten sind hoch – und in MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) am höchsten. Einer der Gründe: Hochschulen tun sich mit unterschiedlichem schulischem Vorwissen und den Kompetenzdefiziten von Studienanfängerinnen und -anfängern speziell in Mathematik und Naturwissenschaften schwer.

Und: Nicht zuletzt im Bereich des lebenslangen Lernens ist die Bereitschaft und Beteiligung nicht überall ausreichend, um den sich rasch entwickelnden Kompetenzanforderungengerecht zu werden. Den Lernenden gelingt es darüber hinaus deutlich weniger als in anderen Ländern, ihre Potenziale zu entfalten, wenn sie nicht durch das Elternhaus materiell und immateriell von Anfang an unterstützt werden.

Wie müssen sich Schulen und Hochschulen also in der Zukunft aufstellen? Welche Veränderungen vollziehen sich gegenwärtig, und wie werden wir im Jahre 2030 lernen? Diese Fragen möchten wir anhand von sechs Thesen aufgreifen und beantworten – und dazu mit Beispielen aus Schule, Hochschule und Weiterbildung veranschaulichen, wie neue Wege des Lernens und Lehrens im Jahr 2030 aussehen.

These 1 zur Bildung 2030: Individualisierte Lernangebote ersetzen 2030 das One-size-fits-all-Prinzip

Noch vor wenigen Jahrzehnten war eine differenzierte, lernerorientierte Pädagogik aus Ressourcen- und Kostengründen nur begrenzt möglich. Und heute sind Schul- und Bildungssysteme, die allen Lernenden ungeachtet von Interessen, Vorbildung und Begabung die gleichen Lerninhalte in der gleichen Intensität im Unterricht vorsetzen, nicht mehr zeitgemäß. Sie gehen an den Bedürfnissen aller Beteiligten vorbei.

Das wird sich 2030 geändert haben. Bis dahin sind auf Künstliche Intelligenz (KI) basierende Lerntechnologien („Learning Analytics“) so leistungsfähig und breit verfügbar, dass sie zielgenau und sinnvoll eingesetzt werden, um Lerninhalte, -formen und -geschwindigkeit optimal an die „Nutzerinnen und Nutzer“ anzupassen.

Intelligent Tutorial Systems etwa bieten viele Möglichkeiten für individuellen, passgenau auf Bedürfnisse und Vorwissen zugeschnittenen Unterricht. Das Ganze wird unterstützt von Algorithmen, die Lern-Vorlieben berücksichtigen. Das neue System fördert nicht nur das selbstregulierte Lernen und erhöht den Lern- und Prüfungserfolg, es entlastet auch Lehrkräfte (siehe These 4).

Beispiel Schule: Fachkräfte für Pädagogik, Didaktik, Mathematik sowie Software haben die interaktive Mathematik-Lernplattform bettermarks entwickelt. Das adaptive Lernsystem für den Unterricht der Klassen 4 bis 10 stellt individuell Aufgaben für jedes Lernziel und jeden Lernstand zusammen, wertet diese automatisch aus und gibt Rückmeldung.

Beispiel Hochschule: Im Studienverlauf kommen adaptive, also anpassungsfähige Anwendungen zum Einsatz, beispielsweise Chatbots, Feedbacksysteme oder auch KI-basierte Lernplattformen. Außerdem können unter Rückgriff auf Daten aus Lernmanagementsystemen Learning Analytics gezielt eingesetzt werden. U-Behavior ist zum Beispiel eine an der Colorado State University entwickelte Lehr-/Lernmethode, die aufbauend auf dem Canvas Quizz Tool das Studienverhalten und die Lernpraktiken fördert. Über den Science-of-Learning-Ansatz werden Studierende zum selbstregulierten Lernen angeleitet. Sie können sich zwischen unterschiedlichen Lernstrategien entscheiden, und sie bekommen direktes Feedback über visuell aufbereitete Learning Analytics.

Beispiel Weiterbildung/lebenslanges Lernen: Adaptives Lernen im Weiterbildungsbereich bietet die auf KI basierende Lernplattform Area9. Mitarbeitende werden ganz nach ihrem persönlichen Wissensstand und in ihrem jeweiligen Lerntempo in kürzester Zeit für neue Aufgaben qualifiziert.

These 2 zur Bildung 2030: Flexiblere Lehrpläne und Curricula vermitteln im Jahr 2030 Zukunftskompetenzen

Die technologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen sowie geopolitische Herausforderungen haben 2030 die Kompetenzanforderungen verändert. Fundiertes Fachwissen bleibt zwar relevant, wird aber durch Metakompetenzen nachhaltig ergänzt und zukunftsfähig gemacht.

