Liquiditätsmanagement

Nähe zum Kunden trotz digitaler Prozesse

Nachhaltig und digital muss jeder werden, der auf lange Sicht am Markt bestehen will. Doch die finanziellen Ressourcen fehlen gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen mitunter. In solchen Fällen kommen Finanzdienstleister wie die GRENKE AG ins Spiel. Der Vorstandsvorsitzende Michael Bücker erklärt, wie sich der SDax-Konzern selbst fit für die Zukunft macht.

09.06.2022

Michael Bücker

ist seit August 2021 Vorstandsvorsitzender der Grenke AG. Zuvor war er für die Bayrische Landesbank sowie die Commerz Real AG tätig

Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um bei GRENKE einen Arbeitsplatz der Zukunft zu schaffen?

Michael Bücker: Nach der Pandemie war es uns wichtig, langfristig sowohl Flexibilität als auch Möglichkeiten des persönlichen Austauschs zu schaffen. Einerseits ging es also darum, dauerhaft Remote Work und Homeoffice als hybride Arbeitsmodelle mit dem Office-Format zu kombinieren. Um das zu unterstreichen, haben wir einen Tag pro Woche Remote Work als Minimum bereits in den Arbeitsalltag integriert. Andererseits gehen wir mit unserer neuen Vertriebsstruktur in unserem Kernmarkt Deutschland den ersten Schritt von vielen kleinen Niederlassungen hin zu größeren regionalen Hubs. Das fördert den Austausch und das Networking auch über unsere Vertriebsstandorte hinweg.

Was ist Ihrer Meinung nach Ihr Erfolgsrezept, der Motor für Ihr Wachstum?

Bücker: Wir sind der Experte für Small-Tickets, also Leasing von Objekten mit kleinerem Anschaffungswert. Mit unseren Dienstleistungen ermöglichen wir unseren Kunden – den kleinen und mittleren Unternehmen – Investitionen in ihr Business liquiditätsschonend zu tätigen. Und das in vielen Regionen der Welt. Das ist unsere Kernkompetenz. Heute schon sind wir in vielen Regionen der Welt unterwegs. Unterm Strich sind es bisher aber nur etwa fünf Prozent des Geschäfts, das wir außerhalb von Europa machen. Das schließt die drei Potenzialmärkte Kanada, Australien und die USA als größten Leasingmarkt der Welt mit ein. Das verschafft uns enorme Wachstumschancen. Wir wollen in unseren bestehenden Märkten weiter expandieren und dort all unsere Möglichkeiten nutzen. Denn Leasing und Asset-Finanzierung bleiben langfristig ein wachsender Markt – insbesondere angesichts der Megatrends in der Wirtschaft: ESG und Digitalisierung. Unsere Kompetenz werden wir in Zukunft in neue Marktsegmente übertragen und die wachsenden Investitionsbedarfe unserer Kunden beispielsweise bei der Green Economy, bei Digitalisierung und Medizintechnik decken. In dieser Breite unseres Portfolios steckt auch eine gewisse konjunkturelle Risikostreuung und großer Spielraum für Wachstum.

Was ist Ihre größte Stärke und welchen Schwächen sehen Sie bei GRENKE?

Bücker: Dass wir ein krisenresistentes Geschäftsmodell haben, haben wir in den vergangenen zwei Jahren bewiesen. Darüber hinaus bietet unser Geschäftsmodell aber signifikante Wachstumsmöglichkeiten, beispielsweise bei der Finanzierung der Megatrends ESG und Digitalisierung. Im Kontext ESG wird dem Leasing und der Asset-Finanzierung außerdem eine besondere Wichtigkeit zuteil – Stichwort: Circular Economy. Wir können den Wandel zu einer nachhaltigeren Gesellschaft daher aktiv begleiten. Natürlich entwickeln wir auch unsere Company stetig weiter. Mangelnde Ressourcen und einige Schwächen in unseren internen Prozessen – nicht zuletzt als Folge des dynamischen Wachstums in den vergangenen 40 Jahren – führten zu den aus den Sonderprüfungen der BaFin resultierenden Hausaufgaben. Die haben wir inzwischen sehr gut nachgearbeitet und werden unsere Prozesse auch in Zukunft kontinuierlich weiterentwickeln.

Wie haben sich Ergebnis und Umsatz in den letzten drei Jahren entwickelt?

Bücker: 2019 war für GRENKE ein Rekordjahr: Wir haben das höchste Neugeschäft in der Firmengeschichte erzielt und sind profitabel gewachsen mit einem komfortablen Anstieg des Konzerngewinns. Die Jahre 2020 und 2021 haben uns hingegen herausgefordert. Nicht nur durch die Coronapandemie und den damit einhergehenden weltweiten Lieferengpässen, sondern auch durch die Short-Attacke. Angesichts dieser Umstände hat GRENKE in den vergangenen zwei Jahren einen guten Job gemacht. Das war vor allem eine Teamleistung. Wir haben bewiesen: Unser Geschäftsmodell ist robust und sehr krisenresistent – und bietet darüber hinaus Wachstumspotenziale, die wir nun angehen. Bereits das vierte Quartal des vergangenen Jahres war für uns sehr erfolgreich. Dieser Trend setzt sich fort. Seit Anfang 2022 begehen wir wieder einen nachhaltigen Wachstumspfad. Wir haben einen starken Jahresauftakt hingelegt und liegen nach dem ersten Quartal ein gutes Drittel über dem Vorjahreszeitraum.

