Wie eine Führungskraft Regie führt, trägt maßgeblich zum Erfolg eines Unternehmens bei. Führungsstile gibt es viele. Doch welche Art zu Führen ist heute die richtige? Und was macht gute Personalführung eigentlich aus?
So viel sei verraten: Eine pauschale, für alle Chefinnen und Chefs gültige Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Individuelle Lösungen müssen im Dschungel der potenziellen Lösungen gefunden werden. Schließlich ist jedes Unternehmen, jeder Mensch anders. Und was in einem Tech-Start-up funktioniert, passt nicht zwingend auch zu einem traditionsreichen Großkonzern.
Welche Führungsstile gibt es?
Bei der Suche nach dem passenden Führungsstil hilft kein intelligenter Algorithmus, sondern nur Selbstreflexion – und ein Blick auf die Klassiker. Denn in denen spiegelt sich überraschenderweise auch nahezu jeder neue Hype wider.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewann die Führungsforschung an Relevanz. Zwei Forscher, deren Arbeit bis heute viel Beachtung geschenkt wird, sind der Sozialpsychologe Kurt Lewin und der Soziologe Max Weber.Wir zeigen im Folgenden, worin sich die Analysen der beiden unterscheiden und wo die von ihnen definierten Führungsstile zum Einsatz kommen.
Die drei Führungsstile nach Kurt Lewin
Kurt Lewin untersuchte verschiedene Erziehungsmodelle, woraus er dann drei Führungsstile ableitete. Lange Zeit galt in der Praxis sein kooperativer oder auch demokratischer Führungsstil als am geeignetsten zur Führung von Mitarbeitenden. Mittlerweile soll aber die situative Führung nach Paul Hersey und Ken Blachard die optimale Art des Leaderships darstellen.
Die Laissez-faire-Führung
Eine Führungskraft, die diesen Stil pflegt, hält sich aus dem Tagesgeschäft heraus. Ihre Angestellten arbeiten selbstbestimmt und autark. Die Laissez-faire-Führung zählt, wie der demokratische Stil, zu den modernen Führungsstilen. Doch ein solch hohes Maß an Vertrauen und Eigenständigkeit kann sich sowohl positiv als auch negativ auf das Unternehmen auswirken. Da der Chef weder lobt noch straft, drohen mangelnde Disziplin, unklare Strukturen und Rivalitäten in der Belegschaft.
Vorteile
- Durch die freie Führung werden Motivation und Kreativität der Mitarbeitenden gefördert.
- Die Laissez-faire-Führung steigert die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
- Die Belegschaft kann eigene Führungskompetenzen erproben
Nachteile
- Es kann zu Mängeln in der Kommunikation kommen, wodurch Aufgabenstellungen und Vorgehensweisen unklar werden.
- Die Laissez-faire-Führung birgt die Gefahr, dass manche Mitarbeitende mit den Freiheiten nicht umgehen können.
- Ebenso besteht das Risiko, dass Konkurrenzkämpfe innerhalb des Unternehmens zunehmen und es in der Folge zu einem Kontrollverlust der Führungskraft kommt.
Einsatzbereiche in der Praxis
Dieser Führungsstil eignet sich besonders gut für Unternehmen, in denen Kreativität eine wichtige Rolle spielt. Denn um kreativ und innovativ sein zu können, brauchen Mitarbeitende gewisse Freiräume. Daher setzen viele Werbe- und PR-Agenturen auf diese Art der Führung.
Ebenso findet sich dieser Führungsstil in Start-ups, in denen auch flache Hierarchien ein zentrales Element der Unternehmenskultur sind. Bei Emma – The Sleep Company zum Beispiel setzt CEO Dr. Dennis Schmoltzi auf Laissez-faire-Führung, die in seinen Augen ein wichtiger Faktor für den Unternehmenserfolg ist.
Als Führungskraft kann man diesen Führungsstil gut in seinem Unternehmen implementieren, wenn man zunächst erst einmal flache Hierarchien etabliert. Denn so bekommen Mitarbeitende eher die Chance, sich selbst Strukturen zu schaffen und Abläufe selbstorganisiert anzupassen.
Der autoritäre Führungsstil
Bei der autoritären Führung liegt die gesamte Entscheidungsgewalt einzig und allein beim Vorgesetzten; Feedback von Mitarbeitenden ist unerwünscht. Dieser Führungsstil folgt dem Top-down-Prinzip: Von der Führungskraft gehen alle Entscheidungen aus, sie gibt alle Strukturen und Prozesse vor. Dadurch entsteht eine Distanz zwischen der Führungskraft und den Mitarbeitenden. Spielraum für Eigeninitiative der Angestellten gibt es nicht.