Komplexes Problemlösen, innovatives Denken, Eigeninitiative und eigenverantwortliches Handeln, aktives Lernen, unternehmerisches Denken, Quellenkritik und Empathie sind jetzt relevante Fähigkeiten. Es gibt beispielsweise das 4K-Modell, das die 4K-Skills (Kreativität, kritisches Denken, Kommunikations- und Teamfähigkeit) als zukünftige Zieldimensionen von Lehren und Lernen festhält.

Das Bildungssystem greift 2030 diesen Paradigmenwechsel auf und nimmt Anpassungen an Lehrplänen und Curricula vor, durch die sowohl der Fächerkanon erweitert wird als auch Zukunftsskills durch veränderte Unterrichtsgestaltung gefördert werden.

Beispiel Schule: An einer Münchner Schule werden Kinder in der fünften und sechsten Klasse im Fach „Glück“ unterrichtet. In dem eigens dafür eingerichteten „Glücksraum“ lauten die Themen: Emotionen, Werte, Achtsamkeit oder Eigenverantwortung.

Beispiel Hochschule: Durch den Bologna-Prozess wurden die Studiengänge bereits stärker an Kompetenzanforderungen ausgerichtet. Hierzu gehen die Planerinnen und Planer von den Qualifikationszielen (Learning Outcomes) aus und wählen die geeignetsten Lehr- und Lernaktivitäten sowie Prüfungsformen aus.

Beispiel Weiterbildung/lebenslanges Lernen: Das US-Unternehmen degreed hat eine Methode zur Messung und Zertifizierung von Lern- und Wissensständen entwickelt, mit der Kunden individuell und passgenau Planungen zur Allokation und Weiterentwicklung ihrer Mitarbeitenden vornehmen können.

These 3 zur Bildung 2030: Räumliche und zeitliche Strukturen sind 2030 flexibel und anpassungsfähig

Ob im altehrwürdigen Backsteingebäude, online oder im modernen Zweckbau – Bildungsangebote sind 2030 mehr denn je zeitlich und räumlich flexibel. Lernen findet nicht mehr ausschließlich vor Ort statt. Hybride Lernkonzepte und -räume nutzen den realen und den virtuellen Raum, Zugriff auf Lernplattformen und Open Access hat das klassische Lern-Setting vor Ort mit Büchern abgelöst.

In den Gebäuden der Bildungseinrichtungen passen sich flexible Raumkonzepte an die jeweiligen Lernphasen an und bieten kollaboratives Lernen. Statt Stundenplänen gibt es jetzt modularisierte Angebote, projektbasiertes Lernen und die Möglichkeit, über asynchrone Lehreinheiten zeit- und ortsunabhängig Unterricht anzubieten und daran teilzunehmen.

Beispiel Schule: An der NuVu School in Cambridge/Massachusetts ist das problembasierte Projekt-Lernen bereits primäre Unterrichtsform. Auch in Deutschland, an einem Münchner Gymnasium, werden innovative Raumkonzepte mit nutzungsneutralen Räumen angeboten, die durch eine Vielzahl von Verbindungen, Türen, beweglichen Trennwänden und Sichtbezügen je nach Zweck frei gestaltet werden können.

Beispiel Hochschule: An der Minerva University in San Francisco wird über Online-Seminare in einem festen Klassenverband studiert, der im Studienverlauf mehrfach den Ort wechselt und virtuelle Kurseinheiten mit Projektarbeit kombiniert.

Beispiel Weiterbildung/lebenslanges Lernen: Reteach ist eine cloudbasierte Lernplattform für individuelle Weiterbildungsangebote für mittelständische Unternehmen. Angeboten werden Blended Learning, Live-Training und On-Demand-Kurse in einem System. Beschäftigte können online auf Schulungen, Unterweisungen und Onboarding zurückgreifen.

These 4 zur Bildung 2030: Lehrkräfte werden zu Mentorinnen und Mentoren  

Lernen an sich ist ein individueller und sozialer Prozess: Der Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden wird immer wichtiger. Wenn in Zukunft Lernsoftware und Bildungstechnologien die Aufgaben der Wissensvermittlung, des Einübens, der Dokumentation oder Rückmeldung von Lernfortschritten und der Beurteilung (mit) übernehmen, können sich Lehrende stärker darauf konzentrieren, die Lernenden durch die Vielzahl von Bildungsangeboten zu navigieren und Selbstlernprozesse zu steuern.

Blended Learning kombiniert Online-Selbstlernphasen mit Präsenz-Vertiefungsphasen. Lehrkräfte können so zu Mentorinnen und Mentoren werden und individuelle Unterstützung anbieten, themenspezifische Projektarbeiten entwickeln und organisieren und die Anwendung gelernten Wissens auf reale Herausforderungen begleiten. Das bedeutet ein neues Rollenverständnis der Lehrenden: vom „sage on the stage“ zum „guide by the side“.

