Ein Unternehmer der aufgrund von Corona einem Wandel bevorsteht
06.08.2021    Miriam Rönnau
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Jede Organisation verfügt über eine Kultur. Die Frage ist nur: wie wird diese von allen Beteiligten wahrgenommen? Mit Blick auf die Wirtschaft aktuell vor allem als eines: herausfordernd. Zumindest lautet so das Ergebnis einer neuen Studie. Nach der Erhebung des Marktforschungsinstituts Civey steht die Unternehmenskultur zwar ganz weit oben auf der Agenda, dennoch gehört deren Verbesserung zu den größten Herausforderungen bei der internen Kommunikation für das Jahr 2021.

Führungskräfte sollten sich deshalb bewusst machen, warum die Kultur im Unternehmen so entscheidend für den Erfolg ist – und Lösungen finden, wenn sie Handlungsbedarf feststellen. Tanya Akin, Expertin für Diversity, Inklusion und Unternehmenskultur bei der agilen Unternehmensberatung flowedoo, gibt Tipps und erklärt, warum gerade jetzt der Zeitpunkt zum Agieren ist.

Zur Person

Porträt von Tanya Akin

Tanya Akin

ist Expertin für Diversity & Inclusion bei der agilen Unternehmensberatung flowedoo GmbH. Nach ihrem Studium der Philosophie und Organisationspsychologie begleitet die gebürtige US-Amerikanerin ihre Kunden seit mehr als 25 Jahren als interkulturelle Trainerin, D&I- und Kommunikations-Expertin. Ihre Schwerpunkte liegen dabei auf den Themenbereichen Unconscious Bias, Inklusion und Unternehmenskultur

Welche Werte braucht eine Unternehmenskultur, um sie als „positiv“ zu beschreiben?

Tanya Akin: Eine Unternehmenskultur besteht in erster Linie aus den Mitarbeitenden einer Organisation, ihren Kunden und den Lieferanten. Sie sind deren Botschafter oder Kritiker. Die Kultur drückt sich also in der Art und Weise aus, wie das Unternehmen und seine direkten und indirekten Stakeholder miteinander interagieren. Um eine starke Unternehmenskultur zu verwirklichen, sollten die Mission, die Werte und die Handlungsweisen einer Organisation optimal aufeinander abgestimmt sein, um sicherzustellen, dass die Unternehmensmitglieder die Kultur, die ein Unternehmen verkörpern möchte,  authentisch vorleben und verbreiten können. Eine starke Kultur spiegelt sich in der Art und Weise wider, wie solche Eigenschaften wie etwa Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, offenes Feedback und Transparenz, gut arbeitende Teams, zugängliche Führungskräfte und die Narrative des Unternehmens zum Ausdruck kommen.

Warum lohnt es sich für Führungskräfte an der Unternehmenskultur zu arbeiten?

Akin: Führungskräfte spielen eine ganz entscheidende Rolle, wenn es um die Kultur eines Unternehmens geht, denn sie sind es, die diese am stärksten beeinflussen. Sie sind die Vorbilder, an denen sich die Kultur misst. Dies ist auch der Grund, warum sich Führungskräfte intensiv mit der Etablierung oder Veränderung von Kultur beschäftigen sollten. Es gibt zahlreiche gute Gründe für Führungskräfte, an ihrer Unternehmenskultur zu arbeiten. Im Idealfall schaffen sie einen einheitlichen Rahmen, durch den sich alle direkten und indirekten Beteiligten im Unternehmen, seien es Lieferanten, Kunden oder Mitarbeiter, mit dem Unternehmen identifizieren können, was wiederum zu höherer Produktivität und Motivation, größerer Wertschätzung sowie einer höheren Loyalität führt. Dies verbessert nicht nur die Marke eines Unternehmens, sondern auch seine nach innen und außen wahrgenommene Wirkung.

Remote Work, digitale Führung und Co.: Die Coronapandemie hat sicherlich auch Auswirkungen auf die Unternehmenskultur. Gibt es Indizien, inwiefern die Krise die Kultur im Unternehmen beeinflusst?

Akin: Ein wesentlicher Faktor ist die Kommunikation. Eine der größten Herausforderungen, mit denen sich Unternehmen derzeit angesichts der Pandemie und der Remote-Arbeit auseinandersetzen, besteht darin, wie sie das Gefühl der Verbundenheit und Zugehörigkeit unter ihren Mitarbeitern aufrechterhalten können. Die Reaktion auf Remote-Arbeit in den letzten eineinhalb Jahren war sehr gemischt. Während einige behaupten, Remote-Arbeit ermögliche ihnen eine bessere Work-Life-Balance, berichten andere von Gefühlen der Isolation, Einsamkeit und Abgeschiedenheit. Gerade in Anbetracht der subjektiven Art, wie Remote-Arbeit wahrgenommen wird, ist es für Organisationen besonders wichtig, diese Situation entsprechend angemessen anzugehen. Dies ist für fast alle Organisationen weltweit völlig neu und die meisten verfügen nicht über die Erfahrung oder die Kompetenzen, die notwendig sind, um damit umzugehen.

Was können Führungskräfte tun, die eine durch die Pandemie bedingte negative Unternehmenskultur in ihrer Firma beobachten?

Akin: Für Führungskräfte ist es enorm wichtig, nicht nur einzugestehen, dass es Kulturproblem gibt, sondern auch die Zeit aufzubringen, die Ursachen dafür zu finden. Das braucht eine gute Portion Selbstreflexion. Wer eine starke Unternehmenskultur erreichen will, braucht ein offenes Mindset und den authentischen Willen, nachhaltige Veränderungen einzuleiten. Das Verteilen von Goodies oder ein hippes Firmenevent werden keinerlei Wirkung zeigen, wenn die eigentlichen Ursachen der Probleme auf schwache Kommunikationsstrategien oder oberflächliche Entwicklungsmöglichkeiten zurückgeführt werden können. Und auch dabei ist eine starke bidirektionale Kommunikation der Schlüssel, Antworten zu finden und Veränderungen umzusetzen.

Würden Sie von einer Post-Covid-Unternehmenskultur sprechen?

Akin: Die Pandemie hat viele Unternehmen zu höherer Flexibilität und Agilität veranlasst. Nachdem sie nun plötzlich quasi über Nacht mit „New Work“ konfrontiert wurden, bleibt ihnen wohl keine andere Wahl, als die Art und Weise, wie sie Geschäfte machen, wie sie mit ihren Mitarbeitern und Lieferanten zusammenarbeiten und wie sie intern und extern kommunizieren, zu überdenken. COVID-19 hat die Unternehmen gezwungen, in den Spiegel zu schauen und einen langen und ehrlichen Blick darauf zu werfen, ob ihnen das, was sie sehen, tatsächlich gefällt und ob es erfolgreich ist. Die „neue Normalität““ hat der Arbeitswelt einen neuen Maßstab gegeben, ob sie das will oder nicht. Die Welt ist schneller geworden, Veränderungen sind oft nicht planbar oder vorhersehbar.Eine starke Unternehmenskultur wird entscheidend dafür sein, ob ein Unternehmen gedeiht oder untergeht.

06.08.2021    Miriam Rönnau
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