Vorteile
- Durch die autoritäre Führung können Entscheidungen schneller getroffen werden.
- Autoritäre Führungskräfte sind meist sehr ehrgeizig, haben ein hohes Maß an Motivation und ein großes Know-how und Expertise.
- Eine milde Strenge kann von Mitarbeitenden auch positiv wahrgenommen werden.
Nachteile
- Das strenge, in einigen Fällen fast militärisch geprägte Arbeitsklima kann Mitarbeitende demotivieren und Innovationen hemmen.
- Durch die starren Hierarchien geht ein hohes Maß an Kreativität bei den Angestellten verloren.
- Fatale Fehler können schneller passieren, da Kontrollinstanzen fehlen, wenn nur eine Person alle Entscheidungen trifft.
Einsatzbereiche in der Praxis
Solch strenge, autoritäre Strukturen sind in der unternehmerischen Praxis schwer zu finden. Anders ist das beispielsweise bei der Polizei oder beim Militär. Dort ist dieser Führungsstil dominierend.
Der kooperative Führungsstil
Wer auf den kooperativen Führungsstil setzt, wünscht sich Anregungen und Kritik von Seiten der Mitarbeitenden. Demokratische Grundsätze bestimmen das Miteinander von Personal und Führung. Zwar verzögern sich durch Mitbestimmungsmöglichkeiten Entscheidungsprozesse. Doch für Führungskräfte heißt das auch, dass sie nicht mehr die alleinige Verantwortung tragen müssen.
Vorteile
- Anregungen und Kritik sind stets erwünscht, was die Motivation in der Belegschaft steigert, ein positives Arbeitsklima schafft und Kreativität fördert.
- Die Führungskraft gibt Entscheidungsbefugnisse an Mitarbeitende ab, die dann auch die Verantwortung für die Konsequenzen ihres Handelns tragen.
- Ein positives Arbeitsklima fördert eine gute Work-Life-Balance.
Nachteile
- Durch mitunter langwierige Absprachen innerhalb der Belegschaft werden Entscheidungen in die Länge gezogen.
- Bei der kooperativen Führung kann die Führungskraft an Autorität verlieren.
- Es kann zu einem Konkurrenzverhalten innerhalb der Belegschaft kommen.
Beispiele aus der Praxis
Den demokratischen oder auch kooperativen Führungsstil findet man in der Praxis besonders oft. Es bestehen zwar Hierarchien im Unternehmen, trotzdem herrscht ein offenes Betriebsklima. Unter anderem Google-Gründer Larry Page gilt als Anhänger des kooperativen Führungsstils.
Die vier Führungsstile nach Max Weber
Max Weber forschte speziell zum Thema Macht. Dabei stellte er fest, dass es neben körperlicher Gewalt auch subtilere Formen der Machtausübung gibt, die durchaus auch in der Führung von Menschen eine wichtige Rolle spielen. 1922 veröffentliche er sein Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“, in dem er seine vier Arten zu Führen beschrieben hat.
Der bürokratische Führungsstil
In Unternehmen, in denen dieser Führungsstil gepflegt wird, ist jeder austauschbar – auch die Führungskräfte. Denn die eigentliche Macht geht von Strukturen und Regeln aus. Es sind die bis ins Detail vorgeschriebenen Abläufe, welche die tägliche Arbeit regulieren. Die fachliche Eignung oder Zwischenmenschliches spielen beim beruflichen Aufstieg keine Rolle. Denn es gilt: Wer am längsten im Unternehmen ist, bekleidet die höchsten Positionen.
Vorteile
- Dieser Führungsstil sorgt für klare Verhältnisse und beugt Ungerechtigkeiten vor.
- Bei längeren Ausfällen von Führungspersonen wird schneller Ersatz gefunden.
- Der Gestaltungsspielraum für Führungskräfte ist relativ klein, wodurch es seltener zu Fehlentscheidungen kommt.
Nachteile
- Die größte Schwäche dieses Führungsstils ist die mangelnde Flexibilität. Die klaren Regeln machen schnelle Reaktionen auf Veränderungen im Marktumfeld und auf Krisen so gut wie unmöglich.
- Die Prozesse für eine Entscheidungsfindung sind meist sehr langwierig.