Relevant sind in diesem Zusammenhang Lernmanagementsysteme, in denen Lehreinheiten abgelegt und Übungen hinterlegt werden können. Und die auch Gelegenheit zum Austausch bieten.

Beispiel Schule: Am Daltongymnasium Alsdorf übernehmen Lehrerinnen und Lehrer von Klassenstufe 7 bis zu elf Schülerinnen und Schüler als Mentorin beziehungsweise Mentor. Einmal pro Woche wird über Lernsituation, -umfeld und -weg gesprochen. Aber auch persönliche Themen können behandelt und Lösungsstrategien entwickelt werden. Die Mentorinnen und Mentoren nehmen an den Notenkonferenzen teil und bringen sich dort mit ihrer zusätzlichen Kenntnis über die Schülerinnen und Schüler, die sie betreuen, ein.

Beispiel Hochschule: An der Pädagogischen Hochschule Heidelberg bereiten sich Studierende in einem „Inverted Classroom“-Kurs allein zu Hause mit einer Online-Vorlesung vor. In einem Tutorium können Fragen geklärt sowie Aufgaben gerechnet werden. Und einmal die Woche wird in einem Plenum mit der Professorin diskutiert. Die Lehrenden treten so in einen Dialog, anstatt ihre Zeit auf Instruktion und Übung zu verwenden.

Beispiel Weiterbildung/lebenslanges Lernen: Freiberufliche Coaches adressieren den zunehmenden Bedarf von Individuen und Unternehmen, die richtigen Angebote lebenslangen Lernens auch für den Nicht-Führungsbereich genau auszuwählen. Große Firmen, die mittlerweile über eigene Fachleute verfügen, lassen Unternehmensangehörige in Bezug auf Weiterbildung coachen.

These 5 zur Bildung 2030: Die Rahmenbedingungen für Bildung sind 2030 agil und gestaltbar

Eine agile, autonome Schul- und Hochschulpolitik reagiert 2030 zeitnah auf gesellschaftliche Veränderungen und passt ihre Strukturen, Prozesse und Erträge regelmäßig an. Auch Curricula und Learning Outcomes entwickeln sich – unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten – immer weiter. Die Rahmenbedingungen von Wissens- und Kompetenzerwerb werden flexibilisiert und staatliche Einrichtungen in der Rolle der Leistungszertifizierung gestärkt.

Wichtig sind Schul- und Hochschulleitungen, aber auch Firmen und Gesetzgeber mit Gestaltungswillen und Innovationsfreude. Führungskräfte, Lehrende und Dozierende bilden sich selbst häufig weiter und vernetzen sich, um voneinander zu lernen und sich zu unterstützen.

Beispiel Schule: Landesschulgesetze ermöglichen Versuche, bei denen im Rahmen einer Probephase unter Überwachung der Schulbehörde eine neue Organisationsform oder Unterrichtsmethode getestet wird. So erproben beispielsweise 17 Schulen und eine Einrichtung des zweiten Bildungswegs im Land Berlin „Hybride Formen des Lehrens und Lernens“. Unterstützt wird das Netzwerk von der learninglab GmbH, die als Ausgründung der Universität Bochum seit vielen Jahren Schulen beim digitalen Wandel begleitet.

Beispiel Hochschule: Die Neugründung der Technischen Universität Nürnberg (UTN) zum 1. Januar 2021 vereint innovative Elemente und könnte für die deutsche Hochschullandschaft Signalwirkung haben. Denn: Die Idee der Universität wird hier neu gedacht. Die UTN will ein „Reallabor für die Erprobung von hochschul- und wissenschaftspolitischen Elementen werden“ (Wissenschaftsrat, 2020). Kernelemente des Universitätskonzepts sind Interdisziplinarität, Internationalität und Digitalität in Lehre und Forschung sowie die Errichtung eines urbanen und nachhaltigen Campus.

Beispiel Weiterbildung/lebenslanges Lernen: In Deutschland sind Aus- und Weiterbildungssystem sehr stark entkoppelt und erschweren das lebenslange Lernen. Dänemark hingegen verfügt über ein landesweites modulares System, in dem Qualifikationen an mehreren Bildungseinrichtungen erworben und gegebenenfalls zu einem formalen Abschluss kombiniert werden können. Weiterhin haben Arbeitnehmende einen Rechtsanspruch auf ein Kompetenzfeststellungsverfahren.