Wie sieht Ihre Digitalisierungsstrategie aus?

Bücker: Wir entwickeln unsere Services und Produkte anhand des Bedarfs unserer Kunden, also kleiner und mittelständischer Unternehmen, weiter. Dabei haben wir früh auf automatisierte und digitale Prozesse gesetzt – sei es beispielsweise bei unseren fundierten Scoring-Modellen oder bei der elektronischen Vertragsabwicklung mit Kunden und Partnern. Insbesondere in unserem Segment, dem Small-Ticket, ist diese Fähigkeit essenziell. In den letzten zwölf Monaten wurden in mehreren Ländern erfolgreich digitale Entscheidungshilfen entwickelt und eingeführt, um die Bearbeitung von Anfragen zu beschleunigen. Durch den Einsatz von Robotic Process Automation werden wir unsere Prozesse auf das nächste Level heben und die Finanzierungsbedarfe unserer Kunden und Partner noch schneller und bequemer erfüllen können.

Was macht Ihr Unternehmen bei Ihrer Kundschaft besonders erfolgreich?

Bücker: Im Kerngeschäft, dem Small-Ticket-Leasing, finanzieren wir fast alles, was Selbständige und Mittelständler für ihr tägliches Business brauchen: vom Laptop über die Kaffeemaschine bis zum Ultraschallgerät. Aufgrund unserer Historie – wir kommen selbst aus dem Mittelstand – verstehen wir die Bedürfnisse unserer Kunden und Partner sehr gut. Gerade kleine Unternehmen haben oft nicht die Kapazitäten, sich intensiv mit Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Doch das eigene Unternehmen digitaler und nachhaltiger zu machen, steht ganz oben auf der Agenda des Mittelstands und des Handels. Die dafür notwendigen Investitionen sind allerdings immens. Wenn ein Leasingspezialist wie GRENKE mit einfachen Finanzierungslösungen unterstützt, hilft das ungemein.

Welche Rolle spielt Service in Ihrem Business?

Bücker: Gerade in herausfordernden Zeiten wie diesen sind unser Service und unsere Art der Finanzierung – sei es Leasing, Miete, Factoring oder moderne Managed-Services-Lösungen, wo neben der Finanzierung zusätzliche Services integriert werden können – wichtiger denn je. Denn so stellen unsere Kunden nicht nur eine liquiditätsschonende Finanzierung, sondern auch eine bequeme Nutzung der Objekte sicher. Und in schwierigen Zeiten sind Liquidität und eine funktionierende Ausstattung eben entscheidend.

Was tun Sie, um Ihren Service zu verbessern?

Bücker: In unseren Märkten sind wir mit starken Vertriebsmannschaften vor Ort. Wir hören genau zu, was unsere Kunden und Partner wollen und stehen ihnen mit Know-how als kompetente Ansprechpartner gegenüber. Auf Basis dieser Nähe zum Markt entwickeln wir unsere Lösungen und Services stetig weiter.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung beim Service?

Bücker: GRENKE war in der Branche einer der Vorreiter und hat im Laufe der Jahre immer wieder digitale Lösungen implementiert, um Partnern und Kunden die Geschäftsabwicklung noch einfacher zu machen. Digitale Lösungen wie die eSignature zur Vertragsunterzeichnung, ein intelligentes Portal für Partner und die Signing App waren wesentliche Innovationen. Digitale Effizienz und persönliche Kundenbetreuung gehen bei uns Hand in Hand. Das war schon lange vor der Coronapandemie so.

Was tun Sie, um eine Service-Kultur zu etablieren beziehungsweise um diese zu verbes-sern?

Bücker: Nähe zum Kunden trotz digitaler Prozesse: Das ist unsere Devise. Nur ein Beispiel: Gerade optimieren wir unsere Vertriebsstruktur, um unsere kundenorientierten Prozesse noch schneller und effizienter zu gestalten.

Was ist Ihr größtes Learning aus der Coronakrise?

Bücker: Unser Geschäftsmodell ist seit Jahrzehnten grundsolide und robust. Unsere finanzielle Stärke verschafft uns zusätzliche Resilienz und Flexibilität. Die Pandemie hat uns auch hinsichtlich unserer eigenen Arbeitsweisen gelehrt, dass es goldrichtig ist, in digitale Infrastruktur und Ausstattung zu investieren. So konnten wir im März 2020 – auch wenn das vor meiner Zeit bei GRENKE war – innerhalb von ein paar Tagen mehr als 90 Prozent unserer Arbeitsplätze auf Remote Work umstellen. Und trotzdem waren wir jederzeit für unsere Kunden und Partner erreichbar. Das war ein Stresstest in puncto Digitalisierung, den GRENKE bestens bestanden hat.