- Es gibt wenig Freiraum für die Belegschaft, wodurch Kreativität und Innovation auf der Strecke bleiben und die Moral sinken kann.
Einsatzbereiche in der Praxis
Diese Art der Führung zeichnet sich durch die klaren Strukturen aus. Dadurch sind Aufgabenprofile und Stellenbeschreibungen einfach nachvollziehbar. In der unternehmerischen Praxis wird dieser Führungsstil allerdings nicht häufig eingesetzt. Man findet ihn insbesondere in Behörden.
Der autokratische Führungsstil
Das Wort „Autokratie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Alleinherrschaft“. Beim autokratischen Führungsstil obliegen alle Entscheidungen einer Führungskraft. Dinge können so entsprechend schnell umgesetzt werden. Das erfordert allerdings absoluten Gehorsam von den Mitarbeitenden. Damit ist dies das Pendant zu Kurt Lewins autoritärem Führungsstil.
Vorteile
- Der autokratische Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, dass Entscheidungen schnell getroffen werden können.
- Strukturen sind klar definiert. Das vermittelt Angestellten Sicherheit.
- Die erforderliche Disziplin spiegelt sich auch in einer hohen Produktivität wider.
Nachteile
- Der Unternehmenserfolg hängt ausschließlich von einer Person ab.
- Das kreative Potenzial der Belegschaft wird oft nicht genutzt.
- Bei dieser Art der Führung kann ein Angstklima innerhalb des Unternehmens entstehen, wenn der Leistungsdruck zu groß wird.
Beispiele aus der Praxis
Ex-US-Präsident Donald Trump und Amazon- Gründer Jeff Bezos eilt der Ruf voraus, zumindest in Teilen autokratisch zu agieren. Doch auch Trainer von Sportmannschaften sind oft Autokraten.
Der patriarchalische Führungsstil
Vergleichbar mit einer Monarchie, prägen die Werte des Oberhaupts alle Facetten der Firma. Hierarchien sind fest etabliert; die Unternehmensspitze trifft ausnahmslos alle Entscheidungen. Mitarbeitende stellen das – wie unter einer autokratischen Führung – nicht infrage und folgen den Anweisungen diszipliniert.
Vorteile
- Ähnlich wie bei der autoritären und autokratischen Führung sind hier die Wege für Entscheidungen sehr kurz, wodurch diese schnell gefällt werden können.
- Der Patriarch hat väterliche Züge und kümmert sich fürsorglich um seine Mitarbeitenden.
- Angestellte gehen ihrer Tätigkeit diszipliniert und gehorsam nach.
Nachteile
- Die Entscheidungsfindung obliegt einzig und allein einer Person – wie bei der autoritären und autokratischen Führung.
- Das Bild des Patriarchats gilt als veraltet und wenig modern.
- Die Unternehmenskultur wird stark vom Charakter des Patriarchen geprägt.
Einsatzbereiche in der Praxis
Diese Art der Führung spiegelt ein veraltetes Rollenmodell wider. Deswegen ist dieser Stil in der unternehmerischen Praxis nicht mehr so häufig anzutreffen. Auch wenn es hier nicht viel Entscheidungsspielraum innerhalb der Belegschaft gibt, so zeichnet sich das Arbeitsklima doch durch eine familiäre Art aus. Am häufigsten findet man diesen Führungsstil daher nach wie vor in Familienunternehmen.
Der charismatische Führungsstil
Wer charismatisch führt, zieht seine Angestellten durch Ausstrahlung und zukunftsweisende Ideen in seinen Bann und motiviert sie so zur Arbeit. Kreativität und Innovationsfähigkeit werden gefördert. Entscheidungen treffen solche Chefinnen und Chefs gern spontan aus dem Bauch heraus. Dennoch bleibt das Vertrauen in diese Führungskräfte groß – genau wie das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Belegschaft, da diese auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitet.
Vorteile
- Das Vertrauen in die Führungskräfte sowie das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Belegschaft sind groß, da alle ein Ziel haben.
- Die Chefin beziehungsweise der Chef kann seine Angestellten oft sehr gut motivieren.
- Auch in Krisensituationen bleiben Vorgesetzte, die charismatisch führen, zuversichtlich.
Nachteile
- Das Unternehmen ist von einer Person abhängig.
- Charisma können Menschen nicht erlernen. Entweder sie haben eine solch positive Ausstrahlung – oder sie haben sie nicht.