These 6 zur Bildung 2030: Lernen findet über Staatsgrenzen hinweg statt

2030 ist Lehren und Lernen in internationalen, transnationalen Zusammenhängen möglich. Denn Schülerinnen und Schüler sowie Studierende müssen auf eine Welt vorbereitet werden, in der nicht nur Fremdsprachenkenntnisse, sondern auch interkulturelle Kompetenzen wichtig sind.

Lehrende, Lernende und Beschäftigte müssen also international mobiler werden. Die Möglichkeiten der Kooperation zwischen Bildungseinrichtungen untereinander und mit externen Anbietern sind weltweit erweitert, personelle, finanzielle und vor allem strukturelle Ressourcen gebündelt. National oder international erbrachte Studienleistungen werden flexibel anerkannt und angerechnet.

Beispiel Schule: Wie Digitalisierung mit internationalen Austauschprojekten verknüpft werden kann, zeigt das Beispiel des Düsseldorfer Max-Weber-Berufskollegs. Gerade in Berufskollegs fehlt es oft an passenden Weiterbildungen im Bereich digitaler Unterrichtsgestaltung für Lehrkräfte. Im Rahmen von Erasmus+ entstand die strategische Partnerschaft „Changing Paradigm“ mit vier Berufsschulen aus Italien, Österreich, Finnland und Deutschland: Digitale Unterrichtskonzepte werden ausgetauscht und Auslandspraktika für Schülerinnen und Schüler ermöglicht.

Beispiel Hochschule: Viele Hochschulen weltweit kooperieren mit den großen Anbietern von Massive Open Online Courses (MOOCs), für die sogenannte Nanodegrees vergeben werden. US-Elitehochschulen wie Stanford, Princeton oder Yale, aber auch einige europäische Institutionen (zum Beispiel die TU München und die University of London) bieten Online-Kurse auf Coursera an, wo derzeit die Angebote „Machine Learning“, „Learning How To Learn“ und „Introduction To Mathematical Thinking“ am beliebtesten sind. Edx wurde von den US-amerikanischen Universitäten Harvard und Massachusetts Institute of Technology als Non-Profit-Organisation gegründet und bietet viele kostenfreie Kurse an.

Beispiel Weiterbildung/lebenslanges Lernen: Internationale Lernplattformen bieten auch für die Zielgruppe Berufstätige Online-Kurse an. Bei Stanford Online etwa, dem Lernanbieter des Stanford Center for Professional Development (SCPD), gibt es ein umfangreiches Angebot mit anrechenbaren Kursen, die von den Lehrkräften der Universität Stanford entwickelt wurden. Und es ist kostenlos.

Noch sieben Jahre: Der Countdown läuft...

Erst muss man Experimentalschulen errichten, ehe man Normalschulen errichten kann. (...) Man bildet sich zwar insgemein ein, dass Experimente bei der Erziehung nicht nötig wären, und dass man schon aus der Vernunft urteilen könne, ob etwas gut oder nicht gut sein werde. Man irrt hier aber sehr, und die Erfahrung lehrt, dass sich oft bei unsern Versuchen ganz entgegengesetzte Wirkungen zeigen, von denen, die man erwartete. Man sieht also, dass, da es auf Experimente ankommt, kein Menschenalter einen völligen Erziehungsplan darstellen kann.

(aus: „Über Pädagogik“, Immanuel Kant, 1803)

Bildung zählt zu den zentralen Wettbewerbsfaktoren. Deutschlands wirtschaftlicher Erfolg gründet auf Bildung. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen und disruptiven Transformationen müssen die hohe Qualität und Konkurrenzfähigkeit des Bildungssystems hierzulande erhalten und gesteigert werden, indem sich Bildungsprozesse und -inhalte grundlegend wandeln.

Aktuell beobachten wir viele innovative Ansätze in Schule, Hochschule und auf dem Weiterbildungsmarkt. Digitale Bildungsinnovationen wie Learning Analytics, Virtual Reality, Gamification und Open-Source-Lehrmaterialien haben das Potenzial, das Lernen und Lehren in Schule und Hochschule grundlegend zu verändern.

Ehe wir den Idealzustand 2030 erreichen können, muss sich aber nicht nur auf gesellschaftlicher und politischer Ebene, sondern insbesondere auch auf der Ebene der Lernenden einiges verändern. Mehr Mut, Neues zu wagen, mehr Neugierde für innovative Ideen und weniger Beschränkungen in der föderalistischen Bildungslandschaft Deutschlands wünscht man sich für die nächsten Jahre, damit es zu einer echten Zäsur kommen kann.

Professor Isabell M. Welpe

ist seit April 2009 Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre „Strategie und Organisation“ an der Technischen Universität München. Sie studierte an der Universität München sowie dem Massachusetts Institute of Technology. Darüber hinaus hat sie einen Master of Science von der London School of Economics and Political Science