- In Unternehmen mit einem charismatische Leader ist die Gefahr größer, dass die Belegschaft ausgenutzt wird.
Beispiele aus der Praxis
Die charismatische Führung zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass eine Person an der Spitze einer Organisation steht und durch seine eigenen Überzeugungen die intrinsische Motivation der Belegschaft verändert. Daher können beispielsweise auch Diktatoren wie Adolf Hitler zu den charismatischen Führungskräften gezählt haben. Das bekannteste positive Beispiel für einen charismatischen Leader war wohl Apple-Gründer Steve Jobs.
Die Theorie des situativen Führen nach Paul Hersey und Ken Blanchard
Mit dem situativen Führungsstil, dem sogenannten Situational Leadership, entwickelten Paul Hersey und Ken Blanchard ab den 1960er-Jahren einen neuen Ansatz in der Führungsforschung. Situational Leadership zählt zu den modernen Führungsmethoden. Zentrales Ziel ist es, die Art der Führung an verschiedene Situationen und Personen anzupassen. So kann ein Auszubildender anders geführt werden als eine Abteilungsleiterin.
Was zeichnet den situativen Führungsstil aus?
Der situative Führungsstil nach Paul Hersey und Ken Blanchard ist ein etwas komplexerer Ansatz. Die Theorie der beiden besagt, dass Führung entweder von den Aufgaben oder dem Mitarbeitenden abhängig sein soll. Wer wie geführt werden sollte, basiert auf einem Reifegradmodell. Darin werden die Mitarbeitenden nach psychologischen und fachlichen Faktoren eingeordnet und entsprechend geführt.
Aus diesem Modell wurden vier Optionen der situativen Führung abgeleitet.
Dirigierend: Mitarbeitende mit einem niedrigen Reifegrad werden aufgabenorientiert geführt. Konkret heißt das: Vorgesetzte sollen Angestellten Aufgaben zuordnen und genau kommunizieren, was zu tun ist.
Überzeugen: Eine Stufe über der dirigierenden Führung steht die überzeugende Führung. Dabei spielt neben der starken Aufgabenorientierung auch die Personenorientierung eine Rolle. Mitarbeitenden werden nicht einfach nur Aufgaben übertragen, sondern sie haben auch die Möglichkeit an Entscheidungsprozessen teilzuhaben.
Teilhabend: Auf dieser Stufe ist der Reifegrad der Mitarbeitenden schon höher. Das heißt, sie sind fachlich bereits sehr weit, allerdings noch nicht mutig genug, um allein Entscheidungen zu treffen. Dabei sollte die Chefin beziehungsweise der Chef beratend zu Seite stehen.
Delegieren: An dieser Stelle haben Arbeitnehmende die höchste Stufe des Reifegradmodells erreicht. Ziel sollte es sein, an diese Mitarbeitenden möglichst viel Verantwortung zu übergeben, damit diese eigenständig Aufgaben weiterverteilen und Entscheidungen treffen können.
Vorteile der situativen Führung
- Bei diesem Modell kann individuell entschieden werden, wie welcher Mitarbeitende geführt werden sollte.
- Jeder Arbeitnehmer kann von diesem Führungsstil profitieren.
- Die Belegschaft arbeitet produktiver und motivierter.
Nachteile der situativen Führung
- Die Führungskraft muss Mitarbeitende richtig einschätzen können.
- Die Chefin oder der Chef muss alle vier Arten der situativen Führung beherrschen.
- Sie oder er muss alle Situationen genau einschätzen können, um auf der Basis die richtige Art der Führung gewährleisten zu können.
Welcher Führungsstil ist nun der Beste?
Schlussendlich muss jede Führungskraft selbst entscheiden, welcher Stil am besten zu ihr oder ihm, aber auch zum Unternehmen passt. Denken Sie darüber nach, wo die Kompetenzen der Belegschaft liegen. Wie können Ihre Mitarbeitenden so produktiv wie möglich arbeiten? Ziehen Sie daraus dann individuelle Schlüsse für sich persönlich.
Die Theorien von Lewin, Weber, Hersey und Blanchard bieten einen groben Rahmen, nach dem Sie sich richten können. Aber legen Sie sich nicht auf eine Option der Führung fest. Denn in der Praxis brauchen Sie bei der Führung von Mitarbeitenden meist eine Mischung aus verschiedenen Stilen. Haben Sie das im Hinterkopf, dann können Sie schnell erste Führungserfolge erzielen.